Der Ripper - Roman
STOP DU FEHLST MIR STOP IN LIEBE MUTTER.
Nach diesen Zeilen vermisste ich sie noch mehr als vorher, und ich setzte mich sofort ins Arbeitszimmer des Generals und schrieb ihr einen langen Brief.
Ich notierte alles, was mir zugestoßen war, nachdem ich mich auf die Suche nach Onkel William gemacht hatte, und brachte sie auf den aktuellen Stand der Dinge. Ich erzählte ihr, was für nette Menschen der General und Sarah waren, und wie ich im Haus arbeitete, bis ich mir eine Schiffspassage leisten konnte. Natürlich ließ ich ein paar der unschöneren Einzelheiten unter den Tisch fallen.
Ich verriet ihr allerdings, dass Jack the Ripper ein Mann namens Roderick Whittle war. Ich beschrieb, wie er mich zur Themse gejagt hatte und wie ich sein Gefangener gewesen war, bis mir an Amerikas Küste die Flucht gelang. Mutter konnte dann die Informationen an Onkel William weitergeben; der würde dafür sorgen, dass es die ganze Welt erfuhr. Londons Polizisten würden sicher aufatmen
- von den Huren des East End ganz zu schweigen -, dass Jack the Ripper nicht länger ihre Straßen entlang strich.
Am nächsten Tag fuhren Sarah und ich wieder in die Stadt. Sie schickte mich mit Geld in einen Laden, um für den General Tabak zu kaufen, während sie meinen Brief zur Post brachte.
Und dann war Weihnachten. Es machte mich traurig. Mehr denn je sehnte ich mich nach meinem Zuhause. Es war immer eine fröhliche Zeit gewesen, und ich fragte mich, ob Mutter dieses Jahr auch ohne mich einen Weihnachtsbaum aufgestellt hatte und dachte daran, wie einsam sie sich fühlen musste. Sie würde meinen Brief erst in ein paar Wochen bekommen, aber zumindest hatte mein Telegramm sie etwas aufgeheitert.
Weihnachten war im Haus der Forrests so ziemlich wie jeder andere Tag, nur düsterer. Wir hatten nicht mal einen Baum. Sarah zufolge verabscheuten der General und Mable Weihnachten, weil sie außer ihr keine Familie mehr hatten und sie nicht gern an die schönen Zeiten erinnert wurden, die sie einst verlebt hatten.
Der General saß mürrisch im Wohnzimmer, rauchte seine Pfeife und trank Rum, bis er gegen Mittag im Stuhl einschlief.
Mable machte einen Spaziergang und verschwand. Sarah und ich mussten sie suchen. Wir fanden sie auf halbem Weg zur Stadt, wo sie ein Stück abseits der Straße hockte und im Schnee herumgrub. Gelegentlich verwirrte sich der Verstand der alten Dame, und sie lief fort. »Es ist ihr Alter«, erklärte Sarah.
Zurück im Haus, steckten wir Mable ins Bett. Der General schnarchte noch immer im Wohnzimmer. Wir hatten
bisher keine Gelegenheit zum Essen gehabt, also kochte Sarah Chowder, ein typisch amerikanisches Gericht aus Gemüse, Kartoffeln, Zwiebeln und Gewürzen.
Wir aßen im Esszimmer bei Kerzenlicht, nur wir beide. Sarah entging meine Niedergeschlagenheit nicht, und sie versuchte, mich aufzumuntern. Sie schenkte uns Rotwein ein, und wir wünschten uns gegenseitig frohe Weihnachten und nahmen einen Schluck. Der Wein schmeckte süß und wärmte mich innerlich.
Nach dem Essen blieben wir noch sitzen und tranken. Dann entschuldigte sich Sarah für einen Moment. Als sie zurückkam, verbarg sie eine Hand hinter dem Rücken. »Mach die Augen zu, Trevor«, sagte sie. Ich gehorchte. Als ich sie wieder öffnen durfte, sah ich, dass Sarah eine goldene Uhr an ihrer Kette vor meinem Gesicht baumeln ließ. »Frohe Weihnachten«, sagte sie.
Es schnürte mir den Hals zu, meine Augen wurden feucht. Ich konnte kein Wort hervorbringen. Sarah legte die Uhr in meine Hand, und ich betrachtete sie. Irgendwie verschwamm sie vor meinen Augen, und ich musste blinzeln, bevor ich die Einzelheiten erkennen konnte. In den Deckel waren zwei gekreuzte Revolver eingraviert.
»Sie ist … großartig«, stammelte ich schließlich mühsam. »Vielen, vielen Dank.«
»Die Uhr meines Vaters«, sagte sie. »Ich möchte, dass sie jetzt dir gehört.«
»Ich weiß nicht, ob … das richtig ist.«
»Doch, das ist es. Du weißt gar nicht, wie viel Freude du in mein Leben gebracht hast. Du musst sie für alle Zeiten behalten.«
»Ich … ich wünschte, ich hätte auch ein Geschenk für dich.«
»Du könntest mir einen Kuss geben.«
Sie stützte sich mit den Händen auf meine Knie, beugte sich vor und hielt mir die Wange hin. Ich gab ihr einen Kuss. Dann sah sie mir in die Augen.
»Ich weiß, dass du deine Mutter schrecklich vermisst«, sagte sie. »Ich wünschte, du könntest bei ihr sein, vor allem an diesem Tag.«
Ich nickte und wünschte, ich könnte
Weitere Kostenlose Bücher