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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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etwas, das Robin nicht verstand, sich aber ungewohnt mitfühlend und sanft anhörte. Robin beachtete sie nicht weiter, ließ sich in die Hocke sinken und zog ein Stück Fladenbrot und eine Hand voll Datteln unter ihrem Gewand hervor. Beides hatte sie während ihres Abendessens beiseite geschafft und versteckt. Bis vor einem Augenblick war es ihre größte Sorge gewesen, wie sie Nemeth unbemerkt das Essen zustecken konnte; jetzt war es ihr egal. Wenn Naida auch nur den Ansatz machen sollte, dem Mädchen diese kümmerliche Mahlzeit vorzuenthalten, dann würde sie ihr die Augen auskratzen.
    Keiner der Gefangenen rührte sich. Auch Nemeth starrte vollkommen reglos auf das Brot und die Früchte in Robins Hand. Doch jetzt füllten sich die Augen des Mädchens mit Tränen, und als hätte es damit eine Schranke durchbrochen, verzog sich sein Gesicht vor Leid, Hunger und Angst. Der Anblick war so schrecklich, dass Robin meinte, ein glühender Dolch grabe sich in ihre Brust.
    »Bitte nimm es«, sagte sie. »Mehr habe ich nicht. Aber ich verspreche, dass ich dir wieder etwas bringe.«
    »Versprich nichts, was du nicht halten kannst«, sagte Naida hinter ihr. Abermals beachtete Robin sie nicht.
    In Nemeths Augen stand ein Ausdruck von Verwirrung, als begriffe sie erst allmählich, dass Robin diesmal mehr als nur undeutlich gestammelte arabische Worte über die Lippen gekommen waren. Auch Saila hob verwundert den Kopf und starrte in ihre Richtung. Robin erschrak erneut, als sie sah, in welch jämmerlichem Zustand sich die junge Frau befand, die vor kaum einer Woche noch so schön und anmutig gewesen war. Jetzt war sie kaum mehr als ein Zerrbild ihrer selbst; das Gesicht eingefallen und grau, nicht nur vor Schmutz, sondern auch vor Schwäche, die Augen trüb über tiefen, dunklen Augenringen und das Haar fleckig wie dreckiges Stroh.
    Saila schwieg ebenfalls und sah Robin nur auf die gleiche, ebenso verwirrte wie ungewollt vorwurfsvolle Art an wie ihre Tochter.
    Schließlich hob sie die Hand, löste Nemeths Arme mit sanfter Gewalt von ihren Schultern und schob das Kind ein ganz kleines Stück in Robins Richtung, und endlich fiel der Bann von dem Mädchen ab. Mit einem einzigen Satz war sie am Gitter bei Robin und riss ihr Brot und Früchte so ungestüm aus der Hand, dass ihre Fingernägel zwei dünne Kratzer auf Robins Handrücken hinterließen. Augenblicklich sprang sie wieder zurück, das erbeutete Stück Brot und die drei Datteln wie einen Schatz an sich gepresst und am ganzen Leib zitternd. Doch sie machte keine Anstalten, etwas davon in den Mund zu stecken.
    »Iss«, sagte Robin. »Bitte.«
    Nemeth zögerte noch einmal, dann schlang sie das Brot regelrecht herunter, und Robin hatte plötzlich nicht mehr die Kraft, ihr dabei zuzusehen. Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Doch sie wollte nicht, dass Nemeth bemerkte, dass sie weinte. All diese Menschen so zu sehen tat ihr unendlich weh. Sie waren gewiss nicht ihre Freunde gewesen, Saila und ihre Tochter vielleicht einmal ausgenommen, aber sie hatten auch nichts getan, wodurch sie dieses Schicksal verdienten. Und das Allerschlimmste war: Es war nicht nur Mitleid, das die Tränen plötzlich ungehemmt über Robins Gesicht laufen ließ. Sie fühlte sich schuldig. Sie stand hier, als gehörte sie in eine ganz andere Welt, bekleidet wie eine Prinzessin, wohlgenährt und frei. Sosehr ihr Verstand auch versuchte, ihr klar zu machen, dass es nicht ihre Schuld war, so sehr sprach ihr Herz eine andere Sprache. Sie hatte das Gefühl, ihren Wohlstand all diesen Menschen zu verdanken - vor allem aber Nemeth und ihrer Mutter.
    »Warum… tut ihr das?«, schluchzte sie. Die Worte galten Naida, die Robin noch immer keines Blickes würdigte.
    »Es ist Allahs Wille, die Starken überleben zu lassen«, sagte die alte Sklavin hinter ihr.
    »Allah?« Robin wollte lachen, aber der Laut, der aus ihrer Kehle kam, klang eher wie ein verzweifelter Schrei. »Du meinst wohl Omar, nicht wahr? Ich glaube nicht, dass euer Gott die Menschen geschaffen hat, damit sie so gequält werden.«
    »Schweig!«, sagte Naida scharf. »Es steht dir nicht zu, Allahs Namen in den Mund zu nehmen, Christin! Tu es noch einmal und ich lasse dich auspeitschen!«
    »Das glaube ich nicht«, murmelte Robin. Vielleicht hatte Naida die Macht, sie bestrafen zu lassen, vielleicht auch nicht, aber welche Rolle spielte das jetzt noch?
    »Wir müssen gehen«, sagte Naida scharf.
    Robin nahm alle Kraft zusammen, hob den Blick

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