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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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bemerktet, Mann Gottes«, gab der Hauptmann zurück. »Zweimal sogar.«
    Der Priester hielt seinem durchdringenden Blick stand. Aber seine Augen waren in andauernder Bewegung – wie bei jemandem, der auf glühenden Kohlen tanzte. Nach einer zu langen Pause drehte sich der Priester auf dem Absatz um und ging davon.
    »Ihr unternehmt große Anstrengungen, um Eure Abstammung zu verbergen«, bemerkte die Äbtissin.
    »Kennt Ihr den Grund dafür?«, fragte der Hauptmann.
    Die Äbtissin schüttelte den Kopf.
    »Gut«, meinte der Hauptmann. Sein Blick war auf den Rücken des Priesters gerichtet. »Woher stammt er? Was wisst Ihr über ihn?«
    Der Tanz war beendet, die Männer verneigten sich, die Frauen machten tiefe Knickse. Nun hatte Michael bemerkt, dass seinem Herrn seine Fähigkeiten als Troubadour aufgefallen waren, und sein Gesicht lief im Fackelschein tiefrot an. Die Äbtissin räusperte sich.
    »Ich hatte es Euch doch schon gesagt. Ich habe ihn aus der örtlichen Pfarrei genommen«, murmelte die Äbtissin. »Er ist von unbedeutender Abstammung.«
    Der Himmel im Osten wurde plötzlich heller, als ob es dort geblitzt hätte, doch dafür war das Licht zu rot und zu beständig; es dauerte die Spanne eines Vaterunsers.
    »Alarm!«, brüllte der Hauptmann. »Tor öffnen, alle Armbrüste laden, Maschinen bereit machen! Bewegung!«
    Pampe hatte die Tänzer beobachtet. Sie hielt inne; die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Das Tor öffnen? «, fragte sie.
    »Ja. Ein Ausfallkommando soll sich zum Ausritt bereitmachen. Du wirst es anführen.« Der Hauptmann stieß sie in Richtung ihres Helms.
    Die meisten seiner Männer machten sich sofort an die Arbeit, doch wenn ihn die Enthüllungen des Abends nicht so verzaubert hätten, dann würden sie bereits alle in ihren Rüstungen stecken.
    Nun aber stand ein Dutzend Krieger neben ihren Schlachtrössern in dem von Fackelschein erhellten Torbogen, und ihre Diener und Knappen beeilten sich, ihnen die Waffen anzureichen. Bogenschützen liefen vom Hof hoch zu den Wehrgängen auf der Ringmauer. Einige hatten noch nicht einmal ihre Hose festgezurrt; ihre Hemdspitzen baumelten herab.
    Im Osten flackerte ein zweiter Lichtblitz auf, der nur halb so lang war wie der erste.
    Der Hauptmann grinste. »Ich hoffe, Ihr habt das Olivenöl nicht für etwas sehr Wichtiges gebraucht«, meinte er und drückte ihren Arm auf äußerst vertrauliche Art. »Darf ich mich jetzt zurückziehen? Vor der nächsten Glocke sollte ich wieder bei Euch sein.«
    Sie betrachtete ihn in der Dunkelheit, die nur vom Feuerschein erhellt wurde. »Ist das nicht das Werk des Feindes, sondern vielmehr das Eure?«, fragte sie.
    Er zuckte die Achseln. »Ich hoffe es«, meinte er und beugte sich vor. »Griechisches Feuer. In ihrem Lager. Zumindest hoffe ich das.«
    Nördlich von Harndon · Harmodius
    Eine Obduktion war eine der Tätigkeiten, die man niemals vergaß. Harmodius hatte den Leichnam persönlich ausgegraben, was kein großes Risiko gewesen war, denn er war in großer Hast beerdigt worden.
    Harmodius war nur am Hirn interessiert. Das war auch gut so, denn der Brustkorb war schwer beschädigt, und die Bauchhöhle war fast leer. Irgendetwas musste die Eingeweide herausgefressen haben.
    Harmodius kannte keine Empfindungen wie Ekel mehr. Zumindest sagte er sich das. Stetiger, leichter Frühlingsregen fiel ihm auf den Rücken, die Dunkelheit setzte ein, während er sich mitten in der nördlichen Wildnis befand. Aber der Leichnam war bereit, und der war es schließlich, der Harmodius auf diese völlig verrückte Jagd geschickt hatte. Dieser Leichnam – und das feste, magnetische Ziehen der Macht. Einer Macht, die wie ein Leuchtfeuer wirkte.
    Er holte eine Jagdausrüstung hervor – zwei sehr schwere Messer und ein halbes Dutzend kleinerer, aber besonders scharfer Klingen – und schälte schnell und sorgfältig die Haut vom Schädel des Mannes, schob die Lappen zurück, nahm einen Trepanierer aus seinem Gepäck und entfernte ein Stück Schädel von der Größe eines Dreifachleoparden aus massivem Silber.
    Das Licht nahm ab, doch es war trotzdem noch deutlich zu sehen, dass das Hirngewebe bereits in den Zustand der Verwesung übergegangen war.
    Harmodius nahm ein Tafelmesser aus seinem Beutel und legte die offene Stelle vorsichtig frei. Mit der Messerspitze schnitt er kleine Teile des verwesenden Materials ab …
    Dabei spuckte er salzigen Speichel aus. »Ich werde mich nicht übergeben«, verkündete er laut. Und

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