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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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Knochen fühlten sich wie Gelee an. Da war etwas in seiner Magengrube – etwas, das es nicht mehr gab.
    Er wusste genau, wie es sich anfühlte: als ob er von seinen Brüdern geprügelt worden wäre. Geprügelt und erniedrigt. Er kannte dieses Gefühl sehr gut. Sie waren jünger gewesen als er. Sie hatten ihn gehasst. Er hatte ihr Leben ins Elend gestürzt, als er erfahren hatte, dass …
    Er spuckte.
    Über manches dachte man besser nicht nach. Er versagte sich diese Erinnerung und spürte, wie seine Angst ein wenig nachließ; es war wie das erste Anzeichen einer einsetzenden Ebbe.
    Also würde es vorübergehen.
    Gelfred konnte sein Pferd nicht dazu bringen, den Kopf zu tragen. Der Hauptmann hatte keineswegs genug Kraft, um etwas heraufzubeschwören, das dem Jäger zu helfen vermochte. Also banden sie ein Seil um das Haupt und zogen es hinter sich her.
    Zum Lager zurück war es ein weiter Weg. Nach einer Stunde heulte plötzlich etwas hinter ihnen, und der Hauptmann spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufrichteten.
    Lissen Carak · Mogan
    Mogan sah zu, wie der Mörder ihres Vetters langsam auf das Pferd stieg und zur Straße ritt.
    Mogan war keine Berserkerin, sondern eine Jägerin. Der Tod ihres Vetters entsetzte sie, und bis sie ihn vollständig begriffen hatte, würde sie nicht hinunterlaufen und sich den Männern an der Straße gegenüberstellen. Stattdessen schlich sie vorsichtig von Fels zu Fels, mied das Blickfeld der Menschen und beobachtete diese mit ihren überaus scharfen Augen, die eine Beute, schon während sie sich auf der Ebene im Westen befand, aus einer meilenweiten Entfernung erkennen konnten.
    Als die Menschen den Schauplatz des Kampfes verlassen hatten, trottete sie den Hang hinunter.
    Tunxis lag in einem erbärmlichen Haufen da; sein einst so mächtiger Körper war vom Tod gekrümmt und zerquetscht worden, und schon befanden sich Vögel auf dem Kadaver.
    Sie haben ihm den Kopf abgeschnitten.
    Es war entsetzlich. Mogan warf den eigenen Kopf zurück und heulte ihre Wut und Trauer heraus.
    Nach dem dritten Heulen kam ihr Bruder herbei. Er hatte vier Jäger bei sich; alle waren mit schweren Kriegsäxten oder Schwertern bewaffnet.
    Thurkan betrachtete den Leichnam seines Nestgenossen und schüttelte den großen Kopf. »Barbaren«, spuckte er aus.
    Mogan rieb ihre Schulter gegen die seine. »Ein Mann hat ihn getötet. Ich wollte ihn nicht herausfordern. Er hat unseren Vetter mit einer so großen Leichtigkeit umgebracht.«
    Thurkan nickte. »Einige ihrer Krieger sind erschreckend, kleine Schwester. Und du hattest keine Waffe, mit der du seine Rüstung hättest öffnen können.«
    »Er hat keine Rüstung getragen«, sagte Mogan. »Aber er hatte die Macht. Unsere Macht.«
    Thurkan verstummte und sog prüfend die Luft ein. Dann ging er zum Flussufer, kam zurück und wiederholte diesen Gang mehrfach, während seine Nestgenossen vollkommen reglos warteten.
    »Machtvoll«, sagte Thurkan. Er blieb stehen und leckte sich die Schulter dort, wo eine Mücke sein gepanzertes Fleisch durchdrungen hatte. Insekten. Wie er sie hasste. Hilflos schlug er mit der Klaue nach der surrenden Wolke, die sich um seinen Kopf gebildet hatte. Dann beugte er sich über die Gestalt seines Vetters, hob die Klauen und verwandelte den Leichnam mit einem Blitz aus smaragdgrünem Licht in Asche.
    Als sie später durch den Wald rannten, bemerkte Thurkan zu seiner Schwester: »Es ist nicht so, wie Thorn glaubt.«
    Mogan hob ihre Klauen und deutete damit an, dass Thorn sie nicht im Geringsten interessiere. »Du versuchst ihn zu beherrschen, und er versucht dich zu beherrschen, aber da er nicht von unserer Art ist, sind deine Bemühungen verschwendet«, sagte sie scharf.
    Thurkan rannte hundert Schritt weiter, bevor er antwortete. »Das glaube ich nicht, kleine Schwester. Ich glaube, er ist die aufsteigende Macht der Wildnis, und wir müssen uns an ihm festhalten. Zumindest vorläufig. Aber in dieser Sache ist er blind. Die Festung. Der Fels. Wir sind die Herren des Waldes, der von den Bergen bis zum Fluss reicht, und er will, dass wir unser erobertes Gebiet verlassen, nur um diesen einen Ort anzugreifen. Und jetzt hat der Fels einen Verteidiger – einen, der ebenfalls die Macht der Wildnis besitzt.« Thurkan rannte weiter. »Ich glaube, Thorn begeht einen Fehler.«
    »Du begehrst seinen Kopf und seine Macht«, sagte Mogan. »Und wir selbst sind es, die zum Felsen zurückkehren wollen.«
    »Nicht wenn der Preis dafür zu hoch ist. Ich

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