Der Ring von Ikribu
Schwert und versuchte, den Mann neben ihm zu töten.«
Olin bahnte sich einen Weg durch die Soldaten. »Emros!« rief er. Um ihm sein Vertrauen zu beweisen, streckte er die Hände unbewaffnet aus. »Gib mir dein Schwert.«
Emros wich zurück und prallte gegen einen Baum. »Ich sehe dich!« knurrte er, und Speichel sickerte aus seinen Mundwinkeln in den Bart. »Hexer! Du wirst mich nicht kriegen! Ich stoss dir die Klinge durch dein schwarzes Herz, ehe du …«
Und schon sprang er heulend und sein Schwert wild schwingend vor. Olin wich hastig zurück und andere mit ihm.
»Wir müssen ihn töten«, rief ein Soldat. »Er ist tollwütig – er kennt weder uns noch sich mehr.«
Sonja rannte vorwärts, schob die Soldaten zur Seite und zog ihr Schwert.
»Tötet ihn nicht!« schrie sie. »Wenn ich ihn entwaffnen kann …«
»Dämonin!« heulte Emros. Seine Augen funkelten, und er knirschte mit den Zähnen. »Dich hat Asroth gesandt, eh? Ich seh den Zauberstab in deiner Hand – aber mich kriegst du nicht!«
Wieder sprang er vorwärts und schwang sein Schwert in weitem Bogen. Sonja duckte sich, parierte seinen Hieb, dann zog sie sich zurück und Emros geschickt mit sich, fort von der Menge. Emros kreischte vor Wut.
»Du wirst mich mit deinem Stab nicht umbringen!« schrillte er und kämpfte besessen, um an Sonjas Klinge vorbeizukommen.
Sonja fluchte. Emros hatte die Kraft des Wahnsinnigen, und bei jedem Hieb spürte sie, wie ihr Arm immer tauber wurde. Der Narr kämpfte, ohne sich selbst zu schützen, wie ein Berserker. Geschickt täuschte sie einen Angriff vor, um sofort nachzustoßen und ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen. Aber Emros, der vorschwang, glitt auf feuchtem Gras aus, sein Arm fuhr hoch und und Sonjas Klinge traf ihn unbeabsichtigt in den Oberarm.
»Iiiiiihh! Der Stab hat mich gebissen!« kreischte Emros. »Vergiftet von der Zauberei der Teufelin! Ich will nicht durch Zaubergift sterben! Dämonin – Hexer – Teufel! Mitra, nimm meine Seele!«
Er drehte das Schwert – und fiel darauf.
Inzwischen war fast das gesamte Lager zusammengelaufen gekommen. Die Soldaten schrien auf, alle beugten sich vor, damit ihnen nur ja nichts entgehe. Emros fiel mit dem Gesicht ins Gras, und seine Klinge ragte mit der Spitze aus seinem Rücken.
Erschüttert brüllte Olin seine Männer an: »Marsch, zurück in eure Zelte, ihr Gaffer!«
Sonja blieb noch einen langen Augenblick stehen und starrte auf die Leiche, bis jemand sie am Arm fasste und ihren Namen rief. Es war Som.
»Komm weg! Wir können nichts mehr für ihn tun. Vielleicht war Selbstmord das Gnädigste für ihn. Ich glaube, er stand unter Zauberbann!«
Benommen schüttelte Sonja den Kopf und ging schleppend zu Olins Zelt. Olin schloss sich ihr an. Gemeinsam stiegen sie den grasbewachsenen Hang hoch, während die Soldaten hinter und unter ihnen sich gruppenweise, aufeinander einredend, ebenfalls zurückzogen. Zwei Männer schleppten Emros’ Leiche aus dem Feuerschein in die Dunkelheit.
Olins Miene war grimmig. Sein Kinn zuckte, und seine Lippen zogen sich über die zusammengebissenen Zähne zurück. »Was jetzt?« fragte er Sonja und sich selbst. »Wird Asroth uns alle aus der Ferne mit seinem Zauber töten, wie er es mit Emros getan hat? Werden wir alle langsam wahnsinnig und bringen uns gegenseitig um?«
»Vielleicht ist genau das seine Absicht«, meinte Sonja. »Damit er sich an unserer Furcht ergötzen kann, bis wir alle tot sind. Wir müssen ihn enttäuschen. Was Emros betrifft, vielleicht war es das beste, dass er durch seine eigene Hand starb und nicht Sklave der Zauberei blieb.«
Olin schüttelte den Kopf.
Da sahen sie Pelides. Er stand reglos und schaute auf das Lager hinunter.
Als sie oben angelangt waren, setzte er sich zu ihnen ans Feuer vor Olins Zelt.
»Nicht der erste«, murmelte er düster und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und nicht der letzte.«
Am Morgen zogen sie durch den Wald weiter. Es war hier kühler und die Luft feuchter. Häufig mussten sie Bäche überqueren und sich einen Weg durch das dichte Unterholz hauen. Je tiefer sie in den Wald gelangten, desto mächtiger und höher wurden die Bäume und desto dichter standen sie beisammen. Auch wirkten sie fast unheimlich mit ihren gewaltigen dunklen Stämmen und den schweren Ästen, die kaum Licht hindurchließen. Nebel hing klamm über dem Boden, wirbelte hin und wieder in Schwaden auf und verbarg manchmal ganze Abteilungen der kleinen Armee. Das Rascheln
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