Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
im Nichtschatten einer verbrannten Eiche.
Der Hauptmann lenkte sein Pferd zu ihnen und vergeudete dann seine Kraft damit, sein junges Kriegspferd zu bändigen, als der Hengst mit dem Reittier des Priors einen Streit anfangen wollte. Schließlich riss er gnadenlos an den Zügeln des großen Pferdes.
»Ich vermisse Grendel«, sagte er zu Tom.
»Jacques aber nicht, wie ich wetten möchte«, meinte Tom und schaute über die vom Sonnenschein bestrahlten Felder. »Sie kommen.«
Der Hauptmann nickte. Über ihnen verschoss die Blide eine weitere Ladung kleiner Steine. Sie flogen in die anbrandende Welle aus Leibern hinein und rissen ein großes Loch in die feindlichen Reihen.
Doch dieses Loch schloss sich fast sofort wieder.
»Es ist so dumm «, jammerte der Hauptmann. »Das Verbrennen der Gehöfte war alles, was er an Schaden anrichten musste.« Er drehte den Kopf dorthin, wo sich die königliche Garde in den Graben ergoss, angeführt von zweihundert in Scharlachrot und Purpur gekleideten Armbrustschützen aus Lorica. »Und dieser Angriff wird die Festung bestimmt nicht einnehmen, selbst wenn er über den Graben hinauskommen sollte.«
Die endlose Woge aus Kobolden und größeren, schlimmeren Wesen wallte über die verbrannte Ebene und auf die schwarze Linie seines Grabens zu.
Bis zum näher gelegenen Ende würde es die Verstärkung nicht rechtzeitig schaffen.
Die Bauern und Gildenmänner standen zu weit voneinander entfernt, und das wussten sie auch. Die unerfahrenen Schützen aus Lorica blieben plötzlich stehen, obwohl sie erst ein Drittel des Grabens besetzt hatten, und schossen. Wie eine Miliz.
Aber sie waren ja auch eine Miliz.
»Die Bauern werden den Graben halten«, sagte Tom, während er auf dem Stängel einer Blume herumkaute. Es war ein seltsam befremdender Anblick. »Die Gildenmänner hingegen werden einknicken. Das haben sie auch zuvor schon getan.«
Der Hauptmann sah den Prior an. »Messire, Ihr seid so viel älter als ich – an Jahren, an Erfahrung, und Ihr kennt diesen Ort auch besser. Ihr seid es, der mich führen oder mir Befehle erteilen sollte.«
Der Prior ließ es zu, dass sein Pferd den Kopf senkte und ein wenig graste. »Nein, das stimmt nicht. Ihr habt eine ganze Streitmacht bis hierher geführt. Sollte ich jetzt etwa die Kommandanten austauschen?«
Der Hauptmann zuckte mit den Achseln. »Ich wünschte, Ihr würdet es tun.«
Tom beobachtete die herannahenden feindlichen Linien. »Ihr wisst, dass wir sie angreifen müssen«, sagte er. »Das könnte uns etwa zehn Minuten Zeit schenken.« Er grinste, was ihm das Aussehen eines kleinen Jungen verschaffte. »Hundert Ritter, zehntausend Kobolde – und Trolle, Irks, Dämonen …« Er sah den Hauptmann an. »Ihr wisst , dass wir es tun müssen.«
Der Prior schaute zunächst Tom und dann wieder den Hauptmann an. »Ist er immer so?«, fragte er.
»So ziemlich«, bemerkte der Hauptmann zu dem Älteren. »Kommt Ihr mit? Ich bin mir aber keineswegs sicher, dass von uns jemand zurückkehren wird.«
Der Prior zuckte die Achseln. »Ihr seid vom Glück begünstigt«, sagte er. »Und Glück ist besser als das größte Geschick oder Genie. Ich kann die Macht in Euch spüren, junger Mann. Und ich glaube, Eure Gegenwart hier beruht auf dem Willen Gottes, und Gott sagt mir, dass ich dorthin gehen soll, wohin Ihr geht.«
Der Hauptmann rollte mit den Augen. »Das denkt Ihr Euch gerade aus«, sagte er.
»Habt Ihr in diesem Ton auch mit der Äbtissin gesprochen?«, fragte der Prior.
Der Hauptmann war peinlich berührt und sah weg.
»Wir werden Euch folgen«, fuhr der Prior fort. »Wenn die Festung fällt, verliert unser Orden alles.«
Der Hauptmann nickte. »Dann sollt Ihr Euren Willen bekommen. Tom, wir überqueren den Graben auf den beiden Brücken und formieren uns dahinter in offener Schlachtreihe.« Er sah sich um und bemerkte Pampe, Michael, Francis Atcourt und Lyliard; sie waren ausnahmslos bleich vor Erschöpfung.
»Tötet alles, was euch unter das Schwert kommt«, sagte der Hauptmann mit einer Spur Sarkasmus. »Folgt mir.«
Der König betrat den Hof der Brückenburg und traf dort seinen Magus Harmodius an, der gerade neben der Königin kniete. Er untersuchte die Wunde in ihrem Rücken, und Lady Almspend legte dem König eine Hand auf die Schulter und hielt ihn dadurch ab, sich den beiden noch mehr zu nähern.
»Gebt ihnen einen Augenblick Zeit, Mylord«, flüsterte sie ihm zu.
»Da kommen sie!«, rief eine Stimme von den Mauern
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