Der Riss
ein Albtraum gewesen sein. Wenn es um radikale Überarbeitung der Erinnerung geht, dann arbeite ich nur mit Starren. Was Cassie, wie ihr vielleicht bemerkt habt, nicht ist.
Alles andere wird warten müssen.“
„Wovon redet ihr bloß?“, fragte Cassie schläfrig.
Melissa lächelte und führte Cassie zurück zu den Bahnschienen. „Wir diskutieren, wie du diesen verrückten Traum morgen in Erinnerung haben wirst.“ Sie zwinkerte Rex zu.
„Aber übermorgen vielleicht nicht.“
„Sie wird den Leuten also davon erzählen?“, fragte Jonathan. „Und dann einen Tag später alles vergessen? Werden das nicht alle anderen seltsam finden? Ich meine, wahrscheinlich ist sie morgen in den Nachrichten.“
Rex zuckte mit den Schultern. „Sie ist ein Kind, sie ist krank, sie ist weggelaufen. Was soll’s also, wenn sie einen Tag lang wirres Zeug redet? Und wenn wir ihr morgen um Mitternacht einen Besuch abgestattet haben … “ Er hob eine Hand und schnippte mit den Fingern.
Bei dem Geräusch lief es Jessica kalt den Rücken hinunter.
Vielleicht hatten sie recht, und Gedankenlesen war der einzige Weg, das Geheimnis zu wahren. In den alten Zeiten, als Bixby von den Midnightern praktisch regiert wurde, hatten sie das wahrscheinlich andauernd getan. Trotzdem, besonders glücklich machte sie die Vorstellung nicht.
„Und Rex, soll ich sie draußen in der Sonne lassen?“, fragte Melissa vom Rand der Lichtung.
„Nicht nötig“, antwortete er. „Jessica hat uns beiden bereits eine blendende Dosis weißes Licht verpasst. Das hat bei mir funktioniert, als ich halb Darkling war, es müsste bei ihr also auch funktionieren. Treffen wir uns am Auto?“
„Sicher doch, Spiderman“, rief Melissa und winkte zum Abschied.
Jessica sah zu, wie die beiden zwischen den Bäumen verschwanden, und wunderte sich, wie fügsam und schläfrig Cassie geworden war, nachdem Melissa sie bei der Hand genommen hatte. Vielleicht lag es einfach an dem Schock, der das arme Mädchen nach all den Erlebnissen völlig überwältigt hatte. Madeleine hatte Dess’ Erinnerungen aber auch mit einer einzigen Berührung unterdrückt.
Melissa wurde von Tag zu Tag mächtiger. Jessica fragte sich, was sie wohl anstellen konnte, wenn sie auf jemanden richtig sauer wurde.
„Und, Jessica, bist du bereit, nach Hause zu fliegen?“, fragte Jonathan.
Sie sah Rex an. Er kam ihr immer noch erschüttert vor, als ob die Sache heute Nacht knapp gewesen wäre.
„Kommt ihr alleine klar, Rex?“
Er nickte. „Logo. Ich bleib noch ein bisschen und sehe mich um, ob es hier irgendwo Lehre gibt. Oder andere Hinweise, was mit der Stelle los ist. Ich glaube, ihr habt den Darklingen die Party versaut, wenigstens für den Rest der Stunde. Und Dess hat ihre …“
„Schwärmerisch Mathematische Zahlenkolonne“, ergänzte sie und stemmte den Speer stolz in die Höhe.
„Und was ist mit deinem Auto?“, fragte Jessica.
Er hob die Schultern. „Hole ich morgen.“
„Ich kann es in die Stadt fahren“, bot Dess an.
„Glaub ich nicht“, antwortete Jonathan.
Dess schnaubte verächtlich und stach ihm mit der Spitze von Zahlenkolonne in die Rippen.
Jessica stand da, rieb sich ihre verletzte Hand und hing trüben Gedanken nach. Sie hatten heute Nacht ein junges Mädchen gerettet, aber der Preis für die Rettung war, dass die Erinnerung an das wundersamste Erlebnis des Mädchens für immer ausgelöscht werden würde. Und Cassie Flinders war nur der Anfang, wenn die blaue Zeit riss, konnten mehr unglückliche Menschen in die geheime Stunde eintreten, wo hungrige Monster auf sie warteten. Und möglicherweise würde die normale Zeit zu Ende gehen.
Zu allem Überfluss wartete Beth vermutlich gerade jetzt in Jessicas Zimmer darauf, ihren heiligen Zorn über ihr auszuschütten, wenn sie nach Hause kam.
„Weißt du was?“, sagte Jessica. „Du kannst mich nach Hause fahren, wenn die geheime Stunde vorbei ist.“
Jonathan sah sie stirnrunzelnd an, während er sich den Rücken rieb. „Und die Sperrstunde?“
„Die riskiere ich. Ihr macht das ständig.“
„Was ist mit Beth? Ich habe ihr achtzehn Minuten versprochen.“
„Das riskiere ich auch.“
„Aber was …?“
„Jonathan, du musst mich noch nicht nach Hause bringen, okay?“ Sie nahm seine Hände und spürte, wie Schwerelosigkeit in ihren Körper strömte. „Diese Nacht war bis jetzt total scheiße. Vielleicht könnten wir einfach ein bisschen fliegen?
Einfach nur so. Wir können uns Zeit lassen, bis ich
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