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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nirgendwo in Sicht.
    Ich setzte den Hut auf; er drückte an der Stelle, wo mich Jesse am Vortag mit dem Stein niedergeschlagen hatte. Und plötzlich überkam mich das Verlangen, sie um jeden Preis zu finden, mit der Wucht einer Flutwelle. Es war reine Torheit, Zeit für das Begräbnis von Fremden zu verschwenden, während Jesse irgendwo in der Nähe war, vielleicht tot, aber vielleicht auch am Leben, verletzt und auf Hilfe wartend. Reine Torheit.
    Ich lief zum Fluss und watete hinein.

43
    Ich finde Jesse
    Obwohl die Strömung noch immer ziemlich schnell war, reichte mir das Wasser nie höher als bis zur Taille, und es gelang mir, den ganzen Weg über den Fluss auf den Beinen zu bleiben.
    Am Ufer rannte ich zu der Stelle, wo ich meine Sachen zurückgelassen hatte, streifte sie mit zitternden Fingern über, schnallte den Revolvergürtel um, hob Gewehr und Satteltaschen auf und eilte zu General, der gerade trank.
    Ich kann nicht genau sagen, warum mir auf einmal die Zeit unter den Nägeln brannte. Irgendwie war der Fund des Hutes daran schuld. Jesse hatte ihn getragen, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Es bestärkte mich in dem Glauben, dass sie ganz in der Nähe war, obwohl es eigentlich keinen Beweis für die Annahme gab, dass sie sich irgendwo am Flussufer befand und mich brauchte. Ich musste sie finden, auf der Stelle. Jede Sekunde zählte, zumindest war ich fest davon überzeugt, obwohl ich verdammt sein will, wenn ich wüsste, warum das so war.
    General galoppierte das Ufer entlang, mit donnernden Hufen und flatternder Mähne. So schnell waren wir seit der Zeit mit McSween nicht mehr geritten. Damals hatte ich allerdings im Sattel gesessen. Jetzt konnte ich mich nur an Generals Mähne festklammern, die Beine um seinen Körper klemmen und das Beste hoffen.

    So wie ich durchgeschüttelt wurde, konnte ich nicht viel vom Ufer sehen. Mir kam der Gedanke, wir könnten an Jesse vorbeireiten und sie hinter uns zurücklassen. Doch das machte mir keine Sorge. Ich wusste einfach, dass wir sie finden würden, und zwar bald.
    Und genau so geschah es auch.
    Der Fluss beschrieb einen Bogen nach Osten, und in dem Augenblick, als wir um eine Klippe in Ufernähe galoppierten, kam ein umgekippter Planwagen in Sicht - und Jesse, die am Boden saß und sich dagegen lehnte.
    Sie war am Leben und sah mir entgegen.
    Das blonde Haar leuchtete im Sonnenschein.
    Sie trug Stiefel und Hosen, doch das Hemd fehlte.
    Ich wollte einen Freudenschrei ausstoßen, doch Bestürzung und Wut verschlugen mir die Sprache.
    Jesses Beine waren an den Knöcheln gefesselt, und ihre Arme waren an einem Planwagenrad festgebunden.
    Sie schien allein zu sein.
    Ich brachte General zum Stehen, sprang ab und eilte zu ihr. »Wo ist er?«, wollte ich wissen.
    »Sucht Frau und Kind.«
    »Du passt auf.« Ich lehnte mein Gewehr gegen den Wagen und griff nach Jesses Stiefel, denn ich wollte mit ihrem Messer die Fesseln zerschneiden.
    »Er hat es mir abgenommen. Wenn ich mein Messer hätte, würde ich bestimmt nicht in dieser Klemme stecken.«
    Ein Blick über die Schulter verriet mir, dass General ein Stück weitergewandert war. Mein Messer steckte in einer der Satteltaschen auf seinem Rücken. Da keine Zeit zu verlieren war, fing ich an, die Knoten an Jesses Handgelenken aufzuzupfen.

    »Ich dachte, du wärst ertrunken«, sagte sie.
    »Das dachte ich von dir auch.«
    »Wäre auch um ein Haar so gewesen. Ich konnte einen Baum packen und mich auf ihn ziehen wie auf ein Floß.«
    »Hat dich der Deutsche gefunden?«
    »Die Ratte hat mich im Schlaf überrascht. Er hat einen Henry-Stutzen. Damit hat er mich wach gestoßen. Da mir klar war, dass ich ihn sowieso irgendwann aufschlitzen würde, griff ich nach dem Messer, und er rammte mir die verdammte Gewehrmündung so fest in den Leib, dass sie beinahe hinten wieder rausgekommen wäre.«
    »Das verdammte Schwein«, murmelte ich. Der letzte Knoten löste sich. Jesse wand die Hände aus den Schlaufen, während ich mich um ihre Füße kümmerte.
    »Wie lange ist er schon weg?«, fragte ich, mit den Knoten an ihren Stiefeln beschäftigt.
    »Ich habe nicht die Minuten gezählt, Trevor.«
    »Was hat er mit dir gemacht?«
    »Mich hierhergebracht, was glaubst du denn?«
    »Hat er dir wehgetan?«
    »Oh, er war so sanft wie ein Lämmchen. Was redest du da? Natürlich hat er mir wehgetan.«
    »Hat er dir das Hemd ausgezogen?«
    »Das war das Wasser. Sonst hätte er es getan. Hat mich überall betatscht, der Dreckskerl.«
    Der

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