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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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den Waffen gesehen. Außerdem haben wir das Brüllen vieler Ungeheuer gehört. Der Hauptmann sagt, eine Streitmacht überquert den Fluss. Er hat befohlen, einen Ausfalltrupp zusammenzustellen, doch dann bildete sich eine noch größere Armee in den Wäldern, die unserem Graben gegenüberliegen. Als es nicht zum Angriff kam, hat er uns zum Abendessen geschickt.
    Michael lehnte sich auf seinem Sitz zurück. Er war kein guter Tagebuchschreiber und wusste, dass er wichtige Entwicklungen ausgelassen hatte. Mutwill Mordling hatte auf eine Entfernung von beinahe dreihundert Schritten einen Kobold mit einem Pfeil getötet. Er hatte von einem hohen Turm aus über den Nebel hinweggeschossen, und der Pfeil war von der Dämmerungsbrise getragen worden. Nun war er so betrunken wie ein Pfarrherr, weil ihm seine Gefährten zur Anerkennung ihre Bierrationen überlassen hatten. Aber das schien die Belagerung nicht zu beeinflussen. Und für ihn war es keine besonders hehre oder bemerkenswerte Tat. Michael hatte nur die Geschichten aus der Bibliothek seines Vaters zum Vergleich, und diese erwähnten an keiner Stelle einen Bogenschützen.
    Der Hauptmann kam herein. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    »Geh zu Bett«, sagte er.
    Michael brauchte keine zweite Aufforderung, doch in der Tür blieb er noch einmal stehen.
    »Kein Angriff?«, fragte er.
    »Deine Gabe, das Offensichtliche auszusprechen, muss dich ungeheuer beliebt machen«, erklärte der Hauptmann wütend.
    Michael zuckte die Schultern. »Entschuldigung.«
    Der Hauptmann rieb sich den Kopf. »Ich war mir sicher , sie würden heute den Graben angreifen. Aber stattdessen hat er etwas, von dem ich annehme, dass es eine große Streitmacht ist, südlich über den Fluss geschickt, obwohl wir ihre Boote verbrannt haben. Da unten zieht eine Karawane vorbei, und er will sie vernichten. Ich kann ihn nicht davon abhalten, kann es nicht einmal versuchen, bevor ich ihm nicht mit meiner kleinen Falle eine blutige Nase geschlagen habe.« Der Hauptmann trank ein wenig Wein. »Es ist bloße Selbstüberschätzung. Ich kann gar nicht vorhersagen, was der Feind tun wird.«
    Michael war zutiefst betroffen. »Bisher habt Ihr Euch gut geschlagen.«
    Der Hauptmann zuckte die Schultern. »Das war nur Glück. Und jetzt geh schlafen. Der bessere Teil dieser Belagerung ist vorbei. Wenn er nicht auf meine hübschen Gräben vorrückt …«
    »Warum sollte er das tun?«, fragte Michael.
    »Fragt da der Hauptmannslehrling oder der Knappe?«, wollte der Hauptmann wissen und schenkte sich noch ein wenig Wein nach. Etwas davon verschüttete er.
    »Nur ein interessierter Beobachter«, sagte Michael und stieß zufällig-absichtlich den Becher des Hauptmanns vom Tisch. »Entschuldigung, Mylord. Ich hole Euch noch etwas.«
    Der Hauptmann versteifte sich, doch dann gähnte er. »Nein, ich habe genug. Er muss glauben, dass ich den Graben mit meinen Männern angefüllt habe und er mit einem geschickten Angriff meine halbe Streitmacht vernichten kann.«
    »Aber Ihr habt ihn doch wirklich mit Männern angefüllt«, sagte Michael. »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Ihr sie dorthin geschickt habt.«
    Der Hauptmann grinste.
    Michael schüttelte den Kopf. »Wo sind sie denn?«
    »In der Brückenburg«, erklärte der Hauptmann. »Eigentlich war es ein kluger Schachzug, aber entweder hat er das Manöver durchschaut, oder er ist ein so großer Feigling, dass er uns nicht auf die Probe zu stellen wagt.« Er sah in seinen Weinbecher hinein und verzog das Gesicht. »Wo ist das Fräulein Lanthorn?«, fragte er barsch, dann wurde er sanfter. »Warum besuchst du sie nicht?«
    Michael verneigte sich. »Gute Nacht«, sagte er nur, schlüpfte hinaus in den Korridor und zog sich seine Liege vor die Tür des Hauptmanns.
    Eine ganze Ewigkeit verbrachte er damit, in die von Fackeln erhellte Finsternis zu blicken.
    Elissa saß auf einem Fass und unterhielt die halbe Garnison mit einer unanständigen Geschichte. Aber ihre jüngste Schwester war nicht hier.
    Mary trank Wein im westlichen Turm mit der Wäscherin Lis, mit Sukey Eichfang, der Tochter der Näherin, mit Tom Schlimm, Ser George Brewes und Francis Atcourt. Karten und Würfel lagen auf dem Tisch, und die Frauen lachten laut. Alle sieben schauten auf, als sich Michael hereinbeugte.
    »Sie ist nicht hier!«, rief Tom und lachte schallend. Die anderen Soldaten fielen ein, und Michael floh.
    »Wer ist nicht hier?«, fragte Lis.
    »Seine Buhle. Der Junge ist verliebt.« Tom

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