Der rote Hahn: Dresden im Februar 1945 (German Edition)
weibliche Feuerwehr verließ. Schließlich stieg er aber doch noch mit mir aufs Dach, wo wir konstatierten, daß unser Haus vom Funkenflug verschont blieb. Nebenan brannte es ganz hell im Krankenhaus. In unserem Haus waren Türen und zum Teil auch Fensterrahmen herausgeflogen, natürlich von uns nicht eine Fensterscheibe geblieben. Diese hatten sich scheinbar kolloid über die ganze Wohnung verteilt. Selbst Muttis schöne Geburtstagskuchen waren ungenießbar geworden und wurden, nachdem ich sie beim 3. Angriff noch gerettet hatte, zum allgemeinen Bedauern in Flades Garten vergraben. Es gelang uns, das Wohnzimmer einigermaßen zugsicher zu bekommen, und wir errichteten dort ein Matratzenlager; denn wir waren völlig erschöpft. Ursel und Maria saßen noch bis gegen Morgen verstört im Keller. Schlaf konnten wir alle kaum finden. Draußen heulte der Sturm, der rote Feuerschein erfüllte die ganze Wohnung. Friedhild Damm schlief mit ihren Kindern auch bei uns, denn die Wohnungen nach der Westseite waren furchtbar zugerichtet. Sie wollte dann am kommenden Vormittag ihre Kinder nach Reick bringen, ist aber sicher unterwegs vom 3. Angriff überrascht worden. Wir wissen heute noch nicht, ob sie zu den Überlebenden zählt.
Nach dem zweiten Angriff
Dresden Ursula Schmidt *1920
Da um 0.45 Uhr der zweite Angriff, viel furchtbarer als der erste. Die Türfüllungen flogen zersplittert in den Keller, bei Opitz (im Kellergeschoß) fing die Wohnung an zu brennen, konnte aber gelöscht werden. Nach 35 Minuten Ruhe – Sirenen gingen nicht mehr.
Unsere Wohnung nicht mehr bewohnbar, der Parkettboden hatte, unbewacht, doch Feuer gefangen. Wir versuchten noch zu löschen, um wenigstens später die Möbel retten zu können. Jetzt brannten aber links und rechts die Wohnungen des Blocks, unlöschbar. Nun mußten wir in den glühenden Feuersturm hinaus, die Eltern ohne Gepäck sich gegenseitig stützend, ich mit für die Flucht schon lange gepacktem Rucksack und zwei Koffern. Zuerst wäre ich fast im Qualm erstickt und mußte in den Keller zurück, um die Gasmaske aufzusetzen. Von oben bis unten mit Wasser beschüttet meinen Eltern hinterher Richtung Stübelallee – Fürstenstraße, vorbei an brennenden Villen, dem Sturm kaum widerstehend, immer in Gefahr, Feuer von rückwärts zu fangen. Vor dem Großen Garten die Menschen mit oder ohne gerettete Sachen vor Erschöpfung im eisigen Schmutz sitzend, aus dem Park das Krachen vom Sturm umstürzender Bäume, aber frische Regenluft. Furchtbare Angst vor einem dritten Angriff, da hier im Freien völlig schutzlos.
Am Morgen meine Eltern zu Thieles, ich zu meiner Wohnung nach Radebeul. Bis zur Elbe hin nur eingestürzte und brennende Häuser, phosphorverbrannte wachsartige Leichen auf den aufgewühlten trümmerübersätenStraßen. Woges Wohnung (in der Gerokstraße) war nicht mehr, über dem Kellergewölbe noch etwas Feuer. Ich mit der Taschenlampe hinab, Keller gut erhalten, niemanden gefunden. (Ursels Firmenchef, seine Frau und die Kinder hatten auf den Elbwiesen den Tod gefunden.) An der Elbbrücke (Albertbrücke) unzählige umgekommene, verrußte, verletzte Menschen. Alle Brücken intakt bis auf eine (die Carolabrücke). Die Neustädter Seite brannte. Am Ufer Bombentrichter, die Leichen der Menschen, die nach dem ersten Angriff hier Schutz gesucht hatten. Die Altstadt ein Meer von Flammen und Qualm, schattenhaft, ihre ehrwürdige Silhouette.
(Dresden) Vermißten-Nachweis-Zentrale (Abt. Tote)
Wer aber auf den zweiten Angriff wartete, kam nicht lebend aus diesem Teil [Altstadt] der Innenstadt... Es gab auch Gebiete in Striesen und besonders um den Seidnitzer Platz, wo kaum jemand mit dem Leben davonkam, wenn er den zweiten Angriff abgewartet hatte.
Dresden-Klotzsche Ein Nachtjägerpilot Flugplatz
Großangriff auf Dresden, durch den die Stadt zerhämmert wurde – und wir standen da und sahen zu. Wie darf so etwas möglich sein? Man glaubt mehr und mehr an Sabotage, mindestens an eine unverantwortliche Kriegsmüdigkeit der »Herren«. Gefühl, als ob es mit Riesenschritten dem Ende zuginge.
Dresden Der Generalinspekteur der Feuerschutzpolizei Hans Rumpf
Die Feuerlöschkräfte, obwohl über 1000 Mann stark und bestens ausgerüstet und geführt, waren einem solchen Wüten gegenüber von vornherein völlig machtlos. Die Unterstützungskräfte der Regimenter und aller Nachbarstädte einschließlich des hart umkämpften Berlins, kämpften sich auf vereisten Straßen durch die
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