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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Angriff, legte diese jedoch schnell wieder beiseite, da sie böse Erinnerungen weckten.
    Am besten gefielen mir die Bücher über Amerika. Ich las viel von Mark Twain und schaffte es sogar, Huckleberry Finns Abenteuer , die ich in jener Nacht, in der ich mich auf die Suche nach Onkel William gemacht hatte, aufgeschlagen zurücklassen musste, zu Ende zu lesen. Ich las Coopers gesamten Lederstrumpf und viele Geschichten von Bret Harte. Das entfachte in mir die Sehnsucht, den Mississippi, die großen Wälder und Prärien, die Berge und Goldminen zu sehen. Ich war begierig nach Reisen und Abenteuern.
    Gelegentlich spielte ich mit der Idee, einfach nach Westen aufzubrechen. Ich träumte davon, doch ich wusste, dass es mir bestimmt war, bei den Forrests zu bleiben, bis ich genug Geld für die Reise nach England zusammen hatte.
    Außerdem erzählte mir der General abenteuerliche Geschichten, die mich froh stimmten, mich im zivilisierten Osten aufzuhalten.
    Nach Sarahs Gutenachtkuss schlich ich mich oft nach unten ins Wohnzimmer und hockte stundenlang beim General. Wir setzten uns vor den Kamin, er rauchte seine Pfeife, beide nippten wir an einem Glas Rum, und er sprach endlos von seiner Zeit beim Militär.
    Er erzählte mir von West Point und den Schlachten des Bürgerkrieges, aber am liebsten sprach er von seinen Erlebnissen während der Indianerkriege.
    Damals auf der Jacht hatte Whittle sich lang und breit darüber ausgelassen, in den Westen zu gehen, um sich
mit einer Bande Wilder zusammenzutun. Hätte er sich vorher mit Matthew Forrest unterhalten können, hätte er sicherlich ein anderes Lied gesungen. Zum einen waren die meisten Indianer mittlerweile entweder getötet oder zivilisiert worden. Zum anderen taten sie dem weißen Mann Dinge an, die jeden vernünftigen Burschen bewogen hätten, einen großen Bogen um sie zu machen.
    Der General sprach oft und ausführlich von solchen Greueltaten. Ich weiß nicht, ob es ihm nur Spaß machte, mich zu schockieren, oder ob er sich einfach darüber aussprechen musste . Vielleicht traf beides zu.
    Das Skalpieren war offenbar bei weitem nicht das Schlimmste.
    Wann immer den Indianern Leichen in die Hände fielen, zogen sie sie nackt aus, aber dann skalpierten sie sie nicht nur, sondern spickten sie mit Pfeilen, schnitten ihnen Köpfe, Arme, Beine und Genitalien ab und verteilten alles in der Umgebung. Das klang fast so schlimm wie die Sachen, die Whittle mit Mary und Trudy angestellt hatte.
    Allerdings taten die Rothäute Frauen dergleichen nur selten an. Weiße Frauen nahmen sie gefangen, missbrauchten sie und hielten sie als Sklavinnen.
    Der General verriet mir die beiden wichtigsten Regeln im Kampf gegen Indianer: Lass nicht zu, dass die Heiden deine Frau gefangen nehmen, und lass nicht zu, dass du ihnen lebend in die Hände fällst.
    Gerieten die Frauen in eine ausweglose Lage, musste man sie töten. Hatte man nur noch eine Kugel übrig und stand vor der Wahl, einen indianischen Krieger oder die eigene Ehefrau zu erschießen, nun, dann war die Situation klar. Man schoss seiner Frau eine Kugel in den Kopf.

    Der General erzählte mir, dass Fort Phil Kearney einmal in Gefahr gewesen war, von den Sioux und Cheyenne eingenommen zu werden. Die Soldaten hatten alle Frauen und Kinder ins Magazin gebracht und einen Offizier zurückgelassen, der die Pulvervorräte zur Explosion bringen und so alle in die Luft sprengen sollte, bevor sie den Indianern lebend in die Hände fielen. Glücklicherweise war es nicht so weit gekommen. Es gab nichts Schlimmeres, als die eigenen Frauen in die Hände von Wilden fallen zu lassen, behauptete der General. Das Zweitschlimmste war, selbst bei lebendigem Leib von ihnen gefangen genommen zu werden.
    Wenn die Situation aussichtslos erschien, sparte man die letzte Kugel immer für sich selbst auf.
    Solche Erzählungen verursachten bei mir immer ein mulmiges Gefühl. Sich eine Pistole an die Schläfe zu setzen, schien bereits das Alleräußerste zu sein, aber dass ein Mann seine Frau und Kinder erschoss - das ließ mich schaudern.
    Einmal fragte ich den General, wie er darüber dachte. Er nahm einen Zug von seiner Pfeife und stieß den Rauch ganz langsam wieder aus. »Es gibt viele Dinge, die schlimmer sind als der Tod. Die langsame Folter durch die Hand des roten Mannes gehört dazu. Genauso, wie jemanden zu verlieren, den man liebt. Verglichen damit ist eine Kugel in den Kopf schnell und gnädig.«
    Ich erzählte ihm nie von Trudy. Aber ich verbrachte

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