Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
Mandelpesto, Osso bucco, Pannacotta. Der Wein passte hervorragend zum Essen. Während des Desserts erzählte Elle von ihrer Passion für Richard Wagners Musik und dass diese sich erst mit der Zeit und der intensiven Beschäftigung mit seinem Werk entwickelt hatte. Ihr Weg in den Förderkreis des Mannheimer Nationaltheaters und den Beitritt im Wagnerverband beschrieb sie als wichtigste Entscheidungen ihres kulturellen Lebens. Gebannt lauschte Theobald Wagner ihren enthusiastischen Ausführungen über das schützenswerte Mannheimer Juwel - das Nationaltheater. Er ließ sich sogar zum Besuch einer Opernaufführung hinreißen. „Keine Angst, wir fangen mit Verdi an!“ hatte Elle lachend angefügt. Zum Espresso berichtete sie vom Grünen Hügel.
„Wenn Sie Richard Wagners Musik kennen und lieben lernen, dann ist es das Höchste, seiner Kunst in Bayreuth lauschen zu dürfen. Der Atmosphäre, die zur Zeit der Festspiele in Bayreuth herrscht, kann man sich ohnehin kaum entziehen, aber auf dem Grünen Hügel…“ Elle pausierte kurz und fuhr mit bewegter Stimme fort: „…im Festspielhaus ist man dann endgültig verloren. Richard Wagner hat das ideale Opernhaus geschaffen. Nirgends werden sie seine Musik so… so intensiv erleben wie dort!“, atemlos schloss Elle mit diesen Worten. Ihre Hände, die während der ganzen Zeit jedem Wort Nachdruck zu verleihen suchten, sanken in den Schoß. Ihre Augen glänzten und strahlten zugleich.
Theobald Wagner fragte sich unwillkürlich, ob er dieses Gefühl auch einmal empfinden würde. Ein wenig beneidete er Elle um ihre Leidenschaft für die Musik. In jedem Fall nahm er sich für die Zukunft vor, sich von Elle gründlich anstecken zu lassen. Giuseppe Verdi - ein guter Anfang!
„Aber nun zu Ihnen, Theo. Ich platze vor Neugier. Was haben Sie herausgefunden?“ Hauptkommissar Wagner schrak aus seinen Gedanken auf, breitete rasch die Listen auf dem Tisch aus und bildete drei Stapel. „Diese beiden sind Ihre Listen.“ Dann legte er seine Hand auf den dritten Papierstapel. „Diese Auflistung hier stammt aus den Unterlagen des Dezernats. Gestern hatte ich das Gefühl, sie mit Ihren Listen vergleichen zu müssen.“ Elle sah fragend auf, aber Hauptkommissar Wagner fuhr mit seinen Erläuterungen fort:„Ich dachte mir, jede Serie hat einen Anfang. So ist das auch bei einer Mordserie. Warum sollte der Täter also nicht mit einer Person aus seinem Umfeld anfangen? Was läge näher? Außerdem ist unser Mann auch arrogant genug, ein solches Risiko einzugehen.“
Theobald Wagner machte eine kurze Pause. „Dies hier ist die Personalliste von Westhofens Schickimicki-Laden. Sie erinnern sich an das erste Opfer?“ Elle nickte langsam. „Gut! Ich habe gestern Abend alle Namen auf dieser Personalliste mit ihren Aufzeichnungen vom Nationaltheater und dem Wagnerverband verglichen. Sie wären überrascht wie viele Nationaltheater-Abonnenten es bei Westhofen gibt. Aber…“, Wagner machte eine dramatische Pause, „… es gibt nur eine Person, die auf allen drei Listen zu finden ist. Ein gewisser Albert Müller.“ Hauptkommissar Wagner lachte unwillkürlich, was Elle zu verwirren schien. Ihre ratlosen Augen waren fest auf sein Gesicht geheftet. „Sie werden es nicht fassen, Elle. Ich bin ihm bereits begegnet. Mehr noch, ich habe ihn zum Mord an Olaf Westhofen befragt. Er ist eine auffallend attraktive Erscheinung: blonde, halblange Haare, sportliche Figur, markantes Gesicht. Sein Verhalten jedoch hätte angepasster und unauffälliger kaum sein können.“„Albert Müller.“ Elles klare Stimme unterbrach seine Ausführungen. Ihre Augen irrten unruhig hin und her. Ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. „Warten Sie mal. Dieser Name… ich weiß nicht, irgendwie habe ich das Gefühl… oder doch nicht? Fotos! Das könnte helfen. Wir sind eine nicht ganz winzige Wagner-Gemeinde hier in der Stadt.“ Aus ihrem Mund klang das Wort beinahe religiös. Wagner-Gemeinde.
„Sprechen Sie weiter, Theo. Ich suche unterdessen nach Fotos, die bei unseren großen Treffen aufgenommen worden sind.“ Elle kniete vor einem der riesigen antiken Schränke im Wohnzimmer und zog ebenso kraftvoll wie ruckartig an einer der breiten Schubladen in Bodennähe. Wagner beobachtete sie durch die geöffneten Glasschiebetüren, die das Wohnzimmer vom Esszimmer trennten. „Äh, ja. Wo war ich gerade?“ Er hatte Mühe, seinen Faden wieder zu finden. „Ach ja! Angepasst und unauffällig. Er ist ziemlich cool mit
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