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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wiederholte sich das Poltern, dann fragte eine ebenso verschlafen wie auch leicht be-
    unruhigt klingende Frauenstimme: »Was ist los, Said? Kann man denn niemals seine Ruhe haben?«
    Robins Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit in der Kammer. Sie sah noch immer nur Schemen und ungleich verteilte Bereiche von hellem und dunklerem Grau und nicht weit entfernt glaubte sie, ein regelmäßig geformtes Rechteck auszumachen, das eine Tür sein konnte.
    »Wer ist da?« Die Frauenstimme klang jetzt wacher und deutlich beunruhigt.
    Doch Robin beachtete sie nicht weiter und tastete sich mit unsicher ausgestreckten Armen durch die Dunkelheit. Dabei stieß sie etwas mit dem Knie um. Im selben Moment hörte sie auch schon, wie ein Krug umstürzte und seinen Inhalt auf den Boden ergoss.
    Irgendwo links von ihr stieß die Frauenstimme einen entsetzlich lauten Schreckensschrei aus.
    »Nemeth! Zu mir!« Robin sprang blindlings vor, tastete mit fliegenden Fingern über die Tür und fand einen eisernen Ring. Einen Moment lang rüttelte sie vergeblich und mit aller Kraft daran. Schließlich kam sie auf die Idee, daran zu ziehen, und die Tür schwang mit einem erbärmlichen Quietschen in den Raum hinein.
    Das Zimmer dahinter besaß zwei große Fenster, durch die das Mondlicht und der flackernde rote Schein der Fackeln draußen auf der Straße hereindrangen, sodass sie endlich wieder etwas sehen konnte. Die Frau hinter ihr schrie noch immer. Robin betete, dass ihre Schreie im Straßenlärm untergingen und sie niemand bemerkte.
    Im Haus selbst wurde ihr dieses Glück jedoch nicht vergönnt. Robin war noch nicht ganz ins Zimmer getreten, da flog eine weitere Tür auf der anderen Seite der Kammer auf und ein Mann mittleren Alters mit zerzaustem Haar und einem struppigen Bart stürmte herein. Er hatte nichts weiter als ein Tuch um die Hüften geschwungen und war barhäuptig. In der linken Hand trug er eine kleine Öllampe, deren gelbe Flamme mehr Ruß als Licht verbreitete, aber seine Rechte umklammerte einen gekrümmten, zweischneidigen Dolch.
    Robins Anblick schien ihn mindestens ebenso zu überraschen wie sie der seine, aber er wirkte nicht wirklich erschrocken, sondern eher verwirrt. Augenscheinlich hatte er mit einem Dieb gerechnet, keineswegs mit einer verschleierten Haremsdame und einem Kind. Allein die Art, in der er den Dolch hielt, machte Robin klar, dass dieser Mann kein ernst zu nehmender Gegner für sie war. Er hielt das Messer wie jemand, der lieber Zwiebeln damit schnitt, statt sich auf eine Messerstecherei einzulassen.
    Trotzdem blieb sie auf der Hut. Sie hatte an diesem Tag schon zu viele Fehler gemacht, um sich noch einen weiteren leisten zu können.
    »Verzeiht die späte Störung, edler Herr«, sagte sie, in einem ängstlichen, unsicheren Ton. Wie beiläufig zog sie Nemeth hinter sich ganz durch die Tür und schob sie ein Stück zur Seite, während sie selbst einen Schritt auf den Bärtigen zutrat. »Ist das hier nicht das Haus des edlen Mustafa?«
    »Mustafa?« Das Misstrauen in den Augen des Arabers wich nun endgültig Verblüffung und Hilflosigkeit. Er starrte sie einen kurzen Moment sprachlos an, dann machte er eine Bewegung, die irgendwo zwischen einem Nicken und einem Achselzucken lag. »Mustafa der Tapfere?«
    Robin deutete ein Nicken an. Sie hatte bewusst einen Namen gewählt, der gewöhnlich genug war, damit mit einiger Wahrscheinlichkeit irgendjemand in dieser Straße so hieß. »Mein Herr Omar Khalid hat mich geschickt, um den Herrn des Hauses zu erfreuen«, sagte sie.
    »Ihr seid nicht…?«
    »Omar Khalid, der Sklavenhändler?« Es fiel ihrem Gegenüber sichtlich schwer, den Sinn dieser Worte zu erfassen, aber darauf kam es nicht an. Robin war nur noch zwei Schritte von ihm entfernt, und er schöpfte keinen Verdacht. Auch nicht, als sie demütig zu Boden blickend und mit gesenktem Haupt noch näher kam.
    »Mustafa wohnt zwei Häuser weiter, aber ich glaube nicht, dass er…«
    Sie war nahe genug. Der Mann sah den Tritt nicht einmal kommen, der sein Handgelenk traf und ihm den Dolch aus den Fingern prellte. Noch bevor die Waffe klirrend gegen die Wand donnerte, rammte ihm Robin den Ellbogen in den Magen. Der Araber fiel auf die Knie und japste nach Luft. Robin grub die Finger beider Hände in sein gelocktes Haar und schmetterte seine Stirn mit genügend Kraft auf den Boden, sodass er auf der Stelle das Bewusstsein verlor.
    Bevor sie sich aufrichtete, tastete sie nach der Ader an seinem Hals. Sie

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