Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
Vom Netzwerk:
schließlich zu einer Summe, die einfach nur falsch sein konnte.
    »Ich fühle mich geschmeichelt, dass Ihr mich persönlich begrüßt«, sagte Gawin und verbeugte sich noch einmal.
    Blodget grinste vom einen Ohr zum anderen.
    Noch etwas, das ich bei Hofe gelernt habe – die Männer lieben es genauso sehr wie die Frauen, wenn man ihnen schmeichelt, dachte Gawin.
    »Heute Abend tritt eine Truppe von Sängern bei mir auf, Mylord. Sie sind auf dem Weg zum Hof – das hoffen sie zumindest. Werdet Ihr uns zum Abendessen im Schankraum Gesellschaft leisten? Es ist keine große Halle, aber schlecht ist dieser Raum auch nicht. Es wäre uns eine große Ehre, wenn Ihr bei uns säßet.«
    Natürlich bin ich Schmeicheleien genauso zugänglich wie jeder andere Mann.
    »Wir werden uns bei Musik und Mahl zu Euch setzen«, sagte er und machte eine kleine Verneigung.
    »Die Abendmesse wird in Sankt Eustachius gehalten. Ihr könnt die Glocke gar nicht überhören«, sagte der Herbergswirt. »Das Abendessen wird unmittelbar nach der Messe aufgetischt.«
    Harndon · Edward
    Meister Pyle erschien nach der Abendmesse im Hof und bat um einen Freiwilligen.
    Edward hatte eine Freundin, aber sie war ebenfalls beschäftigt. Sie würde es jedoch verstehen, denn die Gelegenheit, mit dem Meister zusammenzuarbeiten, war der Traum eines jeden Gesellen.
    Diesmal mischte der Meister das Pulver auf andere Weise. Edward bekam nicht mit, wie er es tat. Er musste eine schwere Eisenschüssel für die Treibarbeit in den Hof schieben und dafür eine Menge Abfall – Reste von misslungenen Arbeiten und weiches Holz, das für behelfsmäßige Feuerstellen benutzt wurde – entfernen, damit nichts Feuer fangen konnte. Es war zwar keine Arbeit, die ein besonderes Geschick verlangte, aber immerhin war er unmittelbar für den Meister tätig.
    Diesmal war der Rauch, der aus dem Pulver strömte, dichter, und die Flamme brannte weißer.
    Meister Pyle betrachtete sie eingehend und fächelte vor seinem Gesicht herum, damit sich der stinkende Rauch verzog. Er schien zu lächeln.
    »Nun«, sagte er und sah Edward an. »Bist du bereit für deine Prüfung, junger Mann?«
    Edward holte tief Luft. »Ja«, sagte er und hoffte, dass es nicht allzu großspurig klang.
    Aber Meister Pyle nickte nur. »Der Meinung bin ich auch.« Er sah sich im Hof um. »Räum das alles auf, ja?«
    In jener Nacht flüsterten die Lehrlinge auf dem Dachboden miteinander. Die älteren wussten genau, wann der Meister Fortschritte machte. Sie lasen es an der Art ab, wie er den Kopf hielt. Und sie erkannten es daran, dass plötzlich Belohnungen aus der Börse des Meisters flossen; außerdem erhielten sie neue Aufgaben, und einige Lehrlinge wurden auf ihre Eignung zum Gesellen hin überprüft. Lise, die älteste Messerschmiedin, war vor einer Woche zu den Gildenmeistern gerufen worden. Sie hatte die Prüfung bestanden.
    Und so wurde auch aus Edward Chevins, dem altgedienten Lehrjungen und bisweilen auch Ladenjungen, ein Geselle. Es war so plötzlich gekommen, dass ihm jetzt ganz schwindlig wurde, und bevor der nächste Morgen verstrichen war, hatte die Gilde bereits seine Papiere überprüft, hatten die Gildenmeister ihn examiniert, war er mit den Nerven am Ende, zitterten seine Hände – und er stand allein und schwitzend in einem reich ausgeschmückten Raum, der geeignet gewesen wäre, einen König zu empfangen. Der siebzehnjährige Klingenschmied war überwältigt.
    Edward war ein großer, schlaksiger junger Mann mit rötlich gelbem Haar und zu vielen Sommersprossen. Als er nun unter dem Bleiglasfenster des heiligen Nikolaus stand, fielen ihm zwanzig bessere Antworten auf die Frage ein, die man ihm gestellt hatte: »Wie erreichst du ein helles, gleichmäßiges Blau auf einer Klinge mit schwerer stumpfer Seite und Nadelspitze?«
    Er ächzte. Die vier anderen Jungen, die zusammen mit ihm ihre Prüfung abgelegt hatten, sahen ihn mit einer Mischung aus Mitgefühl und Hoffnung an. Vermutlich glaubten sie, dass das Versagen eines anderen ihre eigene Aussicht auf den Erfolg erhöhte.
    Eine Stunde später kamen die Meister in die Halle. Sie sahen alle ein wenig rot im Gesicht aus, als hätten sie getrunken.
    Meister Pyle trat vor und steckte ihm einen Ring an den Finger – einen Ring aus feinem Stahl. »Du hast es geschafft, mein Junge«, sagte er. »Gut gemacht.«
    Lorica · Ser Gawin
    Das Brüllen einiger Männer im Hof weckte Gawin aus seinem Schläfchen auf. Wütende Stimmen haben eine ganz eigene

Weitere Kostenlose Bücher