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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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kompliziertes System von Linsen gespiegelt wurde, zu einem einzigen leuchtenden grünen Faden wurde, der dünner als eine Spinnwebe war, die aus dem Norden unmittelbar auf den Turm zulief. Er hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass sie genau auf die Runen an seiner Wand zeigte.
    Verdammt.
    »Habe ich vorhin wirklich über die Königin fantasiert?«, fragte er den Wind. »Was für ein Narr ich doch gewesen bin.«
    Er durchtrennte den Faden nicht. Aber er löste den größten Teil der Äthersicht auf, die es ihm erlaubt hatte, die verschiedenen Lichtfäden zu erkennen, bis er nur noch das Glimmern seines Fadens sah. Nun benötigte sein großes Phantasma beinahe kein goldenes Licht mehr zur Verstärkung.
    Zielstrebig schritt er in das Innere des Turms hinunter und schloss hinter sich sorgfältig die Tür.
    Dann nahm er seinen Stab sowie die ersten beiden kleinen Zauberstäbe, die ihm in die Hände fielen, steckte überdies einen schweren Dolch und seine Börse ein, trat aus seiner Bibliothek und ließ die Tür weit offen stehen. Er kletterte die hundertzweiundzwanzig Stufen bis zum nächst tieferen Stockwerk hinunter, holte sich einen dicken Umhang sowie einen Hut und bekämpfte den Drang hierzubleiben. Er schritt durch die offene Tür und schloss sie hinter sich, wobei er sich durchaus darüber bewusst war, dass alle drei Katzen ihn vom oberen Ende der Treppe aus beobachteten. Dann ging er in seine Bibliothek zurück.
    Er sehnte sich nach einem Verbündeten, doch gleichzeitig misstraute er allen und allem.
    Aber er musste sich jemandem anvertrauen. Er entschied sich für seine Königin, blieb am Schreibtisch stehen und verfasste eine kleine Nachricht.
    Dringende Geschäfte rufen mich in den Norden. Bitte teilt dem König mit, dass ich befürchte, von einem alten Feind zu meinem Nachteil beeinflusst worden zu sein. Seid wachsam.
    Ich verbleibe der demütigste Diener Eurer Majestät
    Harmodius
    Rasch ging er wieder zur Wendeltreppe, schritt sie hinunter, verfluchte dabei seinen langen Stab und bewegte sich so schnell wie möglich. Er versuchte sich zu erinnern, wann er die Treppe zum letzten Mal hinuntergeklettert war. War das gestern gewesen?
    Er warf einen kleinen Zauber voraus, denn nun befürchtete er, dass ihn feindliche Magie an der Abreise hindern könnte. Doch er bemerkte keine. Aber das bedeutete nichts. Wenn seine Ängste berechtigt waren, konnten ihn seine Augen trügen oder gar ein Werkzeug des Feindes sein. Funktionierte sein Blick im Äther genauso wie sein natürlicher Blick?
    Richard Plangere pflegte uns zu fragen: »Was ist das Natürliche, von dem ihr sprecht?« Und wir alle verstummten.
    Richard Plangere, der Zauber an meiner Wand riecht nach dir.
    Harmodius hatte sich so sehr in seinen Gedanken verloren, dass er beinahe eine Stufe übersehen hätte. Sein Fuß schwebte über der Leere, und einen Moment lang befürchtete er, vierzig Fuß tief auf die Pflastersteine zu fallen. Seine einzigen Feinde waren dabei das Alter und die Erinnerung. Er fing sich wieder, und auf dem Weg nach unten stieß ihm nichts Schlimmeres als ein Schmerz in der Seite zu, der von zu schnellen Bewegungen herrührte.
    Sein Turm stand am Haupthof, dessen Seiten fünfzig Schritte lang waren und der von den Regierungsgebäuden des Königs begrenzt wurde, von denen es jedoch auch noch einige an der Westmauer gab, wo hohe Fenster auf den mächtigen Fluss hinabblickten.
    Er ging zum Stall. Männer und Frauen verneigten sich tief vor ihm, während er an ihnen vorüberging. Kurz fragte er sich, ob er vielleicht lieber im Schutz der Nacht aufgebrochen wäre. Jeder konnte ein Informant sein. Doch er fürchtete sich genauso sehr davor, zurück zu seinen Gemächern zu gehen.
    Wovor habe ich eigentlich Angst?
    Hab ich den Verstand verloren?
    Er errichtete eine geistige Abtrennung um seine Zimmer und alle damit verbundenen Gedanken und Ängste und schloss die Tür hinter ihnen zu. Entweder ich befinde mich am Rande des Wahnsinns, oder ich habe soeben ein schreckliches Geheimnis entdeckt, dachte er.
    Zwei Stallburschen waren in den Boxen gerade dabei, etwa zwei Dutzend königlicher Pferde in Jagdausrüstung rasch und geübt abzusatteln. Als sie den Magier sahen, hielten sie inne.
    Er versuchte zu lächeln. »Ich brauche ein Pferd«, sagte er. »Ein gutes für eine längere Reise.«
    Beide sahen ihn an, als sei er wahnsinnig geworden.
    Und dann sahen sie einander an.
    Schließlich nickte der Ältere. »Was immer Ihr wünscht, Mylord«,

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