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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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Erdoberfläche hing, genauer gesagt über Ecuador. Das Verbindungskabel zur Erde war erst zur Hälfte fertiggestellt, zumal sich stets ein passendes Gegengewicht hinaus ins All erstrecken musste, um die perfekte Balance im geosynchronen Orbit zu halten.
    In ein paar Monaten würde es so weit sein: Sobald das erdseitige Kabel an den Bodenanker angekoppelt war, würde das OG über eine zweite voll funktionsfähige Raumstation verfügen. Das Volumen an Material und Personal, das den Weg nach GEO antreten konnte, würde sich verdoppeln. Und von dort bis nach L 4 war es nur noch ein Katzensprung. Vor meinem inneren Auge flackerten schon die Flugbahn, die benötigten Kräfte und die Wirkung der Masse auf.
    »Quant!«
    So schnell ich konnte, hangelte ich mich den Gang entlang und holte die anderen vor einer grauen Tür ein. Links stand ein Name, in Schablonenschrift geschrieben: Apollo Papadopulos.
    Ich spürte unsere Erregung. Das war unsere Kabine, unser neues Zuhause im All.
    »Eigentlich hatten wir mit einem anderen Quint gerechnet«, sagte Flora und strich vorsichtig über den Namen, als wäre die Farbe noch feucht. »Wir mussten den anderen Namen überstreichen.«
    Was soll das heißen?, fragte Strom.
    Sie haben nicht mit uns gerechnet. Moiras Gedanken waren wie in Eiswasser getaucht. Sie dachten nicht, dass man uns hier raufschicken würde.
    Wegen Meda? Die Frage rutschte mir einfach so heraus. Der Pod schwieg, aber ich sah, wie Meda rot wurde.
    Währenddessen drückte Flora mit großer Geste auf den Türöffner. »Euer Zuhause für die nächsten zehn Wochen.«
    Gleißendes Licht überstrahlte das Neonglimmen des Korridors. Unter uns hing die Erdkugel, so groß wie ein Basketball, den man mit ausgestrecktem Arm hält. Die eine Hälfte lag im Schatten, die andere Hälfte glänzte blau, grün und weiß im Sonnenschein.
    »Das …« Meda verstummte.
    »Ja«, sagte Flora. »Dieser Teil der Tour gefällt mir auch immer am besten.«
    »Warum bekommen wir ein so schönes Zimmer? Das ist doch was Besonderes, oder nicht?«
    »Nein. Alle Zimmer haben Erdblick. Das ist Tradition.«
    »Jeder bekommt so einen Raum?«
    »Na ja, eurer ist etwas größer als die anderen. Ansonsten arbeiten auf Columbus ja vor allem Trios.« Flora blieb an der Tür stehen, während wir hereinstürmten und unsere Nasen an der diamantverstärkten Scheibe plattdrückten. »Euer Zeug wird bald vorbeigebracht. Ruht euch ein bisschen aus, bevor wir mit dem Sicherheitstraining anfangen.« Sie zögerte. »Ach ja, eins noch: Ihr seid für zehn Wochen hier, die anderen von uns für Jahre, teils das ganze Leben lang. Die Chefin treibt uns erbarmungslos an, und Aldo und ich haben noch zwei andere Jobs. Wir können nicht die ganze Zeit Babysitter spielen.«
    »Wir werden versuchen, euch nicht in die Quere zu kommen«, erklärte Meda.
    »Das ist ja schön und gut, trotzdem atmet ihr Sauerstoff und verbraucht Wasser – Ressourcen, die man für produktivere Kräfte verwenden könnte. Wir sind hier nicht auf der Erde, unsere Mittel und unsere Zeit sind begrenzt. Ich erwarte ja gar nicht, dass ihr euch besonders nützlich macht, aber ich hoffe doch, dass ihr nicht nur doppelt so viel verspeist wie ich.«
    »Wir geben unser …«, fing Meda an, doch Flora hangelte sich schon den Korridor hinunter.
    Sobald sie außer Sichtweite war, schloss Strom die Tür. Das ist ja super gelaufen.
    Wenigstens haben wir sie nicht vollgekotzt.
    Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
     
    Enttäuscht stellten wir fest, dass unser »Training« nichts mit Ausflügen ins All zu tun hatte, sondern aus endlosen Sicherheitsübungen und Ausrüstungstests bestand, gefolgt von ewigen Vorträgen über eben diese Übungen und Ausrüstungsteile. Nur wenn wir auf das Erdpanorama hinter der verglasten Wand der Cafeteria starrten, fühlten wir uns, als würden wir einen Fuß ins Weltall setzen.
    Natürlich versuchten wir, Aldo klarzumachen, dass wir bereits Erfahrung mit EVA-Anzügen hatten.
    »Aber nicht auf einer Industriebaustelle bei null g! Vor zwei Wochen hat sich so ein Idiot einen Schraubenzieher zugeworfen. Er war nicht darauf gefasst, und der Schraubenzieher hat ihm ein Loch in den Anzug gerissen, bis runter auf die Haut.«
    »Und dann?«
    »Na ja, er hat sich bloß ein paar Erfrierungen geholt. Aber ziemlich üble Erfrierungen.«
    Wann kriegen wir endlich einen Sled?, fragte ich. Ich wusste, dass ich für alle sprach.
    »Wir passen schon auf«, versicherte Meda, »aber wann dürfen wir

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