Der Ring von Ikribu
versprach Asroth mir eine eigene Armee, wenn ich diesen Ring für ihn fände. Er wusste, dass ich ziemlich am Hungertuch nagte, dass mein Rang und Titel nichts bedeuteten und ich verzweifelt war. Die Vorstellung, reich und mächtig zu werden, betörte mich, und ich erklärte mich einverstanden. Mit einer Söldnerarmee durchkämmte ich die Gegend und suchte nach dem Ring, den Asroth nicht einmal mit seinen Zauberkräften zu finden imstande war.
Aber ich entdeckte ihn mit all meinen Männern genauso wenig wie Asroth mit seiner Magie. Asroth war ungeduldig geworden und erzürnt. In seiner Wut, tat er … dies.« Pelides tupfte auf das behelmte Gesicht. »Ich schwor ihm Rache. Er verhöhnte mich. Ich erfuhr, dass er annahm, den Ring in Suthad zu finden. Deshalb kam ich sogleich hierher, um Euch zu warnen.«
Sonja fragte sich, wie Pelides es erfahren hatte, schwieg jedoch, da er bereits weitersprach:
»Während Ihr Euch mit Euren Ratgebern bespracht, Olin, begann ich alle verlassenen Tempel in dieser Stadt zu durchsuchen. Doch ich fand den Ring nicht. Dann griff Asroth an. Erst jetzt konnte ich meine Suche fortsetzen – aber ich befürchte, dass der Ring nicht mehr in Suthad ist.«
Olin überlegte stumm. Som hüstelte, und Pelides blickte ihn plötzlich an, als fühle er sich durch ihn bedroht.
»Wenn Ihr den Ring erst gefunden habt, Pelides«, sagte Olin, »was wollt Ihr dann mit ihm machen?«
»Asroth damit vernichten.«
»Vergesst nicht, Pelides, Ihr seid nicht der einzige, der Grund hat, Asroth zur Rechenschaft zu ziehen. Und selbst wenn dieser Ring so zauberkräftig ist, wie glaubt Ihr, ihn einsetzen zu können? Ihr seid doch kein Zauberer, oder?«
»Ich muss den Ring haben!« erklärte Pelides verbissen. »Ich weiß, dass ich damit Asroth vernichten kann.«
Bei dieser Behauptung schlug Sonjas Herz schneller.
Olin sagte ungeduldig: »Kommt, Pelides. Ich kehre in den Palast zurück. Wir müssen uns eingehender unterhalten. Und lasst Euch gesagt sein, dass wir Asroth vernichten werden, nicht Ihr allein. Ich beabsichtige, seine Festung zu stürmen und ein Ende mit ihm zu machen – ob mit Ring oder ohne!«
Pelides schüttelte entschieden den behelmten Kopf. »Ihr versteht diese Dinge nicht, Lord Olin …«
Olin zuckte die Schulter. »Genug. Kommt!« Und plötzlich, als fiele es ihm gerade ein, fragte er: »Was ist mit diesem Stygier, Pelides? Wisst Ihr etwas über ihn?«
Pelides’ Kopf zuckte hoch. »Der Stygier? Wo ist er? Hat er den Ring gefunden?«
Sonja antwortete ruhig: »Sopis ist tot. Wart Ihr mit ihm verbündet?«
Pelides lachte spöttisch. »Haltet Ihr mich für so einen Narren? Gewiss war er ein Spion – vielleicht ahnte er, dass der Ring hier war. Wo ist seine Leiche?«
Olin blickte Sonja fragend an.
»Er ist tot«, wiederholte sie. »Ich folgte ihm, weil ich argwöhnte, dass er mit Asroth zusammenarbeitete. Aber er kam ums Leben, als diese – Ungeheuer angriffen.«
»Wie ist er gestorben?« fragte Pelides schnell.
»Er wurde unter einer Decke des Westflügels begraben, als dieser Palastteil einstürzte.«
»Trägt er einen Ring?«
»Nein«, antwortete Sonja ohne Zögern.
»Ihr würdet es mir auch nicht sagen, wenn er den Ring hätte, eh, Hyrkanierin?« Pelides blickte sie eindringlich an.
»Kommt!« mahnte Olin. »Ich sehe, Ihr habt immer noch Geheimnisse vor mir. Im Palast werden wir uns zusammensetzen und alles besprechen. Und dann, Pelides, müsst Ihr mir sagen, wie wir gegen Asroths Festung vorgehen können.«
Pelides folgte Olin. Ein wenig seines Stolzes und seiner Selbstherrlichkeit schien aus seinem Gang geschwunden zu sein. Vielleicht, weil er die Geschichte seines Versagens gestanden hatte, vielleicht aber auch, weil er spürte, dass er den Ring nicht würde finden können. Sonja bemerkte es auch in seiner Haltung, während er mit Olin vor ihr den Tempel verließ.
Er war ein gefährlicher Mann, das fühlte sie – und er würde vermutlich noch gefährlicher werden, falls Olin darauf bestand, Asroths Festung anzugreifen. Er war ein verbohrter, rachsüchtiger Fanatiker, jederzeit bereit, andere zu benutzen, sofern ihm dadurch gelingen würde, Asroth persönlich zu töten.
Sie musste Olin vom Ring erzählen.
Als sie in den Palast zurückkehrten, spürte Sonja eine neue Bedrohung in der Luft. Diesmal kam sie von den Söldnern. Sie hatten sich zusammengeschart und besprachen sich. Ihre Stimmung war furchterregend. Es war noch wahrscheinlicher denn zuvor, dass sie nichts
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