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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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hermetischer Gegenstand.
    »Weil die Äbtissin Euch zum Abendessen eingeladen hat«, sagte Toby. »Meister Michael ist bei seinen Übungen.«
    Der Hauptmann ächzte, als seine Hüften und Schenkel das ganze Gewicht des Körpers tragen mussten. Für einen Augenblick hatte er eine Ahnung, was Alter bedeuten mochte.
    »Die Näherin hat mir das Leinen gegeben«, sagte Toby und deutete auf einen Korb. »Neu, sauber und gebügelt. Hemden, Kappen, Hosen. Und zwei Paar schwarze Strümpfe.«
    Der Hauptmann fuhr mit den Fingerspitzen über eines der Hemden. Die Nähte waren fein gearbeitet, sehr klein, fast vollkommen gleichmäßig, aber doch nicht ganz, sodass sie beinahe ein Muster abgaben. Die Näherin hatte für das prächtige neue Weiß des Leinens einen ungefärbten Faden verwendet und so sehr auf ihre Fähigkeiten vertraut, dass der kleine Kontrast wie eine Verzierung des Stoffes wirkte. Es war eine äußerst zarte Zurschaustellung ihres Geschicks. Genauso zart wie die Macht, mit der sie die Kleidungsstücke aufgeladen hatte.
    Er hob das Hemd an. Die Macht war golden – ein helles, weißliches Gold, die Farbe der Reinheit. Der Sonne.
    Das Hemd brannte nicht auf seiner Haut; das hatte er aber auch nicht erwartet. Er hatte schon vor Jahren festgestellt, dass es ihm nichts ausmachte.
    Toby unterbrach seine Gedanken. »Wein? Oder warmer Cidre?«, fragte er und sah auf den Boden. »Der Cidre ist gut«, murmelte er.
    »Cidre. Und ich werde diese neuen Sachen tragen, zusammen mit meinem scharlachroten Wappenrock, Toby. Schwarz ist für …« Er seufzte. »Schwarz ist für andere Gelegenheiten.«
    »Entschuldigung, Mylord.« Toby errötete.
    »Woher solltest du das wissen? Gibt es Nachrichten von den Verwundeten? Wie geht es Tom Schlimm?« Er spürte die frische Sauberkeit des neuen weißen Hemdes. »Ich werde ein Bad nehmen, bevor ich mich anziehe. Könntest du dafür sorgen?«
    Toby nickte angesichts dieser Herausforderung. »Wird im Handumdrehen erledigt.« Er verschwand. Und kehrte dann zurück. »Ser Thomas läuft schon wieder rum. Und Ser Jehannes auch.«
    Der Hauptmann hörte die hastigen Schritte des Jungen, als dieser erneut weglief. Er musste schmunzeln und fühlte sich alt.
    Dann zog er seine Armeekleidung aus. Er trug sie nun schon seit … hmm. Seit zwei Tagen ohne Unterbrechung?
    Das Hemd war feucht und warm und roch schlecht. Nicht nach Schweiß, sondern nach altem Blut. Es musste eine Menge Blut aufgesogen haben. Und an der einen Seite war es zerrissen.
    Irgendwo in seinen Sachen befand sich ein Spiegel. Michael hatte alles hierhergebracht. Er suchte darin herum und war sich undeutlich bewusst, dass der Abend nahte und er noch nicht angekleidet war.
    Er fand seinen Bronzespiegel in der Reisetruhe, fand auch sein Rasiermesser und klappte es aus dem modischen Bronzegriff heraus. Dann sah er in den Spiegel.
    Er hatte die Wunde vergessen, die er in der letzten Nacht erhalten hatte. An der linken Seite seines Gesichts lief eine lange Narbe herunter, aus der noch immer ein wenig Blut trat. Sobald er sie ansah, schmerzte sie wieder. Sie schien nicht schlimm zu sein, tat bloß weh.
    Er schüttelte den Kopf. Fühlte sich benommen von dem Schock, der nach der Schlacht immer einsetzte – und von dem Schock über das, was er gerade eben in dem Spiegel gesehen hatte.
    Er versuchte nach der Wunde in seiner rechten Schulter zu schauen. Sie schmerzte dumpf, und er konnte sie nicht finden, obwohl seine Kleidung blutgetränkt war.
    Das war ein weiterer Schock.
    Er zog seine Hose aus. Im Schritt klebte sie vor Schweiß und Blut – und dort, wo die Oberschenkel mit dem Bauch zusammenstießen, hatte er Entzündungen. Er stank .
    Toby kam zurück. »Das Bad ist auf dem Weg, Mylord. Habe Meister Michael und Meister Jacques gesagt, dass Ihr wach seid.«
    Jacques kam bereits durch die Tür und rümpfte die Nase.
    Sogar in nacktem Zustand besaß der Hauptmann noch große Autorität. »Toby, bring meine Armeekleidung raus, und lüfte sie. Gib der Näherin mein Leinen und frag sie mit allem gebotenen Respekt, ob es geflickt werden kann.«
    Jacques hob eine der neuen Kappen auf. »Das ist aber eine feine Arbeit. So gut wie bei Hofe.« Er sah Toby an.
    »Kommt alles von dieser Näherin. Meg.« Toby zuckte die Achseln.
    Jacques lächelte. »Ich gehe und bezahle sie. Und bestelle mir auch etwas bei ihr«, sagte er. »Ihr seid eingeladen, mit der Äbtissin zu Abend zu essen«, fuhr er an den Hauptmann gewandt fort. »Genauso wie etliche

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