Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
mich«, sagte er und hasste sich selbst dafür.
»All diese albischen Ritter sind doch wertlos«, lachte de Vrailly. »Bald werden wir hier herrschen.«
Sie ließen Gawin allein mit dem Leichnam seines Knappen zurück.
Ich habe ihn umgebracht, dachte Gawin. Heiliger Christus.
Aber es war noch nicht vorbei, denn Adam war ein tapferer Mann, und als solcher starb er in der Tür des Eckzimmers.
Einer der Ausländer warf Gawins Ausrüstung aus dem Fenster, nachdem er seinem Knappen beim Sterben zugehört hatte. Die anderen lachten.
Gawin kniete neben Toma, und als die Glocken nach einer Stunde zum Abendgebet riefen, kam der Herbergswirt zu ihm.
»Ich habe den Schulzen und den adligen Herrn holen lassen«, sagte er. »Es tut mir so leid, Mylord.«
Gawin fiel nichts ein, was er hätte erwidern können.
Ich habe meinen Bruder umgebracht.
Ich habe Toma umgebracht.
Ich wurde besiegt und habe mich ergeben.
Ich hätte sterben sollen.
Warum hatte er sich bloß ergeben? Der Tod wäre besser gewesen als dies hier. Sogar der Wirt bemitleidete ihn.
Lorica · De Vrailly
Gaston wischte sich das Blut von der Klinge und betrachtete vor allem die vier letzten Zoll, mit denen er immer wieder in den Kopf des jungen Knappen gehackt und dadurch seine Gegenwehr zunichte gemacht hatte, bis er überwältigt und tot gewesen war. Seine Waffe hatte dabei ein wenig Schaden genommen und würde einen guten Schleifer benötigen, damit die Klinge wieder scharf wurde.
De Vrailly trank aus einem silbernen Becher Wein, während ihm seine Knappen die Rüstung auszogen.
»Der Mann im Hof hat dich verletzt«, sagte Gaston und hob den Blick. »Versuche nicht, es zu verbergen. Er hat dir eine Schnittwunde zugefügt.«
De Vrailly zuckte mit den Schultern. »Er hat mit seiner Waffe heftig herumgewedelt. Es ist nichts.«
»Er hat deinen Schutz überwunden.« Gaston rümpfte die Nase. »Diese Albier sind eigentlich gar nicht so schlecht. Vielleicht werden wir noch ein paar richtige Kämpfe erleben.« Er sah seinen Vetter an. »Er hat dich schwer getroffen«, betonte er, denn de Vrailly rieb sich nun schon zum dritten Mal in genauso vielen Minuten das Handgelenk.
»Pah! Sie gehen nicht besonders geschickt mit ihren Waffen um.« De Vrailly trank noch etwas Wein. »Sie tun nichts anderes als Krieg gegen die Wildnis zu führen. Sie haben vergessen, wie man gegen andere Männer kämpft.« Er zuckte mit den Schultern. »Das werde ich ändern, und dadurch werden sie die Wildnis besiegen können. Ich werde sie zu härteren und besseren Kämpfern machen.« Er nickte in sich hinein.
»Hat dir das dein Engel gesagt?«, fragte Gaston mit offensichtlichem Interesse. Die Begegnung seines Vetters mit einem Engel hatte der ganzen Familie genutzt, aber es war noch immer eine Sache, die ihn verwirrte.
»Mein Engel hat es mir befohlen. Ich bin nichts anderes als ein Werkzeug des Himmels, Vetter.« De Vrailly sagte es ohne den geringsten Hohn.
Gaston holte tief Luft und suchte im Gesicht seines älteren Vetters nach einer Spur von Humor, doch er fand keine. »Du hast dich den besten Ritter der Welt genannt«, sagte er und versuchte sich an einem Grinsen.
De Vrailly zuckte mit den Achseln, während ihm Johan, sein älterer Knappe, den rechten Oberarmschutz abnahm und sich dann an der Armpanzerung über der Gelenkwunde zu schaffen machte. »Ich bin der größte Ritter der Welt«, wiederholte er. »Mein Engel hat mich auserwählt, weil ich die beste Lanze im Osten führe. Ich habe sechs Schlachten gewonnen; ich habe in zwölf Waffengängen gefochten und bin nie verwundet worden. Ich habe in jedem meiner Kämpfe Männer getötet: in dem Handgemenge in Tours …«
Gaston rollte mit den Augen. »Also gut, du bist der beste Ritter der Welt. Und jetzt sag mir noch, warum wir nach Albia gekommen sind – außer um die Einwohner zu belästigen.«
»Ihr König wird ein Turnier verkünden«, sagte de Vrailly. »Ich werde es gewinnen und als der Bevorzugte des Königs daraus hervorgehen.« Er nickte. »Und dann werde ich faktisch der König sein.«
»Das hat dir der Engel gesagt?«, fragte Gaston.
»Willst du seine Worte etwa infrage stellen, Vetter?« De Vrailly zog die Stirn kraus.
Gaston erhob sich und steckte sein Schwert zurück in die Scheide. »Nein, ich glaube bloß nicht alles, was man mir sagt, ob es nun aus deinem Mund oder dem von jemand anderem kommt.«
De Vrailly kniff seine wunderschönen Augen zusammen. »Willst du mich etwa einen Lügner
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