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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in den Rücken, den sieht niemand. Und der wird tödlich sein!«
    Boltenstern ging unruhig im Zimmer hin und her. Welche Frau! dachte er erschrocken. Welche Gemeinheit hinter dieser wunderschönen Maske von weiblicher Grazie und begehrenswertem Stolz! Mit der gleichen Kälte wird sie auch mich vernichten, wenn ich in ihrer Hand bin und nicht mehr willens sein würde, ihren Launen zu folgen.
    »Ich muß etwas Bedenkzeit haben«, sagte Boltenstern heiser.
    »Sie brauchen Bedenkzeit, wenn ich mich Ihnen anbiete?« sagte Brigitte Teschendorff grob.
    »Es ist ein Handel!« schrie Boltenstern voller Qual. »Wenn Sie wüßten, was Sie von mir verlangen …«
    »Ich bin noch niemandem etwas schuldig geblieben.«
    »Und – wann?«
    »Wenn der Antrag gestellt ist, sprechen wir uns genau darüber ab.« Sie hatte sich erhoben und sprach über die Schulter.
    Baron v. Boltenstern begleitete Brigitte Teschendorff bis zur Tür seiner Villa. Dort wollte er ihr beim Abschied den Nacken küssen, während er ihr in den Mantel half. Sie bog den Körper nach vorn und wirbelte auf den Absätzen herum.
    »Wir hatten keinen Vorschuß vereinbart!« sagte sie voller Spott.
    »Sie wären einen Mord wert!« keuchte Boltenstern.
    Sie öffnete die Haustür und drehte sich halb zu Boltenstern zurück, der hinter ihr stand und ihr süßliches Parfüm einatmete. »Wann höre ich von Ihnen, Baron?«
    »Ich werde morgen alles arrangieren.«
    »Gut.« Sie gab ihm die Hand und lächelte ihn an. Ihre unschuldsvollen Augen, hinter denen im Gehirn ein Vulkan von Gemeinheit lag, jagten Boltenstern einen Schauer über den Rücken. »Und tun Sie nächstens den dummen Cognac weg – ich trinke lieber Whisky oder Sekt …«
    Boltenstern blieb in der Tür stehen, als sie durch den Vorgarten zu ihrem Wagen ging. Er sah ihr nach mit einem Gefühl von Angst und Begehren. Wie sie geht! dachte er. Sie schwebt fast. Lautlos gleitet sie über den weißen Kiesweg. So schleichen Katzen sich heran, Raubtiere, gnadenlose Bestien.
    »Ich liebe sie!« keuchte er außer Atem. »Ich bin wahnsinnig geworden!«
    Die Unterredung zwischen Professor Dr. Bergh und Dr. Czernik blieb unbekannt und geheim.
    Am frühen Morgen, ohne Frühstück zu sich genommen zu haben, fuhr Bergh zur Klinik.
    Der Nachtportier, gerade sein Butterbrot auspackend und einen Schluck aus der Thermosflasche nehmend, schnellte von seinem Korbstuhl hoch, als er Professor Berg durch die gläserne Eingangstür kommen sah. Er rannte zum Telefon und alarmierte das Haus. Zunächst schellte er die Arztwache hoch.
    »Der Alte kommt!«
    Bergh drückte die Tür zum Arztwachraum auf. »Guten Morgen, meine Herren!« sagte er freundlich. »Lassen Sie sich nicht stören! In zehn Minuten bitte ich um den Bericht der vergangenen Nacht.« Ehe sich noch Dr. Berendt fassen oder eine Antwort finden konnte, klappte die Tür schon wieder zu.
    Schwester Angela auf der Station P I traute ihren Augen nicht, als sie das Zimmer zwei betrat, um nach Clemens Moosbaur zu sehen und ihm das Fieberthermometer in den Mund zu stecken. Er hatte die ganze Nacht über in einer Art Agonie gelegen – steif, kaum atmend, den Dauertropf in der rechten Armvene, nicht ansprechbar, auf einem dünnen Seil zwischen Tod und Leben balancierend. Wortischek, der in der Nacht aus Interesse und Sorge um Bergh in das Zimmer sah, hatte die Schultern gehoben und Schwester Angela aus seinen dumpfen, dunklen Augen angestarrt. »Der geht hops«, hatte er leise gesagt. »So 'ne Bauchfellsache ist auch heute noch 'n Risiko.«
    »Du mußt es ja wissen, großer Meister!« hatte Angela gesagt.
    »Ich habe hier einige Hunderte sterben sehen.« Wortischek hatte Moosbaurs Hand genommen. Sie war kalt, schweißnaß und gelbweiß. »Der ist schon mit einem Bein und drei Zehen des anderen Beins im Sarg …«
    Nun saß Bergh selbst am Bett. Schwester Angela wollte schnell das Zimmer wieder verlassen, aber der Chefarzt winkte ihr zu.
    »Bleiben Sie, Schwester Angela!«
    »Bitte, Herr Professor.«
    »Wie war die Nacht?«
    »Schlecht. Wie jetzt.«
    Bergh hatte den Verband abgenommen. Aus dem Drain lief kein neues Exsudat. Aber der Leib war noch aufgetrieben und hart. Es dürfte sich Gas gebildet haben, nachdem die Antibiotika die Infektion vernichtet zu haben schienen. Die konservative Peritonitisnachbehandlung mit Anregung der Darmperistaltik durch Wärmekästen, Glycerinspritzen, Physostigmin oder Prostigmin schien vorerst völlig unmöglich zu sein. Das einzige, was man tun

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