Der Ripper - Roman
richtete den Revolver auf mein Gesicht und spannte den Hahn.
»Ich könnte Ihnen von Nutzen sein.«
»Glaub ich nicht.«
»Ich könnte bei Ihrer Bande mitreiten. Ich könnte Besorgungen erledigen, arbeiten, für alle kochen. Mein Kaffee wird allseits gelobt. Es gibt nichts, was ich nicht tue. Ich könnte die Pferde versorgen. Und ich bin ein ganz amüsanter Bursche. Sie müssen wissen, ich habe den Atlantik mit einem Halsabschneider überquert, der schlimmer als zehn Zugräuber ist, und er hat mein Leben nur deshalb verschont, weil er nicht auf das Vergnügen meiner Gesellschaft verzichten wollte.«
Das war zwar etwas weit hergeholt, aber ich hätte alles gesagt, um Chase davon abzuhalten, den Abzug zu drücken.
»Reden kannst du ja«, sagte er.
»Sie scheinen ein anständiger Bursche zu sein.«
»Du bist auch in Ordnung, Willy. Es wird mir keinen Spaß machen, dich abzuknallen, aber …«
»Sie sehen eigentlich gar nicht wie ein Indianerfreund aus.«
Bis jetzt hatte er nicht furchterregend gewirkt. Doch als er mich das sagen hörte, verzerrte sich sein Gesicht auf hässliche Weise. »Sprich dein letztes Gebet.«
»Genau das sind Sie, wenn Sie mich erschießen. Nicht besser als ein verfluchter Indianer freund.«
»Die Sioux haben meine Eltern massakriert, Junge!«
»Und ich war der beste Freund von General Matthew Forrest von der fünften Kavallerie.«
Chase erstarrte in der Bewegung.
»Du kennst General Forrest?«
»Wir waren die besten Freunde. Er hat mich in seinem Haus aufgenommen. Ich stand an seinem Sterbebett. Bis letzte Nacht reiste ich in der Gesellschaft seiner Enkelin Sarah.«
»Na, mal sehen, was die Jungs dazu meinen. Beweg dich.«
Er ritt neben mir, während ich zum Rand der Brücke ging. Unten am Flussufer warteten die »Jungs«. Chase stieg aus dem Sattel und führte sein Pferd den Abhang hinunter, der nicht sonderlich steil war.
Seine Bande stand bei den Pferden und sah uns entgegen. Es waren vier Mann. Zwei zeigten mit den Fingern auf mich, sagten etwas, das ich nicht verstehen konnte,
und lachten. Die beiden anderen schienen nicht amüsiert zu sein.
»Das hier ist Willy«, sagte Chase, als wir sie erreichten.
»Eigentlich heiße ich Trevor.«
»Was haste denn da an, Willy?«, fragte einer der beiden, die mit dem Finger auf mich gezeigt hatten. Dem Aussehen nach war er kaum älter als ich. Wie ich später herausfand, war das Chase’ kleiner Bruder Emmet.
»Man hat mich letzte Nacht vom Zug gestoßen«, sagte ich.
»Er kommt aus England«, sagte Chase. »Sagt, er sei ein Freund von Matthew Forrest.«
»General Forrest?«, fragte ein älterer Mann mit einem großen Schnauzbart, in dem bereits das erste Grau zu sehen war. Sein Name war John McSween.
»Ich habe ihm das Leben gerettet«, sagte ich. Das war zwar etwas übertrieben, würde meiner Sache aber kaum schaden.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der General einen Jungen wie dich nötig hat, um sich zu retten«, sagte McSween.
»Nun, ein feiger Schurke wollte ihm auf den Straßen von Coney Island in den Rücken schießen«, sagte ich. »Ich rief Matthew eine Warnung zu, und er wirbelte herum und leerte seinen Revolver in das Schwein. Matthew schenkte mir aus Dankbarkeit eine goldene Uhr. Ich würde sie Ihnen zeigen, aber sie ist mit dem Rest meiner Besitztümer im Zug zurückgeblieben.«
»Was sollen wir mit ihm machen?«, fragte Emmet seinen Bruder.
»Tja, eigentlich wollte ich ihn ja erschießen, aber dann hat er behauptet, er sei ein Freund des Generals.«
»Ob Freund oder nicht, er ist ein Risiko für uns. Er hat uns gesehen«, sagte ein großer, rotgesichtiger Bursche namens Breakenridge.
»Ich habe ihm sogar meinen Namen verraten.«
»Ich schätze, damit ist die Sache geregelt«, sagte ein wieselgesichtiger Bursche mit rotem Haar. Sie nannten ihn Snooker, und ich habe seinen wahren Namen nie erfahren. »Ich mach’s.« Er zog eine Winchester aus dem Holster und lud sie durch.
Bevor er den Lauf auf mich richten konnte, legte ihm McSween eine Hand auf die Schulter. »Warte mal. Ich bin mit Matthew Forrest geritten. Wenn dieser Junge ihm das Leben gerettet hat, hat er bei mir was gut.«
»Ich glaube nicht, dass er deinen General überhaupt je kennengelernt hat«, meinte Emmet. »Er weiß, er steckt in der Klemme. Vermutlich ist das alles ein Haufen Lügen.«
»Kannst du beweisen, dass du uns nicht anlügst?«, fragte Chase.
»Ich kann Ihnen sagen, dass seine Frau Mable hieß und bis zu ihrem Todestag
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