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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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das Licht und ging aus.
    „Hatte ich mir gedacht“, meinte Rex. „Die chemische Reaktion in einer Batterie ist zu kompliziert, um sich selbst zu erhalten – wie ein Automotor. Aber wenn Jessica eine Handvoll Taschenlampen einschaltet, können wir etliche Leute gleichzeitig schützen.“
    „Schon, irgendwann. Aber das hier passiert um Mitternacht, Rex“, warf Jonathan ein. „Die Leute werden über ganz Bixby verteilt sein. Wie sollen wir die alle ohne Radio oder Telefon unter einen Hut kriegen?“
    „Wir kriegen nicht alle unter einen Hut, Jonathan. Wir retten so viele wie möglich.“
    Sie schwiegen alle wieder eine Weile.
    Dess spürte, wie sich ein scheußliches Gefühl in ihrem Magen breitmachte. Zum ersten Mal fing sie an, diese Sache mit dem Weltuntergang ernst zu nehmen. Hier ging es nicht um die Rettung eines einzelnen Kindes. Das Leben von zahllosen Fremden hing von ihnen ab. Sie waren nur zu fünft.
    Wie viele Leute konnte ein Darkling in einer Nacht verspeisen? Wie viele Darklinge gab es insgesamt? Bei dieser Rechnung platzte ihr fast der Kopf. Zahlen waren in Ordnung, wenn sie abstrakt blieben: Koordinaten oder Computerbits oder Sekunden von jetzt bis Mitternacht. Wenn sie aber Menschenleben repräsentierten, dann wurde die Vorstellung von all diesen Zahlen in einer Reihe plötzlich abscheulich.
    Doch Rex stand da und plante gelassen die lange Midnight.
    „Als Erstes müssen wir uns was ausdenken, wie wir so viele Leute wie möglich wach kriegen“, erklärte er. „Dann sollten wir uns ein Signal ausdenken, das man überall in der Stadt sehen kann. Das wird hoffentlich dafür sorgen, dass sich die Leute sammeln. Und zum Schluss brauchen wir eine Möglichkeit, wie wir sie alle gegen die Darklinge verteidigen können.“
    Rex zog eine Rakete hervor. „Ich hab mir gedacht, mit Feuerwerk kann man alle drei Sachen auf einmal erledigen.“
    Dess nickte. Rex ging zwar ziemlich kaltherzig an die Sache dran, brachte aber wenigstens was Sinnvolles zustande. Als Jessica ihr Talent gerade entdeckt hatte, hatte sie aus Neugier versucht, Goldregen in der blauen Zeit anzuzünden, die Feuerräder waren aber immer nach wenigen Metern ausgegangen.
    Im Innern des Risses würden sie allerdings weiterbrennen – als kurzfristige Antidarklingflammenwerfer.
    Jessica stand nur da und hörte verblüfft zu. Erst als Rex den Stiel der Rakete in den Kies steckte, riss sie sich zusammen.
    Auf Knien setzte sie die Zündschnur in Brand, dann trat sie zurück, als die blendenden Funken am Raketenkörper entlangwanderten …
    Mit einem Zischen schoss sie gen Himmel, vielleicht fünf Meter hoch, dann verlosch die Flamme plötzlich.
    „War das ein Blindgänger?“, fragte Jonathan.
    „Nein.“ Dess schüttelte den Kopf. „Der Riss ist dreidimensional. Oben geht er nur bis dahin.“ Sie konnten die erstarrte Rakete am Rand des Risses über ihnen erkennen, wo sie bis zum Ende der Finsternis bleiben würde, um dann weiterzufliegen.
    Rex fing wieder an, über Verkehrsflugzeuge zu reden, die so hoch fliegen würden, dass sie der Riss an Samhain nicht erwischte.
    Dess hatte genug über Flugzeugunfälle gehört. Sie wandte sich ab und ging zum Rand des Risses, wobei sie sich fragte, ob er immer noch wuchs.
    Von Rex wollte sie eigentlich nur, dass er seine Darklingphobie gegen Zahlen überwand und ihr die exakten Daten und Zeiten aller bevorstehenden Finsternisse aufschrieb.
    Wenn er mit seinem mathelädierten Hirn ein Muster erkennen konnte, würde Dess ganz sicher analysieren können, was los war. Dann konnten sie zu fünft etwas Sinnvolleres für Bixby tun, als mit Raketen zu zündeln.
    Beispielsweise einen Weg finden, um diese Sache zu stoppen.
    Plötzlich hörte Dess hinter sich Kies knirschen. Sie wirbelte herum – es war Melissa.
    „Fass mich nicht an!“, fauchte sie.
    Melissa hob abwehrend die Hände. „Entspann dich. Ich werde dich nicht zwingen.“
    „Mich zwingen! Du wirst überhaupt nichts mit mir anstellen.“
    „Hör zu, Dess, ich war dabei, als Madeleine Rex’ Erinnerungen aufgemacht hat. Ich kann sie dir geben.“
    Dess schüttelte den Kopf.
    „Tut mir leid, was ich dir angetan habe, Dess, okay? Aber wir müssen es wissen. Ich weiß, dass du weißt, wie ernst diese Sache ist.“
    Dess wandte sich ab. Natürlich, die Gedankenleserin hatte ihren Ekel geschmeckt.

    „Vielleicht gibt es einen Weg, das hier zu verhindern, Dess.
    Aber den kannst nur du finden.“
    Ein Bild, wie Darklinge in Bixby wüteten, tauchte

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