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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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langsam.
    Die Harndoner nannten all jene, mit denen sie zuvor zusammen in der Messe gewesen waren, Bruder oder Schwester, und so nickte Random dem Fremden zu.
    »Der Friede Gottes sei mit Euch, Bruder«, sagte er ein wenig zu eindringlich.
    Der Mann wirkte überrascht, weil er angesprochen worden war.
    In diesem Augenblick erkannte Random, dass es sich keineswegs um einen Gesetzlosen handelte, sondern um einen ziemlich verdreckten Edelmann. Die Unterschiede waren an seiner Kleidung deutlich zu erkennen. Der Mann trug einen großartigen, mit Leder bedeckten Waffenrock, der mindestens zwanzig Leoparden wert war, auch wenn er völlig mit Dreck übersät war. An seinen Stiefeln steckten goldene Sporen. Selbst wenn sie nur aus Silber gewesen wären, hätte doch eine jede einen Wert von etwa hundert Leoparden dargestellt.
    Der Mann seufzte. »Mit Euch auch, Messire.«
    Er ritt weiter.
    Random war in der halsabschneiderischen Welt der Schiffer und Gilden von Harndon nur deshalb zu einigem Reichtum gelangt, weil er bereit war, Fortuna bei den Haaren zu packen, wenn sie sich zeigte. »Ihr seid ein Ritter«, sagte er.
    Der Mann zügelte sein Pferd nicht, sondern drehte nur den Kopf. Als das Pferd aber die Gewichtsverlagerung spürte, blieb es von selbst stehen.
    Der Mann wandte sich ganz um und sah ihn an. Die Stille war geradezu schmerzhaft.
    Wen haben wir denn hier?, fragte sich Random.
    Schließlich nickte der Mann, der auf den zweiten Blick eine ganze Generation jünger als Random zu sein schien.
    »Ich bin ein Ritter«, sagte der junge Mann, als würde er eine Sünde beichten.
    »Ich brauche Männer«, sagte Random. »Ich habe eine Karawane auf der Straße, und da Ihr Sporen aus Gold tragt, wäre es mir eine große Ehre, Eure Hilfe zu erlangen. Meine Karawane besteht aus fünfzig guten Wagen, die nach Norden zum Jahrmarkt unterwegs sind. In meinem Angebot liegt nichts Unehrenhaftes. Ich fürchte nur Banditen und die Wildnis.«
    Der Mann schüttelte ganz kurz den Kopf, wandte sich ab, und sein Pferd trottete weiter voran. Es war ein gutes Kriegspferd, das aber mit dem Mann und seiner Rüstung überlastet war, denn das Gewicht war schlecht verteilt und für die Haltung des Tieres schädlich.
    »Seid Ihr sicher?«, fragte Random. Ein zweiter Versuch schadete nie.
    Der Ritter hielt nicht an.
    Random ließ seine Fahrer für ein Mittagsmahl anhalten, und danach reisten sie bis in den Abend und die einsetzende Dunkelheit hinein weiter.
    Am Morgen befanden sie sich bereits wieder auf der Straße, als die Sonne erst einen Fingerbreit über dem Fluss stand, der sich wie eine Schlange nach Osten wand. Später am Morgen stiegen sie in das Tal hinunter zur Großen Brücke, die den Rand der Inneren Gaue bezeichnete. In der Kauernden Katze erhielt er zusammen mit seinen Fahrern ein gutes Mahl. Die Männer fühlten sich geehrt, dass er zusammen mit ihnen speiste und sie so gut verköstigte.
    Nach dem Mittagessen machten sie sich an die Überquerung der Großen Brücke, deren sechsundzwanzig Brückenbögen von den Archaikern errichtet worden waren und unter großen Mühen in bestem Zustand gehalten wurden. Danach stiegen sie für eine Stunde das andere Ufer hinauf, wobei die Fahrer die Pferde zu Fuß an den Zügeln führten. Sie erklommen die höchste Stelle, und Random sah den Ritter erneut, der vor einer Kapelle an der Straßenseite kniete. Tränen schnitten tiefe Rinnen in den Staub, der auf seinem Gesicht lag.
    Random nickte ihm zu und fuhr weiter.
    Am Abend hatte er den Rest seiner Karawane eingeholt, die schon das Lager aufgeschlagen hatte, und er wurde von seinen vorausgeschickten Männern herzlich willkommen geheißen. Seine Fahrer unterhielten ihre Gefährten mit allen Ereignissen des Tages, und Guilbert salutierte vor ihm und berichtete, wie es der Karawane ergangen war, während sich Judson darüber ärgerte, dass er so schnell schon wieder da war.
    Alles war wie gewohnt.
    Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kam einer der Goldschmiedejungen zu seinem Wagen und salutierte wie ein Soldat. »Messire?«, fragte er. »Da fragt ein Ritter nach Euch.« Der Junge hatte sich eine Armbrust auf die Schulter gelegt und war offensichtlich mächtig stolz, zum einen weil er Wache schob, zum anderen weil er in dieser Karawane mitreiste und auch, weil er jetzt die so ungeheuer wichtige Rolle eines Boten übernommen hatte. Henry Lastifer. Der Name stieg aus dem Gedächtnis des Kaufmanns an die Oberfläche.
    Random folgte dem Jungen zum Feuer.

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