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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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was ich brauche, ist eine Milliarde Menschen als Treibstoff.
     
    Meinen Hobbyabend verbrachten wir nicht wie sonst mit Malen, sondern im Netz.
    Die brasilianische Vertretung des Overgovernment war ziemlich überrascht gewesen, als Malcolm Leto vor zwei Monaten aus dem Weltraumlift in Macapá gestiegen war. Natürlich versorgte der Ring noch immer sämtliche Empfangsstationen mit Mikrowellenenergie, doch er selbst galt als verwaist, und die Raumaufzüge, die sich rund um den Äquator spannten, wurden schon lange nicht mehr benutzt. Ohne Interface konnte überhaupt niemand hinein.
    Bis in die nordamerikanischen Nachrichten hatte es Letos Ankunft nicht geschafft, aber in den Archiven fanden wir einige Interviews mit ihm. Er sprach über seine Ansichten zur Community und über sein Bedauern, den Exodus verpasst zu haben – nichts Neues. Dann herrschte ein paar Wochen Stille, bis er vor den brasilianischen Gerichtshof zog, um die Eigentumsrechte am Ring zu beanspruchen. Schließlich sei er, so seine Argumentation, das letzte Mitglied der Community.
    Das Overgovernment hatte nie versucht, den Ring zu bevölkern. Warum hätte man sich auch mit den Interface-Lesegeräten am Eingang der Weltraumlifts anlegen sollen? Auf der Erde lebte nur noch eine knappe halbe Milliarde Menschen. Die meisten derjenigen, die sich nicht dem Exodus angeschlossen hatten, waren in den Genkriegen umgekommen. Statt den Ring zu übernehmen, hatte man eigene Raumschiffe gebaut, einen eigenen nanodrahtgeführten Lift in den niedrigen Erdorbit gespannt und eine eigene Schlepperflotte aufgestellt, die zwischen der Geosynchronen Umlaufbahn GEO und den Lagrange-Punkten pendelte. Fast drei Jahrzehnte hatte man dafür gebraucht.
    Die Quantencomputer wurden schon lange nicht mehr benutzt. Niemand hatte ein Interface dafür, niemand konnte eines konstruieren. Die Menschheit hatte das Interesse an dieser Richtung der Evolution verloren, wir konzentrierten uns auf die Sterne und auf uns selbst. »Wir« umfasste allerdings nur die Pods. Der Rest lebte in Enklaven außerhalb des Overgovernment, aber trotzdem unter seiner Aufsicht.
    Bisher war kein Urteil zu Letos Klage ergangen. Noch vor einer Woche hatte man den Prozess vor dem südamerikanischen Gerichtshof ausgetragen, dann war der Fall an das zentrale Gericht des Overgovernment weitergereicht worden.
    Er will eine zweite Community gründen.
    Er will den Ring stehlen.
    Wem gehört der Ring eigentlich?
    Er ist einsam.
    Wir brauchen Moira.
    Er will, dass wir ihm helfen. Deshalb hat er uns die Geschichte erzählt.
    Er hat sie nicht »uns« erzählt. Er hat sie Meda erzählt.
    Meda gefällt ihm.
    »Hört auf!« Ich ballte die Fäuste, um ihre Gedanken auszusperren. Die anderen starrten mich an, als verstünden sie nicht, warum ich mich gegen den Konsens wehrte.
    Ich blickte ihnen in die Augen – und plötzlich blickte ich nicht mehr in meine Augen, sondern in ihre , als hätte ein Messer die Verbindung zwischen uns gekappt. Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte hoch zu Moira.
    »Meda! Was ist passiert?«
    Ich warf mich auf den Boden des Zimmers. »Warum müssen sie so schrecklich eifersüchtig sein?«
    »Wer? Wer denn?«
    »Die anderen! Der Rest von uns.«
    »Verstehe. Es geht um den Singleton.«
    Verzweifelt suchte ich ihren Blick. Vielleicht würde sie mich verstehen? Aber wie, wenn ich meine Gedanken nicht mit ihr teilen konnte?
    »Ich hab mir angeschaut, was ihr bisher herausgefunden habt«, fuhr Moira fort. »Dieser Malcolm Leto könnte gut und gerne unter einer Psychose leiden. Immerhin hat er einen unglaublichen Verlust erlitten. Die heutige Welt hat nichts mit der Welt seiner Erinnerungen zu tun.«
    »Er will sie wieder aufbauen.«
    »Ja, das ist ein Aspekt seiner Psychose.«
    »Die Community hat Großes geleistet. Zum Teil wissen wir immer noch nicht, wie sie das alles angestellt haben, selbst nach Jahrzehnten. Was soll daran so schlimm sein?«
    »Ich weiß, es heißt immer, der Exodus sei der natürliche nächste Schritt in der Evolution der Menschheit gewesen. Aber was, wenn er doch nicht natürlich war? Was, wenn er gleichbedeutend war mit dem Tod? Vielleicht haben wir den Exodus nicht verpasst – vielleicht sind wir ihm entkommen. Vielleicht haben wir die Community überlebt , genau wie Malcolm Leto. Und jetzt sollen wir uns in dasselbe Schicksal fügen?«
    »Sag mal, wer hat hier eigentlich die Psychose?«
    »Egal. Das Overgovernment wird ihn sowieso nie im Leben auf den Ring

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