Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
Vom Netzwerk:
unritterlich von mir, als geheilt davonzugehen, während meine tapferen Leute am Rande eines grausamen Todes liegen.«
    Der Erzengel drehte den Kopf, schob sich die langen Haare aus der Stirn und richtete sich auf. »Du bist der anspruchsvollste Sterbliche, der mir je begegnet ist«, sagte er.
    De Vrailly zuckte mit den Achseln. »Ich werde beten und beten, wenn es das sein sollte, was du von mir verlangst, Taxiarch.«
    Der Engel lächelte. »Ich gewähre dir auch die Heilung der anderen Männer – derer, die nicht schon vom Leben in den Tod geschritten sind. Und ich gewähre dir einen großen Ruhm am heutigen Tag – denn warum sonst sollte dich ein Engel des Herrn besuchen, wenn er dir nicht große Macht in der Schlacht zu verleihen gedenkt? Geh hin und erobere, du anmaßender kleiner Sterblicher. Aber ich sage dir dieses. Solltest du jemals versuchen, dich mit der größten Macht zu messen, die die Wildnis je hervorgebracht hat, so wirst du unterliegen. Das ist nicht mein Wille, sondern der des Schicksals. Hast du mich verstanden?«
    »Das feige Schicksal würde mich niemals von einem Kampf abhalten«, sagte de Vrailly.
    »Ah«, meinte der Engel. »Wie sehr ich dich doch liebe!« Er schwenkte seinen Speer über die Biberwiese.
    Hundert Ritter und genauso viele Knappen, Soldaten und Diener waren geheilt, ihre Schmerzen waren weggespült, ihre Körper waren wieder unversehrt. In vielen Fällen fühlten sie sich besser als zu Beginn der Schlacht. Die chronischen Beschwerden eines als Bauer geborenen Soldaten, eines Gallyers, die er an seinem linken Unterschenkel gelitten hatte, waren verschwunden, und nun konnte er wieder aufrecht gehen. Ein Diener, dem das Licht des einen Auges gefehlt hatte, konnte wieder mit zwei Augen sehen.
    Und das alles war allein durch das Schwenken eines Speeres geschehen.
    Allerdings wurden auch einige Dutzend verwundeter Wildbuben geheilt.
    »Geh und rette den König«, sagte der Erzengel. »Falls das wirklich dein Wille ist.«
    Jedermann auf der Wiese kniete nieder und betete, bis der gerüstete Erzengel in einer Verpuffung der weihrauchgeschwängerten Luft verschwand.
    Lissen Carak · Desiderata
    Desiderata lag in einem Fleck aus hellem Sonnenlicht. Ihre Macht war gedämpft; sie fühlte sich wie eine Kerze unter einem Scheffel. Flackernd.
    Es war so ungerecht! Ein einzelner Pfeil, der aus dem Himmel niedergeschossen kam, und schon war sie erledigt. Sie hatte ihren Gemahl unterstützen und vielleicht auch ihren Anteil am Ruhm erwerben wollen. Und stattdessen – das hier.
    Der seltsame junge Mann hatte die Schmerzen in die Ferne verbannt. Das war ein Segen. Sie spürte seine Ehrenhaftigkeit wie eine helle Flamme. Ritter und Heiler – was für eine großartige Kombination. Es verlangte sie danach, ihn besser kennenzulernen.
    Die Hofdamen um sie herum schwiegen.
    »Jemand soll etwas singen«, sagte sie.
    Lady Mary stimmte ein Lied an, und die anderen fielen langsam ein.
    Desiderata lag auf einem Dutzend Soldatenmänteln.
    Und dann kam der alte Harmodius. Er erschien unangekündigt, betrat einfach den Hof und kniete neben ihr nieder.
    Es freute sie, seinen Blick zu sehen. Obwohl sie eine lebensgefährliche Wunde erhalten hatte, schien er ihre Gegenwart angenehm zu finden. »Da bist du ja, alter Narr«, sagte sie glücklich.
    »Ich bin Narr genug, um die Schlacht zu verlassen und Euch zu retten, meine Liebe«, sagte er.
    Vorsichtig rollte er sie mithilfe von Lady Almspend und Lady Mary auf die Seite und zog ihr den Leinenstoff vom Rücken. »Ihr habt einen wirklich schönen Rücken«, sagte er im Plauderton.
    Sie atmete tief ein und aus und war nun doch noch zufrieden.
    Lissen Carak · Der Rote Ritter
    Der Hauptmann sah, wie der König am Kopf seines Hausstands auf die Brücke zuritt, und er sah die Armee des Königs – mit mehr Soldaten, als er selbst je kommandiert hatte – die Erhebung herunterkommen.
    Er ritt an dem Graben entlang – an jenem Graben, der noch vor Kurzem von zweihundert Bogenschützen und Dienern aus seiner eigenen Truppe besetzt gewesen war sowie mit allen Bauern der umliegenden Gehöfte.
    Seine optimistische Gewissheit, dass der Feind einen taktischen Fehler gemacht hatte, war auf der Stelle verflogen, wie vom Winde weggeweht, und nun beobachtete er eine endlose Reihe von Kobolden, die das offene Gelände bis zum Graben überquerten und in einem Zustand der Panik zu sein schienen. Das Atmen fiel ihm schwer.
    Der Prior saß neben Tom Schlimm auf seinem Schlachtross

Weitere Kostenlose Bücher