Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
war eine beeindruckend schöne Frau in einem weißen, fließenden Übergewand. Er musste seinen ganzen Willen aufbieten, um den Blick von ihr abzuwenden. Aus seinen Jahren im Süden kannte er sie gut.
Es war Königin Desiderata.
Unwillkürlich legte sich ein Lächeln über sein Gesicht und wurde breiter, bis er schließlich lauthals lachte.
Albinkirk · Desiderata
»Wer ist das?«, fragte Desiderata ihre Jungfern neckisch. Sie stand im Bug und winkte. »Ich habe den Eindruck, ihn zu kennen.«
Lady Almspend stand neben ihr und winkte ebenfalls. »Das ist Ranald, der barbarische Hochländer, Mylady«, sagte sie fröhlich.
Desiderata grinste ihre Schreiberin an. »Ihr scheint Euch zu freuen, ihn zu sehen«, sagte die Königin.
Lady Almspend setzte sich ein wenig zu schnell. »Er … hat mir ein wunderbares Buch geschenkt«, bemerkte sie zögerlich.
Die anderen Damen lachten, doch es klang nicht unfreundlich.
»Ist es ein dickes Buch gewesen?«, fragte eine von ihnen.
»Sehr alt?«, wollte eine andere wissen.
»Vielleicht eher eine schöne, dicke Rolle?«, meinte Lady Mary.
»Meine Damen«, tadelte die Königin. Die Ruderer kamen aus dem Gleichgewicht, da sie schallend lachten. Trotz der Strömung schien das Ufer auf sie zuzutreiben.
Als sie den Landungssteg erreicht hatten, trat die Königin auf das Dollbord und sprang von dort auf den Pier.
Ranald Lachlan, an den sie sich sehr wohl erinnerte, verneigte sich zuerst tief und kniete dann vor ihr nieder.
Sie reichte ihm die Hand. »Es ist lange her, seit du in meiner Brautgarde gedient hast.«
Er lächelte sie an. »Es war mir ein Vergnügen, Mylady.«
Sie blickte an ihm vorbei zum breiten Ufer hinüber, an dem Donald Redmane die Reiter hatte absteigen lassen. »Du hast hier eine kleine Armee. Willst du dem König zu Hilfe kommen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Mein Vetter hat im Gegenteil eine kleine Armee verloren, Mylady. Wir haben gegen die Hinterwaller gekämpft. Aber ich besitze tausend Rinder und ein paar Schafe, die ich gern an die königliche Armee verkaufen würde.«
Sie nickte. »Ich werde sie alle nehmen. Wie lautet dein Preis?«
Wenn ihre Art und ihr Tonfall ihn überraschten, dann zeigte er es jedenfalls nicht. »Drei Silbermark für jeden Kopf«, sagte er.
Sie lachte. »Du bist ein hartnäckiger Händler«, meinte sie. »Ist es ritterlich, mit der Königin zu feilschen?«
Ranald zuckte noch einmal die Achseln, aber er konnte sich nicht davon abhalten, ihr in die Augen zu sehen. »Lady, ich könnte jetzt sagen, dass ich kein Ritter, sondern ein Viehtreiber bin. Und ich könnte auch sagen, dass ich ein Hochländer und daher in keiner Weise Euer Untertan bin.« Er grinste, während er weiterhin vor ihr kniete. »Aber derjenige, der sich weigert, Euch als seine Königin anzuerkennen, muss ein grober Bastard sein und hat nicht das Recht, ein Mann genannt zu werden.«
Erfreut klatschte sie in die Hände. »Du verkörperst den Geist des Nordens, Ranald. Eine Mark für jeden Kopf.«
»Und Ihr, Mylady, seid die Verkörperung der Schönheit, aber für eine Mark hätte ich sie auch an den Kastellan von Dormling verkaufen können. Zwei Silbermark für das Stück.« Seine Augen richteten sich auf etwas hinter ihr, und sein Lächeln wurde noch strahlender.
»Du erinnerst dich offenbar an die sehr gelehrte Lady Almspend, meine Sekretärin?«, meinte die Königin. »Anderthalb.«
»Anderthalb hier, auf dieser Seite des Flusses?«, fragte er und verneigte sich noch einmal tief, diesmal vor ihrer Schreiberin, die lächelnd auf dem Dollbord stand. »Zwei, wenn ich die Tiere zuerst auf die andere Seite treiben muss.«
»Was ist er wert, ein Kuss?«, sang Lady Almspend. Dann errötete sie, über ihre eigene Kühnheit entsetzt.
»Alles!«, rief er zurück. »Aber das sind nicht meine Rinder, und deshalb kann ich sie nicht für einen Kuss hergeben, meine Liebste.« Dann lenkte er jedoch ein. »Euer Gnaden, mein Preis beträgt zwei Mark, aber ich werde sie dorthin treiben, wo Ihr sie haben wollt, und ich werde meinen Leuten befehlen, Euer Gnaden zu dienen.«
Die Königin nickte. »Gekauft. Holt mir den Kapitän der Flotte. Tausend Rinder müssen über den Fluss gesetzt werden.« Dann wandte sie sich wieder an den Hochländer. »Willst du trotz des elenden Geldes, das du jetzt erworben hast, noch immer einen Waffengang mit mir wagen?«
Sie legte besonderen Nachdruck in ihre Stimme, da sie eine plötzliche Kälte in ihm erkannte – etwas Abwesendes,
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