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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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kalte Zurückweisung. Wahrscheinlich würden sie mich gleich hier beim Landhaus zurücklassen.
    Du bist und bleibst ein Dummkopf, schimpfte Moira.
    Strom strich über die wunde Haut rings um die Interface-Buchse an meinem Nacken. Schon gut, Meda.
    Der Konsens schmeckte wie der Saft einer reifen Frucht, leuchtete wie das Licht eines fernen Sterns.
    Schon gut, Meda. Alles ist gut. Wir haben dir verziehen.
    Hand in Hand in Hand in Hand in Hand liefen wir zurück zur Farm. Wir hatten uns viel zu erzählen.

QUANT
     
    Bei unserer Rückkehr zur Farm wartete Dr. Khalid schon auf uns. Einer von ihm trat mitten zwischen uns und schob Meda das Haar aus dem Nacken. Die Haut rings um den silbernen Ring der Interface-Buchse war stark geschwollen.
    »Was hat man dir nur angetan, Kind?«, flüsterte er.
    Als Meda rot anlief, spürte ich ihre Scham wie meine eigene. Khalid kümmerte sich zwar schon lange um uns, aber über unsere Erlebnisse mit Malcolm Leto wollten wir nicht mit ihm sprechen.
    »Leto«, sagte Mother Redd, »Leto hat ihr das angetan.« Wie immer, wenn Dr. Khalid zu Besuch war, hielt sie sich im Hintergrund, obwohl sie uns sonst selbst untersuchte.
    Abrupt fuhr einer von Khalid herum, eine tiefe Falte auf der Stirn. »Du wusstest, dass er gefährlich ist!«
    Eine von Mother Redd wich zurück, bevor ihr Interface den Kopf schüttelte. »Ich brauche keine Belehrungen, Herr Doktor.«
    Wir hatten die beiden noch nie streiten sehen und wussten daher nicht, wie wir uns verhalten sollten. Statt zu antworten, drehte sich Khalid um und scannte Medas Schädelansatz mit einem tragbaren MRT. »Es hat sich schon ans Kleinhirn angelagert. Das ist schlecht. Sehr schlecht.«
    »Können wir es entfernen?«, fragte Meda.
    Als vier Versionen Khalids die Lippen aufeinanderpressten, wussten wir, wie die Antwort lauten würde.
    Was ist mit unserem Praktikum?, sandte ich. Unser zehnwöchiger Ausflug ins All sollte der Höhepunkt des jahrelangen Trainings sein. Was, wenn wir wegen Meda nicht aufbrechen durften?
    Strom berührte mich an der Schulter und schickte mir einen Gedanken. Jetzt geht es um Meda.
    Ich zuckte zusammen. Er hatte Recht, natürlich hatte er Recht. Sofort fühlte ich mich schuldig, weil ich meine Wünsche über Medas Gesundheit gestellt hatte.
    Meda warf mir einen kurzen Blick zu und wandte sich an Khalid. »Das wird doch keinen Einfluss auf unser Praktikum haben, oder?«
    »Ich glaube nicht, dass …«
    »Darüber müssen wir uns jetzt keine Gedanken machen«, wurde er von Mother Redd unterbrochen. Wieder tauschten ein, zwei von ihnen einen nicht zu deutenden Blick aus.
    Aber wir machten uns Gedanken, erst recht nach der vollständigen MRT am Institut, die Dr. Khalids Vermutungen bestätigte: Die Nanofasern des Interface waren so tief in Medas Hirn eingedrungen, dass sie unmöglich entfernt werden konnten. Und zu allem Überfluss sahen wir in unseren E-Mails, dass unsere Klassenkameraden bereits ihre Praktikumsstellen zugeteilt bekamen.
    Und was ist mit uns?, fragte ich, nachdem ich Elliott O’Tooles kriecherischen Dankesbrief für seinen Posten auf dem Mond gelesen hatte.
    Willow konnte sich über eine beneidenswerte Stelle im Rift-Observatorium freuen, wo eine Reihe von Teleskopen durch den Riss im Raum starrte, um die fernen Regionen des Alls zu erkunden. Man hatte bereits einen Gelben Zwerg in einem halben Lichtjahr Entfernung entdeckt.
    Wie ist Elliott nur an den Mond gekommen?, fragte Manuel.
    Wenigstens ist es nicht die Consensus, meinte Moira. Wenigstens nicht L 4 .
    Ja, das wäre noch schlimmer gewesen. Damit hätte er es praktisch geschafft gehabt.
    Den ganzen Tag kamen wir nicht zur Ruhe, bis endlich die erlösende Nachricht eintraf. Ich vergrub das Gesicht in den Händen, während Meda las, und schaute erst auf, als ich unsere Erleichterung spürte.
    GEO!, rief Meda. Wir dürfen zur Columbus Station!
     
    »Tempo! Wir müssen die Fracht abladen! In sechzig Minuten hat dieser Schlepper auf dem Rückweg zu sein!«
    Statt zusammenhängender Worte registrierte ich nur vage Geräusche, aber der Pod gehorchte, und ich folgte wie im Traum. Nicht der ohrenbetäubende Lärm hypnotisierte mich, sondern die leichten, eleganten Bewegungen, die ich mit einem Minimalaufwand an Kraft und Druck erreichen konnte. Ich glitt gegen eine Wand und bremste mich mit der Spitze des kleinen Fingers ab. Schon im Shuttle hatte ich mit der Schwerelosigkeit experimentiert, ich wusste bereits, dass ich meinen Körper auf einer einzigen

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