Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
Höhe als stürmisch und unangenehm empfunden.
Dresden Katharina Tietze
Bald erschien ein Luftschutzwart, wohl Blockwart, der alle in die Wohnungen schickte, Funken zu löschen. Bei uns sah es schon böse aus, die Fenster heraus, Gardinen herunter, Türen fast alle aus den Angeln, lagen zum Teil im Wege, Schränke waren viele aufgerissen und Splitter, Scherben und anderes lagen herum. Natürlich schlugen überall die Flammen zu den Fensterhöhlen herein. Wir sahen bald ein, daß hier und bei diesem gewaltigen Feuersturm, der sich erhoben hatte, kein Löschen mehr möglich war. Deshalb wollten wir wieder hinuntergehen und standen schon alle drei an der Korridortür, als der zweite, ganz furchtbare Angriff begann. Es polterte, rüttelte und schüttelte ganz unglaublich um, über und unter uns. Wir hielten uns an der Tür fest und wurden mit dieserherumgebeutelt. Vater sagte: »Das ist unser Untergang«, ich: »Da müssen wir eben untergehen!« Doch noch war es uns nicht bestimmt. Auch dies furchtbare Erleben nahm ein Ende. Der Angriff ebbte ab, und wir drei gingen wieder hinunter. Daß wir dort heil ankamen, war ein großes Wunder, über Glas und sonstige Splitter, bei jedem Flurfenster durch starken Funkenregen. Im Keller, wo die übrigen Hausbewohner schon gelandet waren, machte sich schon etwas Rauch breit; denn im Nachbarkeller, dem des Hauses Nr. 25, brannten bereits Kohlen. Der Durchbruch nach drüben war geöffnet und unser Keller nun reichlich voll Menschen. Die Öffnung war so gut es ging wieder zugesetzt. Doch vorher hatten wir versucht, durch die Kellergänge der 23, 21 usw. irgend mal nach einem Ausgang ins Freie zu gelangen; leider ein Ding der Unmöglichkeit, nirgends war ein Entkommen! Wir gerieten immer mehr in Rauch und Hitze, kehrten deshalb wieder um und waren ordentlich froh, endlich wieder im eigenen Luftschutzkeller zu sein. Ich war vollkommen erledigt, habe das letzte Stück zum Teil auf allen Vieren zurückgelegt. Da saßen wir nun also wieder, eingeschlossen, wie in einer Mausefalle: vor den Kellerfenstern die großen Cementblöcke, rechts und links von unserm Keller Feuer; denn bald brannte auch die Backstube aus. Dadurch fing auch die äußere Tür der Gasschleuse Feuer und verbrannte. Um in dem Qualm noch atmen zu können, tauchten wir Tücher in Wasser und hielten sie vor den Mund.
Natürlich kamen immer wieder neue Wellen von Flugzeugen, man hörte mehr und mehr Bomben fallenund das Haus über sich nach und nach zusammenstürzen. Wir warteten schon ganz ergeben, wann das Kellergewölbe uns erdrücken würde, doch das hielt stand. Als alles Brennbare von den Flammen verzehrt war und der Qualm mehr und mehr Abzug ins Freie fand, konnte man wieder leichter atmen und hoffte auch von neuem, doch noch mal ans Tageslicht zu gelangen. Einige jüngere Leute waren ja mit umgehängten Decken hinausgeflohen; aber dann war das auch nicht mehr möglich, und die ältere Generation wartete, bis das Feuer mehr und mehr nachließ.
Dresden Ein Rittmeister
Der Keller hatte einen Durchbruch zum Nachbarhaus. Jemand öffnete ihn. Dabei ergab sich, daß das Nachbarhaus schon stärker heruntergebrannt war; durch die Öffnung drangen Rauchschwaden. Ich sagte den Menschen, daß wir heraus müßten, wenn wir nicht ersticken wollten, und gab den Rat, ihre Mäntel in das Wasser der Löschgefäße zu tauchen. Das taten aber nur wenige; besonders die Frauen scheuten sich, ihre Pelzmäntel zu ruinieren. Schließlich brachte ich einen Teil dazu, sich auf der Kellertreppe vor dem Ausgang aufzustellen, um, wenn ich »los« rief, auf die Straße zu laufen. Als ich das Kommando gab, scheuten die meisten vor den Flammen zurück. Als ich nochmals »los« schrie und selbst losrannte, folgten nur wenige. (Etwa 4 oder 5 Tage später kam ich zu dem Haus zurück, fand es bis zum Keller heruntergebrannt, den Keller aber unversehrt, in dem etwa 40 Tote lagen.)
Dresden Ein RAD-Führer
Beim Nachlassen des Angriffs suchte ich als erster, zumal durch die enorme Hitze das Atmen infolge des Sauerstoffmangels immer schwerer wurde, nach einem Fluchtweg. Als ich in die Nähe des Hauseingangs kam, stellte ich fest, daß wir von Feuer ringsumher eingeschlossen waren. Durch die Straßen fegten mit ungeheurem Sog riesige Flammen, brennende Balken stürzten herab, die Funken fielen in dichtem Regen, und beißender Qualm behinderte jede Sicht. Es war gänzlich ausgeschlossen, hier aus dem Haus zu gelangen, ohne daß man sofort in
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