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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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zur rechten Zeit. So bin ich.“
    „Wovon redet ihr beiden eigentlich?“, fragte ihre Mutter.
    Jessica warf ihrer Schwester einen bösen Blick zu. Sollte sie ruhig weiterplappern und vor ihrer Mutter alles ausposaunen: Dass sie sich gestern Nacht hinausgeschlichen hatte, mit Jonathan, alles, was sie wollte. Jessica dachte mit Freuden daran, dass Beth noch so viel spionieren konnte, sie würde nicht einmal die Hälfte von dem erfahren, was wirklich los war.
    Und außerdem, was machte es für einen Unterschied, wenn sie Ärger bekam? Gestern hatte Jessica erfahren, dass alles, was sie kannte, jederzeit verschwinden konnte – in einer Woche vielleicht, oder gleich heute Morgen – ihre ganze Realität von den Darklingen verschluckt. Ganz sicher würde sie sich bis dahin nicht von einem kleinen Keks wie Beth herumschubsen lassen.
    Außerdem konnte ihr Freund fliegen. Hausarrest war insofern nur ein relativer Zustand.
    Sie starrte Beth an und dachte: Na los doch.
    „Nichts“, sagte Beth schließlich. „Wir machen bloß Spaß.
    Keine große Sache.“
    Ihre Mutter zog eine Augenbraue hoch, aber dann seufzte sie nur und sah auf ihre Uhr. „Okay, wie ihr wollt. Ich bin spät dran. Macht euch einen schönen Tag, ihr beiden.“ Sie sah Jessica an und hielt ihr Handy hoch. „Ruf mich und Dad an, wenn du nach der Schule irgendwas vorhast, okay?“
    „Klar, alle beide. Kein Problem.“
    Beths Toast sprang hoch, und Jessica trug ihn zum Teller ihrer kleinen Schwester. „Bitte sehr.“

    „Ich danke dir, Jess. Siehst du, Mom? Perfektes Benehmen.“
    „Das ist schön, Beth. Tschüss, ihr beiden.“
    Die Schwestern verabschiedeten sich, dann warteten sie schweigend, als ihre Mutter ihre schwere Tasche über ihre Schulter hievte und mit verhallenden Schritten den Flur hinunterging. Die Eingangstür wurde geöffnet und geschlossen.
    Jessica wandte sich an ihre Schwester, die nachdenklich auf ihrem Toast herumkaute. „Ich muss mich wohl bei dir bedanken.“
    „Wofür?“
    Jessica schluckte. „Dass du Mom nicht … alles verraten hast.“
    Beth zuckte mit den Schultern.
    „Wie ich dir gesagt habe, Jess, will ich nicht, dass du Ärger bekommst. Ich will nur wissen, was hier in Bixby abgeht.“ Sie schenkte ihrer älteren Schwester ein süßes Lächeln. „Und das werde ich auch … so oder so.“

abgespeichert
    11.49 Uhr nachts
10
    Der Gedankenlärm in Jenks grummelte zu dieser nächtlichen Stunde leise. Ein ziemlich großer Prozentsatz der Einheimischen schien wach zu sein – von denen sich die meisten den späten Müll im Fernsehen ansahen –, die Gegend war aber im Vergleich mit Bixby dünn besiedelt. Die sparsam verteilten Gehirne sprenkelten die geistige Landschaft wie faule Glühwürmchen.
    „Jemand in der Nähe der Gleise?“
    Sie schlug die Augen auf, leckte sich die Lippen und schüttelte den Kopf. „Nein, Rex. Nichts Größeres als ein Eichhörnchen.“
    Ihr alter Ford parkte auf demselben Feld wie in der vergangenen Nacht, vor dem lang gestreckten Hügel, auf dem die Bahnlinie verlief. Melissa konnte zwischen den Bäumen kein menschliches Wesen schmecken, womit ein Problem beseitigt war.
    Rex war fast wieder der Alte und fürchtete sich nicht mehr bei jeder Gelegenheit. Er hatte sich Sorgen gemacht, Cassie Flinders könnte ihren Freunden erzählt haben, was sie gestern Nacht alles gesehen hatte – oder schlimmer: sie hätte alles in den Lokalnachrichten ausgeplaudert.

    Melissa musste allerdings zugeben, dass ein Haufen Abenteurer an den „verhexten“ Bahngleisen nervig gewesen wäre.
    Draußen an der Schlangengrube war es schon schlimm genug, wenn man über starre Teenager krabbeln und mit sogenannten magischen Steinchen spielen musste. Aber dieser Riss in der blauen Zeit war wirklich gefährlich – sie konnten keine weiteren Cassies gebrauchen, die übertraten und eine Menge Unannehmlichkeiten verursachten.
    Als Melissa ihren Geist über die Kontorsion schweifen ließ, wurde ihr bewusst, dass sie den Riss schwach schmecken konnte. Dieser Ort hatte etwas Unnatürliches und undefinierbar Falsches an sich, wie der Chlorgeruch auf der Haut nach dem Schwimmen. Sie rümpfte die Nase und fragte sich, ob der Riss seit gestern Nacht größer geworden war oder ob er sich nur bei einer Finsternis erweitern würde.
    „Ist vielleicht noch zu früh“, flüsterte er. „Die Gerüchte, die Cassie in die Welt gesetzt hat, konnten sich noch nicht richtig verbreiten.“
    „Wir können auch morgen Nacht

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