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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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nach einer Weile an, »das OG kontrolliert den Großteil des verfügbaren Reichtums inklusive sämtlicher Produktionsmittel. Die Singleton-Enklaven besitzen zwar wertvolle Rohstoffe, aber keine Genlabore. Intern funktionieren sie meistens noch über Tauschhandel. In ein paar Jahren will das OG eventuell versuchen, einen limitierten Kapitalismus zu installieren – mit Chit-basierter Währung für Privatleute. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Unser heutiges System korreliert den Wert von Arbeitseinheiten mit dem Lebensunterhalt. Deshalb sackst du Steak-Coupons ein, während wir Sojafalfasuppe löffeln müssen. Niemand misst den Ökonomen besonderen Wert zu.«
    »Sprich, der ganze Reichtum liegt beim OG.«
    »Der verfügbare Reichtum. Den eigentlichen Reichtum des Planeten repräsentieren der Ring und die anderen Strukturen der Community. Nanoschmieden. Weltraumtechnologie. Kostengünstiger Transport in den Orbit. Davon können wir nur träumen. Na ja, immerhin ist uns die Genkonstruktion geblieben. Klasse, was?«
    »Aber der Ring ist leer.« Redd kramte in ihren Erinnerungen: die Straßen voller Leichen, unzählige Menschen, die einfach umgekippt waren, jeder Einzelne mit der glänzenden Interface-Buchse im Nacken. Nein, hatten die Leute geflüstert, sie sind nicht tot, sie haben sich weiterentwickelt. Doch die Körper waren definitiv tot, Milliarden Körper. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Zehn Jahre war es jetzt her, damals war sie selbst zehn gewesen.
    »Sicher, der Ring ist leer«, meinte Nicholas. »Wie gesagt, auf diesen Reichtum kann niemand zugreifen. Da müsste man schon die Entrückung mitmachen.«
    »Danke, Nick. Wie wär’s, wenn wir nachher noch vorbeikommen? Wann bist du ungefähr zu Hause?«
    »Klar, gerne. Um zwölf, denke ich. Aber ich muss dich warnen, bis dahin haben wir uns sicher mit diesem erbärmlichen Bier abgeschossen. So leicht wirst du uns also nicht rumkriegen.«
    »Klar, du wirst dich mit Händen und Füßen wehren. Wie immer«, frotzelte sie.
    Redd legte auf und dachte nach. Das Institut verfügte durchaus über Mittel, die es nach eigenem Ermessen verwenden durfte. Und vielleicht hatten die Chefs tatsächlich beschlossen, das offizielle Verbot der Quinärforschung zu umgehen und ein paar Postdocs auf das Thema anzusetzen.
    Am nächsten Morgen waren alle zwölf Uteri befüllt, in jedem schlummerte ein Embryo. Vielleicht menschliche Embryonen? Als sie sich vergewissern wollte, stimmte ihr Code für den Gebärmutterraum nicht mehr; sie brauchte ganze dreißig Sekunden, um sich durch das Sicherheitssystem zu hacken. Dann zischte die Schleuse auf.
    Die Uterusbänke waren sorgfältig beschriftet. »Optimierter Embryo für Quartett, räumliche Spezialisierung« stand auf einem Etikett, das Wort »Quartett« doppelt unterstrichen. Als würde sie sich so leicht von der Fährte abbringen lassen. Eigentlich wusste sie schon, was sie erwartete, als sie den Genotyp des ersten Uterus aufrief – und natürlich entsprach er dem Ausdruck aus Khalids Spleißer. Gleichzeitig traute sie ihren Augen nicht: Die Gensequenzen waren kaum wiederzuerkennen. Mit gängiger Pod-DNA hatte das nichts mehr zu tun.
    Seit vierzig Jahren arbeiteten sämtliche Genetiker mit den ursprünglichen DNA-Strängen von Forsythe und Jergens. Kleinere Veränderungen und Optimierungen waren an der Tagesordnung, aber einen so radikalen Eingriff hatte noch niemand gewagt. Die Abweichung von ihrer eigenen DNA betrug 1,5 Prozent, höher als der Unterschied zwischen einem Zwergschimpansen und einem Menschen. Einige der hier definierten Proteine sah sie zum ersten Mal.
    Nein, das war eindeutig nicht auf Khalids Mist gewachsen.
    Das nächste öffentliche Terminal befand sich im Erstsemesterhaus. Im Eilschritt durchquerte Redd das Gewirr von fremden Emotionen und Gedanken, bis sie vor dem Bildschirm stand.
    Und wenn wir doch nur neidisch sind?, fragte Scarlet, während Martha tippte.
    Quatsch!
    Irgendjemand muss Khalid und Cahill stoppen.
    Sie arbeiten ohne fachliche Absicherung.
    Marthas Finger schwebte über der Schaltfläche. Soll ich?
    Ja!
    Ja!
    Na gut.
    Eine Millisekunde später ging ihre anonyme Nachricht im Ministerium ein.
    Redd hatte sich in einen tiefen Konsens versenkt, ein Proteinfaltungsproblem vor sich auf dem Bildschirm, als sie plötzlich Schreie und Schüsse hörte.
    Sofort rannte Scarlet zur Tür, warf einen Blick in den Flur und kehrte schnell zurück, um das Bild mit dem Pod zu teilen: ein Militärduo

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