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Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Titel: Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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erfreulicherweise vollständig intakt, aber an eine Rückfahrt nach Moritzburg konnte ich nicht denken, da in Richtung Elbe überall der Schein sich ausdehnender großer Brände zu beobachten war.
     
    Dresden Der Leutnant Dieter Wiechmann *1922
    So gegen 22 Uhr wurde es ruhig und wir gingen wieder auf unsere Zimmer. Da sah es wüst aus. Die von uns offengelassenen Fenster waren nur wenig zersplittert, aber alles war voll Mörtelstaub. Wir machten notdürftig wieder Ordnung und waren heilfroh, wieder gesund hier oben zu sein.
    Auf einmal stand mein Vater in der Tür, bekleidet mit seinem Ledermantel, einen Stahlhelm auf dem Kopf und seine 08-Pistole umgeschnallt. Wir fielen uns überglücklich in die Arme. Er erzählte, daß unsere Wohnung bis auf Glasschaden unversehrt geblieben sei. Die Pistole hatte er wegen eventueller Plünderer oder sonstiger Krimineller mitgenommen.
    Nachdem er sich überzeugt hatte, daß ich unversehrt war, begab er sich auf den ca. 5 km langen Rückweg zurück in die Tiergartenstraße.
     
    Dresden Liesbeth Flade
    Nicht länger als 20 Minuten dauerte es – dann konnten wir wieder hinauf. Zwar hatten wir Grund, dankbar zu sein – noch war außer einigen Fensterscheiben nichts kaputt, aber wir sahen den glutroten Himmel über der Stadt, auch auf der Schäferstraße waren einige Häuser getroffen, die Menschen strömten nach den Vororten. Zwei Familien von der Schäferstraße suchtenbei uns Zuflucht, ich nützte jede Möglichkeit, um alle etwas zur Ruhe zu bringen. Maria schlüpfte mit ihrem Teddy Puhz zu Schließers eine Treppe höher. Vati ging sofort los, um seine Kommandos zu kontrollieren. Ich stellte das schöne Azaleenstöckchen, das ich für Frau Schließer zum Geburtstag gekauft hatte, noch vom Fenster weg auf die Diele im Erker.
     
    Dresden Ein Luftschutzmelder *1929
    Nach dem Angriff bin ich sofort nach Hause gelaufen, und als da nichts mehr zu tun war, begab ich mich »befehlsgemäß« als Melder zum Einsatz.
    Auf der meinem Wohnbezirk zugehörigen Ortsgruppe der NSDAP herrschte ein ziemliches Durcheinander, und es gingen laufend Meldungen über Verluste und Schäden ein. Als darüber dann so einigermaßen eine Übersicht bestand, erhielt ich zusammen mit einem gleichaltrigen Kameraden den Auftrag, diese in einem Bericht zusammengefaßten Meldungen an die übergeordnete Gauleitung nach der Altstadt in der Nähe des Hauptbahnhofes zu bringen.
    Mit Luftschutzhelmen, Gasmasken und Fahrrädern versehen, machten wir uns dann auf den Weg in die bereits schwer getroffene Innenstadt.
     
    Dresden Christian Just *1929
    Im 4. Stock lief ich schnell durch unsere Wohnung: kein Feuer; dann auf den Dachboden – nunmehr ohne Ziegel –: auch kein Feuer. Wir waren glimpflich davongekommen! Aber das Hinterhaus Zirkusstraße 15 brannte von oben bis unten lichterloh. Und so weit man sehen konnte – von unseren Fenstern hatten wir einegute Aussicht in Richtung Stadtmitte – flackerten überall Brände auf. Es wurden mehr, die Brände wurden größer, und auf einmal begannen Funken zu fliegen, durch die zerbrochenen Scheiben in die Wohnungen. Ich habe die Gardinen herabgerissen und die zerfetzten Verdunklungsvorhänge, die ins Freie flatterten.
    Mit einem Mal aber wurde klar: ganz Dresden brennt. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Ich sagte zu meiner Mutter, wenn alles brennt, können wir unser Haus nicht allein retten. Da machten wir uns auf den Weg mit wenigen Habseligkeiten mehr zufälliger Art. Als wir aus dem Haus traten, sahen wir, daß tatsächlich schon alle anderen Häuser der Zirkusstraße in den obersten Stockwerken brannten. Wir gingen in Richtung Johann-Georgen-Allee... Großer Garten bis zum »Bau«. Es waren viele Menschen unterwegs, auch ein Auto. Der Bau war ein Stück Ödland zwischen Albrecht- und Lennéstraße, auf dem mit dem Bau eines Parteihauses begonnen worden war, was aber nicht weiter vorankam wegen des Krieges. Wir gingen zu den dort lagernden Steinquadern und setzten uns zwischen sie, meine Mutter und ich.
    Da saßen wir nun mit vielen anderen, die hier Zuflucht gesucht hatten. Die Steine schützten ein wenig vor dem Wind, und die brennenden Häuser der Albrechtstraße und der Johann-Georgen-Allee sorgten für eine erträgliche Temperatur...
     
    Dresden Eine Schülerin
    Nun hatten wir Ruhe, wir dachten, für diese Nacht aufjeden Fall, und dann konnte man immer noch weitersehen; aber wir wußten und ahnten nicht, was unsnoch alles bevorstand. Einige Hausbewohner gingen

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