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Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)

Titel: Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Nacht heran. Die Bilder, die sich ihnen boten, erfüllten selbst die in der äußeren und inneren Not von hundert Brandnächten hart gewordenen Männer dieser Einheiten mit Entsetzen und Grauen. Die unter dem Bombenhagel und den Zerstörungsbränden zusammenbrechenden Straßenzüge versperrten die Fluchtwege ins Freie und überantworteten viele Tausende dem Feuertod. Es erhob sich ein rasender Feuersturm, dessen übernatürlicher Sog viele Flüchtende widerstandslos in die Flammen riß.
     
    Dresden Der Luftschutzpolizist Albert Birkee
    Man ruft nach mir. Ich werde einem Major vorgestellt, der vor einer Stunde hier [Befehlsstelle Albertinum] eintraf. Seine vier motorisierten Hilfs- und Sanitätsbereitschaften warten, von Frankenberg kommend, auf der Autobahn zwischen Dresden und Wilsdruff auf Einsatzbefehl. Der Wagen des Majors und die anderen Pkw sind vor dem Albertinum zerstört. Wenn mein Wagen noch in Ordnung ist, soll ich den Major und einen Feldwebel auf die Autobahn bringen und die einzelnen Züge an ihre Einsatzstellen lotsen. Ich wittere eine Gelegenheit, in die Nähe meiner Wohnung zu kommen.
    Im Freien verschlägt es mir den Atem. Ringsum ein prasselndes, loderndes Flammenmeer, wir können uns kaum noch verständigen. Ich schreie nach dem Major, der einen Meter von mir entfernt ist, den ich aber in den erstickenden Rauchwolken nicht mehr sehen kann, ich fasse ihn am Ärmel und führe ihn zu meinem Wagen, der, es ist ein Wunder, unversehrt am Fuße des jetzt im Dachstuhl brennenden Albertinums steht. Schnell steigen wir ein, es fehlt an Sauerstoff, die Augen schmerzen. Der alte Adler springt tatsächlich treu und brav an, ich wende und fahre zur Carolabrücke. Elbaufwärts, elbabwärts Feuer und nochmals Feuer. Sogar die steinerne Albertbrücke scheint von Flammen umschlossen...
    Auch die Neustädter Seite brennt. Wir sind im Feuerschein des Zirkus Sarrasani, als es unvermittelt dunkel um uns wird, ein ohrenbetäubendes Poltern und Knirschen, gleich wird es wieder hell. Neben uns schaukelt ein Teil der kupfernen Zirkuskuppelverkleidung.
    [...] Den Straßenbahnschienen folgend biege ich in die Ostra-Allee ein. Es gelingt, über Steinbrocken und glimmende Balken bis zum Zwinger vorzustoßen. Dicke uralte Baumriesen versperren zersplittert die Straße. Reste eines verkohlten Lastwagens, Bombenkrater vor dem Schauspielhaus, im Zwingerwall. Ich kann nicht weiter. Wir steigen aus. Ich erkläre meinen Fahrgästen den Weg zum Adolf-Hitler-Platz. Sie sollen versuchen, am Zwingerteich vorbei durchzukommen. Ihr Ziel ist dort, wo hinter dem Zwinger aus dem Opernhaus die Flammen hoch zum Himmel schießen. Der Major sagt, ich solle ein paar Minutenwarten, sie kämen gleich zurück. Die beiden verschwinden im dicken Qualm.
     
    Dresden Eine Telefonistin vom Fernsprechamt
    Vom Postscheckamt, das durch eine Luftmine getroffen worden war, und von in der Nähe liegenden Privathäusern bzw. aus deren Kellern kamen jetzt durch unterirdische Verbindungsgänge Menschen zu uns. Ich erinnere mich, daß eine alte Frau angekrochen kam, die nur noch ein Bein hatte. Wir alle waren ziemlich durcheinander, und man kann sagen, daß wir fast einen Schock erlitten hatten. Der zweite Angriff war meiner Erinnerung nach gegen 1.30 Uhr. Als er vorüber war, kann es also höchstens 2.00 Uhr bis 2.30 Uhr gewesen sein. Einige Kolleginnen wollten nun aus dem Keller raus auf die Straße und nach Hause. Vom Keller des Fernsprechamtes aus führte eine Treppe in einen mit Drahtglas überdachten Lichthof (das Amt selbst war im Viereck um diesen Lichthof herumgebaut). Sie wollten über den Lichthof zum großen Eingangstor auf den Postplatz. Ich selbst sollte mitkommen, wurde jedoch einen Moment aufgehalten und sah dann auf einmal, als sich diese Kolleginnen auf dem Lichthof befanden bzw. gerade auf diesen getreten waren, daß das rotglühende Drahtglas herunterkam und sie unter sich begrub. Ich ging nun tief erschüttert in den Keller zurück. Das Amt selbst brannte.
     
    (Dresden) Dieter Sachse
    Und die Beschreibung dessen, was dann, was »danach« kam, das Eigentliche, was über den 13. Februarvon Rudolf Mauersberger zu berichten ist, setzt hier ein. Als er nach dem Bombenhagel des zweiten Angriffes, der auch den Großen Garten nicht verschonte, aus einer Ohnmacht erwachte, eine Lähmung der rechten Hand konstatierte und sich wunderte, daß er inmitten der Toten ringsum am Leben geblieben war, versuchte er, zum Alumnat vorzudringen mit der Angst eines

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