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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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krümmte sich zusammen und schnappte
noch immer nach Luft, als ich einen Schuss in die Luft abgab.
    Emmet stellte sich kerzengerade hin und starrte mich an. Dann grinste er über das ganze gerötete tränennasse Gesicht. Und applaudierte.
    »Ich bin kein Volltrottel«, sagte ich.
    Kopfschüttelnd rieb sich Emmet die Augen und holte ein paarmal tief Luft. Dann sagte er: »Jetzt, da du geladen hast …« Und prustete von neuem los. Irgendwann schaffte er es, sich zu beruhigen. »Mal sehen … mal sehen, ob du irgendwas triffst. Die funktionieren viel besser … mit Patronen drin.«
    Ich streckte den Arm aus, richtete den Colt auf den Baumstumpf und drückte ab. Der Rückstoß riss den Revolver nach oben. Durch das Dröhnen in meinen Ohren hörte ich einen leisen, dumpfen Einschlag. Bei dem Baumstumpf staubte es auf.
    Ich hatte ihn genau in der Mitte getroffen!
    »Donnerwetter!«, stieß ich hervor.
    Emmet sah mich an und wischte sich über ein Auge. »Bloß … du hast den ganzen Tag dazu gebraucht.«
    Ich schob den Colt ins Holster, rieb die Hand am Hosenbein trocken und versuchte schnell zu ziehen. Ich riss den Revolver in die Höhe. Er war noch nicht ganz aus dem Holster heraus, als ich auch schon mit dem Daumen den Hahn spannte. Ich brachte den Lauf nach oben, richtete ihn auf den Baumstumpf und drückte ab.
    Die Kugel prallte von einem direkt daneben befindlichen Stein ab.
    Emmet sagte kein Wort - von Lachen ganz zu schweigen.
    Ich versuchte es erneut. Diesmal traf ich mein Ziel.

    Ich zog den Colt noch zweimal so schnell wie ich nur konnte und feuerte. Beide Kugeln stanzten Löcher ins Holz.
    Emmet sah mich stirnrunzelnd an.
    Ich holte tief Luft, zufrieden mit mir und mehr als nur ein wenig überrascht. Die Luft war mit Pulverdampf geschwängert. Es roch herrlich.
    »Ich habe mich ganz gut geschlagen, finden Sie nicht?«
    »Du bist kein hoffnungsloser Fall«, sagte er mir.
    Ich lud nach, zog und machte noch ein Loch in den Baumstumpf. Bei sechs Versuchen verfehlte ich nur zweimal.
    Emmet schien über meine Fortschritte nicht besonders erfreut zu sein. Er beobachtete mich mit zusammengekniffenen Augen, während ich nachlud. Als ich meine Waffe wieder ins Holster schob, stellte er sich so neben mich, dass wir Schulter an Schulter dem Baumstumpf am anderen Bachufer gegenüberstanden. »Bei drei«, sagte er. »Eins. Zwei.«
    Er sagte »Drei«, und ich zog. Er auch. Seine Colts brüllten auf, und ihr Dröhnen hallte noch in meinen Ohren, als mein Schuss folgte. Seine Kugeln trafen den Baumstumpf nur einen Lidschlag vor der meinen.
    Emmet musterte mich erneut. »Ich mag es gar nicht, wenn man mich auf den Arm nimmt, Junge.«
    »Pardon?«
    »So zu tun, als wüsstest du nicht, wie man mit einem Sechsschüsser umzugehen hat … als wüsstest du nicht einmal, wie man das verdammte Ding laden muss. Mich dann zum Narren zu halten.«
    »Aber ich habe bis heute niemals eine Waffe abgefeuert, geschweige denn eine geladen.«

    »Quatsch.«
    »Das ist die reine Wahrheit.«
    »Du hast deinen Spaß auf meine Kosten gehabt.« Er steckte seine Colts ein, nahm die Munition und ging zurück in Richtung Lager.
    Ich holte ihn ein. »Tatsächlich habe ich das Schießen von keinem Geringeren als Wild Bill Hickock gelernt.«
    Das ließ ihn den Kopf wenden. »Aber sicher. Der ist seit Sechsundsiebzig tot und begraben.«
    Ein schnelles Nachrechnen verriet mir, dass ich bei Hickocks Tod gerade mal zwei Jahre alt gewesen war.
    »Ich bin älter, als ich aussehe«, sagte ich Emmet.
    Das brachte ihn zum Lachen.
    »Wer hat es dir wirklich beigebracht?«
    »Kein anderer als Sie. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben geschossen, als der Kerl im Zug den Arm aus dem Fenster streckte.«
    Er sah mich ungläubig an. In seinem Blick lag etwas Vorsicht, aber kaum Wut.
    »Ich mache Ihnen nichts vor«, sagte ich. »Glauben Sie mir. Hätte ich gewusst, wie es geht, hätte ich mich mit dem Laden sicherlich nicht so lächerlich gemacht.«
    Die Erinnerung daran ließ ihn wieder grinsen. »Mann, so was habe ich noch nie gesehen.«
    »Ich nehme an, Sie werden es allen erzählen?«
    »Schade, dass sie es nicht selbst gesehen haben.«

31
    Meine erste Nacht im Lager der Gesetzlosen
    Im Lager kochte ein großer Kessel mit Eintopf über dem Feuer. Der Duft ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    McSween rührte gerade fleißig um, Chase legte Feuerholz nach, Snooker reinigte seine Winchester, und Breakenridge lag gegen seinen Sattel gelehnt am Boden und tat

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