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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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mal kurz zusammen. Mit den Darklingen ist irgendwas …“ Sie schloss die Augen, ihr Gesicht sah erst konzentriert, dann verwundert und plötzlich alarmiert aus. „Flyboy! Komm runter!“, rief sie.
    Jessica wirbelte herum und sah Jonathan, der knapp drei Meter über dem Boden schwebte. Er war nervös auf und ab gefedert, weil diese zusätzliche blaue Zeit für ihn trotz allem eine verlockende Einladung war, nach Herzenslust zu fliegen.
    Er wedelte sinnlos mit den Armen, noch immer sacht aufwärtsschwebend, seinen Kurs konnte er nicht ändern. Wenn er jetzt fallen würde, wäre das keine Katastrophe, aber der Asphalt war hart genug, um sich einen Knöchel oder ein Bein zu verstauchen oder zu brechen.
    Über ihm ging der dunkle Mond unter, schneller als ein Sekundenzeiger. Die Sonne guckte dahinter hervor, ein kaltes und lebloses Auge vor der Finsternis.
    Als sie auf ihn zurannte, erinnerte sich Jessica an das, was sie beim Fliegen und im Physikunterricht gelernt hatte. Jonathans Midnightertalent machte die Dinge fast schwerelos, aber ansonsten blieben die Gesetze der Bewegung in Kraft. Wenn sie ihm etwas Schweres hinaufwerfen könnte und er es auf dem Weg nach unten fangen könnte, würde er mit diesem Schwung schnell zur Erde zurückkehren.
    Jessicas Rucksack lag aber noch in der Sporthalle, und etwas Schwereres als Kleingeld hatte sie nicht in ihren Taschen.
    Sie konnte nur ihren eigenen Körper einsetzen.
    Sie rannte drei Schritte und schwang sich auf die Motorhaube des nächsten Autos, von da sprang sie auf Jonathans baumelnde Beine zu. Mit ihren Fingern erwischte sie ihn am Knöchel und gab ihm einen Ruck in Richtung Erde.
    Sie hatte damit gerechnet, dass Leichtigkeit in ihren Körper strömte, dass Jonathans Mitternachtsschwerelosigkeit ihrem Fall die Wucht nehmen würde. Aber Jessica fühlte sich immer noch schwer, wie ein Backstein taumelte sie zurück in Richtung Asphalt.
    Dann fiel ihr auf, dass sie nicht Jonathans Haut berührte, sondern ein Hosenbein seiner Jeans. Nur wenige Sekunden bevor sie am Boden auftraf, blieb keine Zeit mehr, nach seinen bloßen Händen zu greifen, um an der Leichtigkeit des Akrobaten teilzuhaben. Sie zog ihn zu schnell nach unten.
    Jessica ließ los … und der Boden raste auf sie zu.
    Als sie am Boden auftraf, endete die blaue Zeit. Die Sonne von Oklahoma blendete sie, während sie über den heißen, schwarzen Asphalt stolperte. Ein Knöchel verdrehte sich unter ihr, und sie stieß mit der linken Schulter seitlich an ein Auto.
    Bei dem Zusammenstoß blieb ihr die Luft weg.
    Jessica fiel auf ihre Knie, packte ihren Knöchel und wunderte sich, warum ein ohrenbetäubendes Kreischen die Luft erfüllte.
    Plötzlich hockte Jonathan an ihrer Seite.
    „Bist du okay?“, versuchte er den Lärm zu übertönen.
    „Au. Ich weiß nicht. Was ist das …?“ Jessicas Stimme erstarb, als sie erkannte, dass das Geheul von dem Wagen neben ihr kam. Als sie gleichzeitig mit dem Ende der blauen Zeit gegen den Wagen gefallen war, hatte sie den Alarm ausgelöst.
    „Das war ich, oder?“
    „Mach dir deshalb keine Sorgen. Und danke, dass du mich gerettet hast.“ Jonathan erhob sich ein wenig aus seiner geduckten Haltung und spähte über die Motorhaube. „Dess redet mit Sanchez. Sieht so aus, als wäre er hauptsächlich verlegen. Ich glaube, sie hält ihm einen Vortrag über die Gefahren des Rauchens.“ Er duckte sich. „Er schaut aber hierher, wundert sich über die Autosirene. Bleib einfach unten.“
    Jessica untersuchte ihren Knöchel und zuckte zusammen, als der Schmerz durch ihr Bein fuhr. „Damit hab ich keine Probleme. Dir ist also nichts passiert?“
    Er nickte. „Du hast genau fest genug gezogen. Perfektes Timing. Ich bin mit ein paar Zentimetern normaler Schwerkraftbeschleunigung davongekommen. Außerdem bin ich senkrecht nach unten gefallen und nicht gestolpert, so wie du.“ Er grinste. „Und ich habe ein paar Jahre Landeerfahrung mehr als du.“
    „Hm.“ Sie seufzte. „Mein Rettungsversuch war vermutlich bescheuert.“
    Er nahm ihre Hand. „Kein bisschen bescheuert, Jess. Ich wäre mindestens drei Meter über dem Boden gewesen, wenn du mir keinen Ruck gegeben hättest. Das ist ziemlich hoch, um auf Beton aufzukommen, glaub mir.“ Er beugte sich über sie und küsste sie, dann lehnte er sich zurück. „Das war eine echt schnelle Reaktion unter hervorragendem Einsatz der Gesetze der Bewegung, glaub mir.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Wie schon gesagt: Danke, dass du mich

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