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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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nach Hause muss.“
    Seine Stirn glättete sich, und auf seinem Gesicht breitete sich allmählich ein Lächeln aus.
    „Mit dem Heimweg Zeit lassen?“, fragte Dess grinsend.
    „Nennt man das heutzutage so?“
    Rex kicherte leise.
    Jessica ignorierte sie. Der aufregende Angriff der Gleiter hatte das gegenseitige Unverständnis in Bezug auf kleine Schwestern beseitigt. Und über seine Bemerkung, dass er Beth mögen würde, hatte sie sich zwar die ganze Zeit geärgert, aber jetzt fand sie das irgendwie süß.
    „Komm schon. Lass uns zusammen irgendwo hinfliegen“, sagte sie. Sie massierte sich die Schulter. „Wo wir gerade nicht mit Gleitern beworfen werden.“
    „Sag mal“, hob er an, nachdem er kurz nachgedacht hatte,
    „hast du den Fluss eigentlich schon mal gesehen?“
    „Den Arkansas?“ Jessica zuckte mit den Schultern. „Nur von der Brücke, bei unserer Herfahrt.“
    „Den Arkansas River hast du erst wirklich gesehen, wenn du ihn in der geheimen Stunde gesehen hast“, sagte Jonathan.
    „Regloses Wasser eignet sich perfekt, um Steine hüpfen zu lassen.“
    „Oh, cool.“ Sie versuchte einen Moment lang, die Gesetze der Bewegung auf dieses Phänomen anzuwenden, aber ihr neuer Physiklappen versagte. „Und wie funktioniert das?“
    Jonathan lächelte wieder, seine braunen Augen blitzten im Licht des dunklen Mondes. „Die Erklärung ist ein bisschen knifflig. Sie hüpfen aber viel mehr als auf dem normalen Wasser. Schwimmen macht auch Spaß.“
    „Okay“, sagte Jessica. „Ich könnte ein bisschen Spaß gebrauchen.“
    „Dann komm jetzt. Ich zeige es dir.“
    Jonathan reichte ihr seine Hand, und sie nahm sie.
    „Dann viel Spaß, ihr beiden“, rief Dess.
    „Danke“, antwortete Jessica. „Bis bald, Rex.“
    Der Seher nickte bloß, seine Hände zitterten immer noch.
    Dass sein Gesicht aschfahl war, sah man sogar im blauen Licht. Was war mit ihm passiert, bevor sie hier ankamen? Und warum war der Darkling weggerannt, als sie noch nach dem richtigen Weg gesucht hatten, während seine Lakaien versuchten, sie aufzuhalten?
    Sie schüttelte ihren Kopf. Rex und Melissa hatten offensichtlich immer noch Geheimnisse vor ihnen.

    Sie sprangen hoch und über die Bäume, fanden den Rückweg an der Bahnlinie entlang und dann über Jenks hinweg, bis Jessica in der Ferne den Fluss schimmern sah. Aus der Luft sah er wie ein riesiger Schlangengleiter aus, der sich von den Bergen hinabwand, im kalten Licht des dunklen Mondes leuchtend.
    „Weißt du“, sagte Jonathan, während sie flogen, „vielleicht ist es besser für Cassie. Das Ganze zu vergessen.“
    „Kann sein. Kommt mir aber nicht fair vor.“
    „Schon, aber denk dran, wie sehr sich ein Kind wie sie fürchten muss. Wenn sie weiß, dass all diese seltsamen Kreaturen jede Nacht über sie hinwegkriechen, wenn sie eine Stunde erstarrt ist.“
    „Da hast du wahrscheinlich recht“, gab Jessica zu. „Mir macht es schließlich auch Angst, und dabei bin ich der mächtige Taschenlampenbringer.“
    „Und zur Angst käme dazu, dass jeder sie für total durchgeknallt erklären würde. Irgendwann wird sie ihnen dann auch noch recht geben, da sie die blaue Zeit nie wieder sehen wird.“
    Sie landeten auf einem strandähnlichen Stück, einem schmalen Streifen vertrockneter Erde mit vereinzelten Grasbüscheln. Der Fluss breitete sich vor ihnen aus, reglose kleine Wellen glitzerten wie Schuppen aus Diamant, in denen sich das zersplitterte Bild des dunklen Mondes spiegelte.
    Es sah wunderschön aus, aber Jessica fröstelte.
    „Ist dir etwa kalt?“
    „Nein. Hier ist es immer warm.“ Sie schüttelte den Kopf.
    „Ich habe mich nur gefragt, ob Cassie die blaue Zeit wieder sehen wird. Ich meine, was ist, wenn Dess recht hat? Was ist, wenn die geheime Stunde ganz Bixby verschluckt – oder so gar die ganze Welt –, und zwar für immer? Und wir alle werden hineingesogen, so wie Cassie? Autos und Elektrizität funktionieren plötzlich nicht mehr, und die Leute können auch kein Feuer mehr machen. Nur wir fünf wissen, wie man sich mit Wörtern aus dreizehn Buchstaben und Edelstahl schützt. Wie geht es dann weiter?“
    Er drückte ihre Hand. „Dann werde ich kommen, um dich zu holen, wo du auch bist. Wir werden klarkommen.“
    „Aber all die anderen?“
    Er blickte nachdenklich über den Fluss und nickte langsam.
    „Ich würde sagen, alle anderen haben ein fettes Problem.“

miss vertrauen
    7.15 Uhr morgens
9
    Am nächsten Morgen an der Küchentür atmete Jessica

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