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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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auch die ganze Nacht nicht geschlafen.«
    »Dann lass es uns doch nachholen.«
    »Jetzt?« Ich wies mit dem Kopf auf die Leiche.
    »Na, der wird uns keinen Ärger mehr machen.«
    »Er wird Aasfresser anziehen.«
    »Dann werden wir ihn eben vorher los.«
    Wir rauchten zu Ende, dann gingen wir zu dem Deutschen und zerrten ihn an den Füßen zum Fluss. Wir wateten ein paar Schritte hinein, dann ließen wir die Leiche los. Die Strömung nahm sie mit sich.
    Wir wuschen uns die Hände, kehrten zum Wagen zurück und kippten ihn auf die Seite. Die Ladung war weg, aber das war keine Überraschung.

    Wir stemmten uns gegen den Wagen. Er kam krachend auf seinen Rädern zu ruhen. Ein Rad war bereits vorher zerbrochen gewesen, das andere zersplitterte jetzt beim Aufprall. Wir krochen in den so gewonnenen Schatten und streckten uns aus.
    Jesse und ich, Seite an Seite.
    Wir lagen da und sahen uns eine Zeit lang einfach nur an. Sie streckte den Arm aus und nahm meine Hand.
    Wir waren in Sicherheit. Wir waren zusammen. Vermutlich standen uns harte Zeiten bevor, aber jetzt, in diesem Augenblick, sah es so aus, als könnte es gar nicht besser sein.
    Ich schlief ein.

44
    Das Maultier
    Als ich erwachte, war mir ganz heiß, und ich fühlte mich, als hätte ich einen Monat lang geschlafen. Jesse lag nicht mehr neben mir. Ich machte mir sofort Sorgen, was schlagartig die Spinnweben aus meinem Kopf vertrieb. Ich kroch ins grelle Sonnenlicht.
    Nicht nur Jesse war weg, sondern auch das Henry-Gewehr.
    Vermutlich war sie zum Fluss gegangen, um sich dort abzukühlen. General stand am Ufer und trank. Doch von Jesse keine Spur.
    Sicher war sie auf der Jagd.
    Ich befreite mich von Hut, Revolvergürtel und Stiefeln, behielt jedoch Hemd und Hosen an, damit sie nass werden und mir hinterher noch eine Zeit lang Kühlung verschaffen konnten. Außerdem wollte ich mich nicht nackt ausziehen, da Jesse zurückkommen konnte und ich nicht wollte, dass sie mich so sah.
    Dann watete ich ins Wasser. Die Strömung hatte beträchtlich nachgelassen; der Fluss war nur noch dreimal so breit wie vor dem Wolkenbruch. Soweit zu sehen war, trieb gerade nichts Totes in meine Richtung, also trank ich. Danach schwamm ich eine Weile und genoss die Kühle.
    Ich war gerade auf einen Felsen geklettert, da ich die Zeit für gekommen hielt, nach Jesse zu suchen, als das unverwechselbare
Brüllen eines Maultiers an meine Ohren drang.
    Es kam von stromabwärts.
    Das Maultier war noch nicht in Sicht. Da ich befürchtete, es könnte sich um mehr als ein herrenloses Tier handeln, rannte ich zu meinem Revolvergürtel. Ich hatte ihn noch nicht richtig umgeschnallt, als das Maultier um die Flussbiegung gehumpelt kam. Jesse ging hinter ihm und trieb es mit dem Gewehrlauf an.
    Das grunzende und brüllende Tier musste sich ganz schön abmühen, da es sich nur auf drei Beinen bewegen konnte. Es vermied, mit dem linken Vorderbein aufzutreten. So wie der Huf wackelte, ging ich davon aus, dass das Bein etwa in Kniehöhe gebrochen war.
    Ich zog die Stiefel an und setzte den Hut auf, während Jesse das Maultier näher trieb.
    »Sieh mal, was ich gefunden habe«, rief sie.
    »Es lahmt, da wird es uns wenig nützen«, sagte ich.
    »Ich will ja auch nicht auf ihm reiten«, erwiderte sie. »Der alte Junge hier wird uns eine Woche mit Fleisch versorgen.«
    »Du willst ihn essen ?«
    »Man muss ihn sowieso von seinen Leiden erlösen. Warum sich das also nicht zunutze machen?«
    Dagegen konnte ich kein Argument anbringen.
    Jesse schoss dem Maultier in den Kopf.
    Es tat mir leid. Nach Jesses Gesichtsausdruck zu urteilen, fand sie diese Tat auch nicht gerade erhebend.
    Nachdem sie das Gewehr abgesetzt hatte, rollte sie sich die Hemdsärmel hoch. »Du machst schon mal Feuer.«
    Sie zog das Bowie-Messer aus dem Stiefel und kniete neben dem Kadaver nieder.

    Ich eilte los, froh, mich aus dem Staub machen zu können. Statt Feuerholz zu suchen bediente ich mich einfach am Planwagen.
    Ich baute ein ordentliches Feuer und brachte es in Gang.
    Die Idee, Maultier zu essen, sagte mir nicht sonderlich zu. Aber es ließ sich nicht ändern.
    Also holte ich mein Messer aus der Satteltasche und ging zu Jesse hinüber, die noch immer bei der Arbeit war. Sie hatte bereits ein paar Steaks aus der Maultierflanke herausgesäbelt und schnitt gerade lange, dünne Streifen vom Hüftknochen. Das brachte mich auf eine vage Idee.
    »Die essen wir heute«, sagte sie und tippte mit der Messerspitze auf ein Steak, »und den Rest

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