Der Ripper - Roman
Nun, ich kann mich nicht darauf verlassen, dass er vorbeischießt. Zwar schießen meiner Erfahrung nach die meisten Kerle genauso schlecht wie du, aber verlassen kann ich mich nicht darauf, verstehst du? Also muss ich ihn erwischen, bevor er feuern kann. Darum geht’s beim schnellen Ziehen. Der Mann, der seine Kanone als Erster aus dem Leder zieht und den ersten Schuss anbringt, wird im Allgemeinen derjenige sein, der lebendig davonspaziert. Los geht’s.«
Emmet riss beide Colts aus dem Gürtel. Sie fuhren blitzschnell in die Höhe, die Hähne gespannt, die Läufe gerade, und spuckten heißes Blei aus. Die Kugeln trafen den Baumstumpf und ließen kleine Staub- und Holzwolken aufstieben.
»Großartig!«, sagte ich.
»Viel besser geht es auch nicht«, meinte Emmet.
»Waren Sie schon mal in ein richtiges Pistolenduell verwickelt?«
»Und ob. Ich habe vier Männer getötet.« Auf diese Leistung schien er richtig stolz zu sein.
Da ich nicht wie ein völliger Anfänger dastehen wollte, sagte ich: »Ich habe auch schon einen Mann getötet.«
Er sah mich zweifelnd an. »Du?«
»O ja, in der Tat. In London hat mich ein Kerl überfallen, und ich habe ihn mit dem Messer erledigt.« Eigentlich hatte ich nie erfahren, ob der Mann gestorben war, aber er hatte zumindest behauptet, dass er sterben würde. Zum Prahlen schien das auszureichen.
So wie Emmet mich ansah, konnte er sich nicht entscheiden, ob er mir nun glauben sollte oder nicht. »Hier draußen wird dir ein Messer nicht helfen«, sagte er schließlich. »Jeder Mann, der etwas taugt, trägt ein Schießeisen und hat keine Angst, es auch zu benutzen. Du musst schneller sein als der andere, sonst wirst du nicht lange überleben. Und du musst dein Ziel auch treffen.«
Er trat beiseite und zeigte auf den Baumstumpf.
Ich ließ die Arme hängen, wie ich es bei ihm abgeschaut hatte. Dann griff ich nach meinen Colts. Der im Holster glitt ohne Schwierigkeiten heraus, aber mit dem, der in meinem Gürtel steckte, hatte ich Probleme. Schließlich hob ich sie beide an und spannte die Hähne. Ich zog die Abzüge durch. Ein Klicken ertönte.
Emmet kicherte.
»Du bist ein richtiger Revolverheld, was?«
Ich spürte, wie sich die Röte über mein Gesicht ausbreitete. »Es tut mir furchtbar leid.«
»Furchtbar niedergestreckt hätte es dich, wenn das da drüben kein alter Baum wäre.«
»Ich fürchte, meine Schießeisen sind nicht geladen.«
»Das habe ich gemerkt.« Noch immer kichernd hob er die Schachtel auf und öffnete sie. »Im Moment brauchst du keine zwei Colts. Du kannst dich glücklich schätzen, wenn du mit einem zurechtkommst.«
»Ja, Sir«, sagte ich. Ich schob den Revolver des Schaffners in den Gürtel, dann nahm ich mir von der Munition.
Und stand da mit einem Sechsschüsser in der einen und ein paar Patronen in der anderen Hand. Stand da, starrte beides an und schwitzte.
Emmet grinste mich an. »Was willst du denn damit machen?«, fragte er.
»Den Revolver damit füllen?«
»Gute Idee.«
Ich nahm eine Patrone zwischen Daumen und Zeigefinger, sah in den Revolverlauf hinein und zerbrach mir erst einmal den Kopf. Ich hatte die Waffen des Generals zwar in der Hand gehalten, sie jedoch nie geladen. Ich wusste einfach nicht, wie man das machte. Eine Patrone von oben in den Lauf zu schieben schien nicht unbedingt die richtige Methode. Die Kugeln mussten in die Trommel, irgendwie. Ich sann noch immer darüber nach, als Emmet plötzlich losprustete.
Er benahm sich, als wäre das das Komischste, was er je zu Gesicht bekommen hatte. Er musste so sehr lachen, dass er nicht mehr gerade stehen konnte und seine Augen tränten. Gelegentlich stöhnte er ein oder zwei Worte hervor. So etwas wie »Oh mein Gott!« oder »Das hab ich ja noch nie gesehen!« oder »Wenn die Jungs das nur sehen könnten!«
Die Jungs waren nicht da, und darüber war ich recht froh.
Obwohl ich vermutete, dass sie alles erfahren würden.
Emmet hielt sich weiter die Seiten vor Lachen, während ich mich mit meinem Problem auseinandersetzte. Er hatte sich noch immer nicht beruhigt, als ich an dem Colt die kleine Klappe hinter der Trommel fand. Sie ließ sich zur Seite hin öffnen, und darunter kam eine Patronenhülse zum Vorschein. Die schüttelte ich heraus und ersetzte sie durch eine neue Patrone. Dann drehte ich die Trommel weiter und wiederholte den Vorgang. Ich steckte sechs Patronen rein und schloss die Klappe.
Emmet hatte nichts davon bemerkt. Er war völlig fertig mit der Welt,
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