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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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überwältigt worden waren, nutzte das Durcheinander, um sich loszureißen und in der Menge unterzutauchen. Bevor er verschwand, sah Robin noch, dass er aus einem tiefen Schnitt quer über die Stirn blutete.
    »Dort!« Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf die andere Seite des Platzes, wo sich die schmale Gasse fortsetzte, durch die sie gekommen waren. Hinter dem flackernden Licht, das den Platz erhellte, wirkte sie wie eine Schlucht aus schwarzer Nacht. Die Dunkelheit dort drüben war im Moment vermutlich ihr sicherster Verbündeter. Sie ließ Nemeths Arm los, trat hinter das Mädchen und legte ihm die Hand auf die Schulter, um es mit sanfter Gewalt vor sich her zu dirigieren.
    Schnell, aber ohne zu rennen und damit vielleicht aufzufallen, drängten sie über den Platz und steuerten die Fortsetzung des schmalen Mauerweges an. Sie hatte nicht die leiseste Vorstellung, wohin er führte, aber ein Weg, der sie hier wegbrachte, verhieß Rettung. Vielleicht gelang es ihr womöglich, den Fluss zu erreichen, um dort ein kleines Boot zu stehlen, mit dem sie schneller und vor allem ungesehen aus der Stadt herauskamen. Mit sehr viel Glück schafften sie es vielleicht sogar bis zum offenen Meer.
    Sie hatte den Platz fast überquert, als hinter ihr ein scharfer Ruf erklang. Die Nacht war voller Schreie und Lärm und dennoch wusste sie, dass man sie gemeint hatte. Trotzdem ging sie stur weiter und irgendwie gelang es ihr sogar, den Impuls zu unterdrücken, sich Nemeth einfach unter den Arm zu klemmen und loszurennen.
    »Du sollst stehen bleiben, habe ich gesagt!« Die Stimme klang jetzt eindeutig wütend. Robin glaubte, inmitten des Lärms schwere Schritte zu hören, die sich an ihre Fersen geheftet hatten. Aber die rettende Gasse lag jetzt so dicht vor ihr. Noch zwei Schritte, dann einer. Sie erreichte die schützende Dunkelheit im selben Augenblick, in dem sich eine harte Hand auf ihre Schulter legte und sie wütend herumriss.
    »Wo du hin willst, habe ich dich gefragt! Wieso läufst du mit einem Kind durch die Straßen? Weißt du denn nicht, dass es einen Sklavenaufstand gegeben…«
    Der Mann verstummte mitten im Wort, als sich Robin gänzlich herumgedreht hatte und er in ihr Gesicht starrte. Auch er gehörte zu Omars Wächtern - und nicht nur Robin hatte ihn, sondern er hatte auch sie erkannt. Auf seinem breiten, groben Gesicht erschien ein Ausdruck ungläubiger Überraschung. Dann ließ er ihre Schulter los. Robin trat unwillkürlich einen halben Schritt zurück, hob den Schildarm etwas höher und wischte mit einer schnappenden Bewegung aus dem Handgelenk heraus die Hülle aus Ziegenfell von der Klinge des Krummsäbels. Sie begriff mit einem Male, dass ihre Flucht hier und jetzt zu Ende war, und sie wollte diesen Mann so wenig töten wie den Wächter oben auf ihrem Zimmer, aber sie würde lieber im Kampf sterben, als sich erneut gefangen nehmen zu lassen.
    Die Reaktion des Kriegers war jedoch völlig anders, als sie erwartet hatte. Er trug ein blank gezogenes Schwert in der rechten sowie eine heftig flackernde Pechfackel in der linken Hand, und er stand in der eindeutig besseren Position für einen Angriff da, aber er stürzte sich weder auf sie, noch schrie er nach seinen Kameraden. Robin war nicht ganz sicher, ob die Verblüffung auf seinem Gesicht eher den Männerkleidern galt, die sie trug, oder ihren Waffen, aber gleichwie: Sie verschaffte ihr die winzige Zeitspanne, die sie brauchte. Sie ließ den Säbel fallen, hob die plötzlich frei gewordene Hand an seine Brust und zerrte ihn zu sich in die Gasse herein. Er schien so überrascht, dass er nicht einmal auf die Idee kam, Widerstand zu leisten, - er machte nur einen ungeschickt stolpernden Schritt, um nicht zu stürzen.
    Robin rammte ihm die Schildkante in den Leib, genau an jene Stelle zwischen die Rippen, die Salim ihr gezeigt hatte, und mit solcher Wucht, dass der Krieger das Bewusstsein verlor, noch bevor er zusammenbrach. Ungeschickt fing Robin ihn auf, taumelte unter seinem Gewicht zwei Schritte weiter in die Gasse hinein und prallte schließlich mit dem Rücken hart gegen die Wand. Das Gewicht des schlaffen Körpers ließ sie auf die Knie fallen, und sie wäre sicherlich ganz gestürzt, wäre Nemeth nicht hinzugesprungen und hätte ihr geholfen. Keuchend arbeitete sich Robin unter dem bewusstlosen Mann hervor, schenkte Nemeth ein dankbares Nicken und griff dann unter seine Achseln, um ihn noch weiter in die Gasse hineinzuziehen, bis sie sicher war, dass er

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