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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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morgens um fünf Uhr dreiundzwanzig. Da kamen Sie wieder heraus. Und der Baron stand in der Tür in einem Morgenmantel und mit im Morgenwind flatternden Pyjamahosen …«
    »Das ist gelogen!« keuchte Brigitte. Sie war fahl im Gesicht, sie fiel zusammen. Das Fleisch und die Haut ihres Gesichtes schienen zu schrumpfen.
    »Ich habe die Beweise mitgebracht.« Gabriele Orth griff in ihre Tasche und reichte Brigitte vier vergrößerte Fotos hin. Mit spitzen, zitternden Fingern nahm Brigitte sie an. Als seien sie mit Gift bestrichen oder röchen nach Kloake, betrachtete sie die Aufnahmen mit ausgestrecktem Arm.
    Brigitte Teschendorff aus der Garage kommend …
    Brigitte Teschendorff aus dem Haus kommend. Morgendämmerung …
    Brigitte Teschendorff in den Wagen steigend. Baron v. Boltenstern in der Tür stehend, im Morgenmantel und mit …
    Sie ließ die Fotos aus der Hand fallen. Sie flatterten zu Boden, den Füßen Gabrieles entgegen, die einen Schritt zurücktrat, um nicht daraufzutreten.
    »Das sind Fälschungen!« stammelte Brigitte.
    »Ich bin bereit, jedem Notar die Negative vorzulegen.«
    »Man kann in der Nacht nicht ohne Blitz fotografieren. Und den Blitz hätte ich gesehen!«
    »Es gibt die neue Erfindung der Infrarot-Fotografie. Für diese existiert keine Nacht!«
    »Sie sind ein Teufel!« Brigitte stieß sich von dem Sessel ab und ging in dem großen Zimmer auf und ab. Während sie ging, wurde sie ruhiger. Die Angst fiel von ihr ab, da sie nun wußte, welche Waffe ihre Gegnerin besaß. »Was wollen Sie mit den Bildern machen? Meinem Mann zeigen? Ich habe mit Martin schon meine Ehe aufs Spiel gesetzt – ich würde es noch einmal tun, wenn ich Martin damit weiter schaden kann und vor allem Ihnen!«
    »Und die Öffentlichkeit?«
    »Sie wollen mich erpressen?«
    »Ich möchte Sie nur anregen, eine Fürsprecherin für Martin zu werden. Weiter nichts. Ich will Sie zu einer guten Tat zwingen!«
    »Ich soll Bergh seinen alten Ruhmesglanz wiedergeben, damit Sie ihn heiraten können?«
    »Das kann ich auch, wenn er von aller Welt verachtet wird. Dann gerade, denn dann braucht er einen Menschen, der an ihn glaubt und der ihn wieder aufrichtet.«
    »Sie sollten Leutnant der Heilsarmee werden!« rief Brigitte Teschendorff. Neue Erregung überspülte ihren klaren Verstand. Der Gedanke, daß dieses Mädchen als Frau Bergh in Martins Armen liegen würde, zerriß ihre Nerven und zerkochte ihr Gehirn bis zum Wahnsinn. »Sie sind widerlich mit Ihrem seelischen Getue!« schrie sie schrill. »Erpressen wollen Sie mich, weiter nichts. Aber ich zeige Sie an! Ja, ich zeige Sie an! Ich lasse Sie ins Zuchthaus stecken! Dann paßt ihr gut zusammen – die Zuchthäuslerin und der Arzt, der seine Patienten zum Krüppel operiert! Welch ein Gespann, oh, welch ein Gespann!« Sie lachte hysterisch, bog sich zurück, schlug mit den Armen um sich und lachte – lachte … Dann plötzlich verstummte sie. Die Stille war unheimlich, die auf einmal in dem großen Zimmer lag. Die beiden Frauen starrten sich an, und jede von ihnen wußte, daß es kein Zurück mehr gab. Nur eine Aufgabe, ein Niederwerfen der anderen, ein brutaler Sieg …
    »Ich gebe Ihnen für die Bilder hunderttausend Schillinge.«
    »Nicht für eine Million bekommen Sie sie. Die Fotos sind meine einzige Waffe gegen Sie für Martin! Sie wollten ihn vernichten und warfen Ihre Schönheit als höchsten Preis in den Kampf. Es war ein Selbstmord! Denn Sie werden Martin beistehen, Sie müssen ihn jetzt rehabilitieren!«
    »Und wenn ich Baron v. Boltenstern heirate?«
    Gabriele Orth lächelte. Es war ein Lächeln des ehrlichen Mitleides. »Bitte fragen Sie ihn, ob er es will …«
    Brigitte senkte den Kopf. Sie brauchte Boltenstern nicht zu fragen. Sie kannte seine Antwort. Die Verlorenheit ihrer Position, ihre ganze Hilflosigkeit, der sinnlos gewordene Kampf gegen die grausame Wahrheit, Martin Bergh wirklich für immer verloren zu haben – alles senkte sich auf sie herab wie eine schwere Grabplatte, mit der sich die Welt vor ihr verschloß.
    Sie sah Gabriele Orth an, mit weiten, flatternden, angstschreienden Augen. Dann brach sie zusammen und fiel neben dem Sessel auf den Teppich.
    Hart schlug ihr Kopf gegen das Bein eines Tisches.
    Gabriele Orth faßte sich schnell. Sie entdeckte eine Karaffe Wasser und goß deren Inhalt über den Kopf Brigittes. Sie tat es mitleidlos, aber auch ohne Schadenfreude. Neben ihr stehend, beobachtete sie, wie sie aus der Ohnmacht erwachte. Brigitte

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