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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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endlich Außenarbeiten durchführen? Wir sind jetzt schon seit zwei Wochen hier.« Nach zwei Wochen knallharter Drills und endlosem Pauken von biologischem Grundwissen konnten wir binnen fünfunddreißig Sekunden in die Anzüge steigen und stundenlang aus dem Stegreif über den Lebenszyklus der Ankerspinnen plaudern.
    »Tja«, erwiderte Aldo, »eigentlich hätte das schon letzte Woche …«
    Meda unterbrach ihn. »Aber ihr wollt uns nicht rauslassen. «
    »… nur mussten wir erst noch einen Sled für euch umbauen. «
    »Oh.«
    »Genau. Vielleicht ist dir das noch nicht aufgefallen, aber die Sleds sind alle auf Trios ausgelegt. Für eure Fünfereinheit musste eine Spezialanfertigung her.«
    Soweit möglich wurden Außenarbeiten mit mechanischen Greifarmen durchgeführt; nur wenn die Entfernung zur Station zu groß wurde, verwendete man Sleds. Eine dritte Möglichkeit waren Raumanzüge, doch im Anzug war man allein, vom Pod abgetrennt, was selbstständiges Handeln praktisch unmöglich machte. Derart abgeschirmt konnte man nur über Gesten und Stimmen kommunizieren, an einen ordentlichen Konsens war nicht zu denken. Deshalb griff man nur im äußersten Notfall auf diese Lösung zurück.
    »Und wann ist unser Sled fertig?«
    »Bald. Vielleicht schon heute. Wir haben die Pinasse des Commanders umgebaut. Mit der werden ansonsten wichtige Gäste herumkutschiert, von daher passen zwei Pods rein oder eben einer von euch Quints.« Auf einmal grinsten alle drei von Aldo. »Wollt ihr den Sled mal sehen?«
    Ja!
    »Ja!«
    Wir waren gerade in der Cafeteria, dem weitläufigsten Raum der Station, wo wir eben unsere aktuelle Trainingseinheit absolviert hatten: Manövrieren im freien Fall, und zwar ohne Haltegriffe – die bisher spannendste Aufgabe, die Aldo uns gestellt hatte, eine Herausforderung wie geschaffen für mich. Einer, zwei, drei, vier, dann alle fünf in der Schwerelosigkeit, hilflos, ohne Impuls in die eine oder andere Richtung. Wie immer ging es letztlich um das Zusammenwirken der Kräfte, selbst wenn wir zu fünft bewegungslos im Raum schwebten. Wir mussten nur die Füße aneinanderpressen und uns im richtigen, exakt berechneten Moment abstoßen, um an jedem beliebigen Punkt zu landen. Und sobald einer von uns einen festen Halt hatte, waren die anderen im Handumdrehen geborgen.
    Jetzt verließen wir die Cafeteria und kletterten in zenitaler Richtung aufwärts bis zur Landebucht, die gleich hinter der Verankerung des Zenitkabels lag. Auf dem Weg kamen wir am Biologietrakt vorbei, wo wir viele Stunden mit Dr. Buchanan und seinen Arachniden verbracht hatten, und am Hydrokulturbereich, dessen Ertrag nicht mal für die halbe Mannschaft der halbfertigen Station ausreichte. Obwohl Mother Redds Farm in Sachen Hochtechnologie nicht mit Columbus Station mithalten konnte, war es uns dort gelungen, acht Menschen und jede Menge Tiere mit äußerst geringem Arbeitsaufwand zu ernähren. Hier im Weltraum stand Nachhaltigkeit offenbar nicht an erster Stelle.
    Im Hydrokulturbereich entdeckte ich unseren Freund mit dem schwachen Magen, Anderson McCorkle, der gerade Tomaten pflückte – ein Teil des Duos zupfte die Früchte vom Stiel, der andere fing sie mit einer Tüte auf. Anscheinend hatte er seinen Würgereiz mittlerweile unter Kontrolle gebracht, aber ich kapierte trotzdem nicht, warum sich ausgerechnet einer wie er, der offenbar zur Raumkrankheit neigte, beim OG um eine Stelle im Weltraum beworben hatte.
    Als er mich sah, winkte er mir zu. Ich winkte zurück und wollte schon weitergehen, als ich ihn rufen hörte: »Wie läuft’s denn so?«
    Mein Pod war direkt vor mir, wir hatten die Bucht mit den Sleds fast erreicht. Ich konnte ruhig einen Augenblick mit McCorkle plaudern. Also glitt ich zu ihm hinüber, an den Halteringen entlang, die in regelmäßigen Abständen in den Boden eingelassen waren, vorbei an den riesigen Sauganlagen, die man zu beiden Seiten der Tür angebracht hatte, um zu verhindern, dass Wasser aus dem Hydrokulturbereich entwich. Die Kolben mit mineralreicher Flüssigkeit, in denen die Pflanzen wuchsen, waren zwar sorgfältig abgedichtet, aber hin und wieder kam es dennoch zu Unfällen; bei Schwerelosigkeit war Wasser bestenfalls lästig – wenn es Nasenlöcher hinaufglitschte und Niesanfälle verursachte – und schlimmstenfalls lebensgefährlich, wenn es Kurzschlüsse in der Elektronik auslöste. Falls es in größeren Mengen austrat, konnte man sogar darin ertrinken, denn bei null g gehorchte Wasser vor

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