Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
der Befragung umgegangen. Wenn er tatsächlich der Täter ist, hat er ein enormes Selbstbewusstsein. Das würde auch zu der Durchführungsmethodik der Morde passen, mit denen wir es zu tun haben und…“
„Ist er das?“ Elle hielt Wagner ein Foto unter die Nase. Es zeigte einen Mann im Profil, der offenkundig bemüht war, sich von der Kamera abzuwenden. Es war ihm nicht vollends gelungen. Das Blitzlicht hatte ihn bereits eingefangen. Wagners Herz begann zu rasen.
Das war er. Das war der Albert Müller, dem er selbst schon arglos gegenübergestanden war.
Jetzt war es an ihm, ernsthaft besorgt zu sein. „Kennen Sie ihn näher, Elle?“ „Ja und nein. Er ist mir, entgegen ihres Eindrucks, stets sehr schüchtern und verschlossen erschienen. An unseren Gesprächen und Diskussionen hat er sich kaum aktiv beteiligt und das lag sicher nicht am mangelnden Fachwissen.“ Elle sah angestrengt an die hohe Stuckdecke, als würde sie dort nach Worten suchen. „Wenn er sich überhaupt einmal geäußert hat, dann waren seine Anmerkungen präzise und vermittelten durchaus das Gefühl, dass er sich mit Richard Wagner und seiner Musik bestens auskennt. Er war einfach nur… schüchtern oder zurückhaltend, wenn Sie so wollen.“ Wieder machte sie eine Pause, als wolle sie ihre Worte sorgfältig wählen.„Ich habe ihn mehrfach auf unsere Projektarbeiten und Ausflüge angesprochen, weil ich das Gefühl hatte, er könne mit seinem Wissen einen großen Beitrag leisten. Immer reagierte er ausweichend. Er war obendrein außerstande, mir in die Augen zu sehen. Mit der Zeit habe ich es aufgegeben, ihn weiter einbinden zu wollen. Ich hatte das Gefühl, dass er sich bedrängt fühlte.“ Elle hielt ihr Glas in der Hand und starrte auf den Wein, der durch ihre Gestik ordentlich durchgeschüttelt wurde. Unvermittelt stellte sie das Glas ab und sah Wagner unbehaglich an. „Glauben Sie wirklich, dass er es ist?“
„Mein Gefühl sagt es mir. Aber da ist noch etwas mehr. Ich habe heute Morgen ein wenig recherchiert.“ Mit einem seltsam angespannten Gesichtsausdruck sah Elle ihn an.
Wagner berichtete von Albert Müllers Kindheit. Von dem frühen Tod der Mutter, der durchaus ein Selbstmord gewesen sein könnte, von dem Verlust der Großeltern und vom abgebrannten Kinderheim St. Bonifatius. „Er wäre nicht der erste Mensch, der an seiner Kindheit und Jugend zerbricht.“ Elles Worte hingen bedrückend im Raum. Das Klingeln seines Handys ließ Wagner kurz zusammenzucken. Endlich. Der heiß ersehnte Anruf von Lutz Hartmann. Er blickte auf das Display des Handys.
Shit!
Es war die Telefonzentrale des Dezernats.
Ein neuer Mord, ein neuer Tatort, eine neue Adresse. Wagner schrieb sich mechanisch die Fakten auf. Er hatte nicht weit zu fahren. Die Villa Triburg lag in der Kantstraße, keine fünf Minuten entfernt.
Hastig erklärte er Elle den Grund für sein überstürztes Aufbrechen. Erst bei der Verabschiedung bemerkte er ihr graues, fahles Gesicht. Gerade als er sie darauf ansprechen wollte, griff sie nach seinen Händen.
„Es ist nur…“ Sie schloss die Augen. „Mein Gott, ich kenne diesen Mann! Ich kenne diesen Mörder!“
Direkter Link zu Impressionen „Grüner Hügel, Bayreuth“ http://www.verlag-waldkirch.de/pics/ RingdesTodes3 .pdf
Hauptkommissar Wagner eilte zu seinem Wagen und fuhr auf direktem Weg zur Villa Triburg im Herzen der Oststadt. Seit dem Anruf vor wenigen Minuten umfing ihn eine Eiseskälte, als wäre seinem Körper sämtliches Blut entwichen. Noch ein Mord, den er nicht hatte verhindern können! Wagners Kopf fühlte sich pelzig an und die Beine bleischwer, beinahe so, als würden sie nicht mehr zu seinem Körper gehören.
Ohne Gruß stapfte er mit diesen tauben Stelzen an den Kollegen im Eingangsbereich des feudalen Wohnsitzes in der Kantstrasse vorbei, die Treppe hinauf. Es kam Wagner wie ein Déjà-vu vor, als er die Kollegen von der Spurensicherung verteilt in dem großen Schlafzimmer ihrer Arbeit nachgehen sah. Damals, bei Olaf Westhofen, war er in eine ähnliche Szenerie herein geplatzt. Nur lag in diesem Fall das Opfer auf dem Bett und nicht auf dem Boden. Zudem war Wagner selbst lange nicht so benebelt vom Restalkohol in seinem Körper wie an jenem Morgen, an dem diese schreckliche Mordserie ihren Anfang genommen hatte. Unter den konzentriert Arbeitenden machte Theobald Wagner seinen jungen Kollegen Menzel aus. „Hey, Boss, das ging ja verdammt schnell. Rosalie ist auch schon im Anmarsch. Sie war
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