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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Hand, die Hand des kleinen Mädchens, nach ihnen aus, doch ihre Eltern wandten sich um und bestiegen einfach den Waggon.
    Es würde eine Reise ohne Wiederkehr werden, denn nur wenige Stunden später würde die Lokomotive entgleisen, und neben einigen anderen Menschen würden auch Frieda und Martin Ehrenfels bei diesem Eisenbahnunglück ums Leben kommen.
    »Ka mate«, wisperte eine Stimme durch ihr Bewusstsein. »Ka mate …«
    Als sie mit tränennassen Wangen hochschreckte, bemerkte sie, dass sie sich nicht mehr im Haus ihres Großvaters befand. Dann fiel es ihr wieder ein: Sie lag in ihrer Koje, in der schaukelnden Kajüte des Dampfschiffs, das sie in ihre neue Heimat bringen sollte.
    Ihr Herz pochte, als wollte es ihr aus der Brust springen. Lillian strich sich ein paar schwarze Haarsträhnen aus der Stirn. Nach einer Weile wurde sie wieder ruhiger. Ein Traum, sagte sie sich. Es war nur ein Traum. Das ferne Echo einer Erinnerung, schon zu weit weg, als dass sie sie noch greifen konnte.
    Dennoch wollte der Schlaf nicht wieder kommen. So leise wie möglich schwang sie die Beine über die Bettkante und ließ ihren Blick durch die Kabine schweifen, bis sie schließlich an der Koje ihres Großvaters ankam.
    Schon lange hatte Georg Ehrenfels, der jetzt leise vor sich hin schnarchte, davon geträumt, ein vollkommen neues Leben zu beginnen. Warum er seinen Traum nicht schon viel früher in die Tat umgesetzt hatte, war Lillian ein Rätsel. Schon vor zehn Jahren hatte es nichts mehr gegeben, was ihn in Deutschland gehalten hätte. Seine Frau war bereits vor zweiundzwanzig Jahren gestorben, sein Sohn zusammen mit seiner Schwiegertochter bei einem Zugunglück im Jahr 1873. Er hätte jederzeit gehen können. Doch er hatte es nicht getan. Ihr zuliebe. Ihr zuliebe war er in Deutschland geblieben und hatte gewartet, bis sie alt genug war, um die Schiffsreise zu überstehen. Und darauf, dass sie sein Wissen teilen und verstehen würde, was ihn antrieb.
    Was das Wissen anging, so hatte er Erfolg gehabt. Georg Ehrenfels mochte vielleicht kein berühmter Astronom sein, doch selbst die Akademie der Wissenschaften hatte zugeben müssen, dass seine Anstöße zur Mondforschung wertvoll waren.
    Alles, was er wusste, hatte er sie gelehrt, in der Hoffnung, dass sie eines Tages seinen Platz einnehmen würde. Ein Studium für Frauen war in Deutschland noch undenkbar, aber er war der Meinung, die Zeiten könnten sich ändern.
    Insgeheim hegte Lillian den Traum, zu studieren, doch die Jahre mit ihrem Großvater hatten sie realistisch gemacht. Mit ihm zusammenzuarbeiten, Wissen anzuhäufen und die Sterne betrachten zu können – eigentlich reichte ihr das.
    Das bevorstehende Abenteuer erfüllte sie mit freudiger Erregung, nicht nur, weil sie endlich die Sterne der Südhalbkugel sehen würde. Sie brannte auch darauf, die Flora und Fauna, von der sie bisher nur gelesen hatte, mit eigenen Augen zu sehen. Und die sagenhaften Maori, jenes rätselhafte Volk, vom dem ihr Großvater manchmal erzählte.
    Allerdings konnte ihr die Aussicht auf das große Abenteuer nicht darüber hinweghelfen, dass sie ihre Freundinnen zurücklassen musste. Besonders Adele Backhaus vermisste Lillian schmerzlich. Die beiden waren Freundinnen seit frühen Kindertagen, hatten Bonbons und Geheimnisse miteinander geteilt. Als Lillian ihr berichtet hatte, dass sie nach Neuseeland gehen würde, war Adele in Tränen ausgebrochen.
    »Was soll ich nur ohne dich machen?«, hatte sie sagt, während sie sich ihr schluchzend in die Arme geworfen hatte. An diesem Punkt war Lillian versucht gewesen, ihrem Großvater mitzuteilen, dass sie nicht mit ihm kommen würde. Doch dann hatte sie sich zur Ordnung gerufen und sich vor Augen gehalten, dass Adele von jeher einen Hang zur Dramatik gehabt hatte. Ihr Großvater brauchte sie, es war undenkbar, ihn nicht zu begleiten. Und Adele würde im kommenden Jahr in die Gesellschaft eingeführt werden und wahrscheinlich bald verlobt sein. Wenn ihr erst einmal der Hof gemacht wurde, würde sie es besser verkraften, dass ihre Freundin so weit von ihr entfernt war.
    »Ich bin ja nicht aus der Welt«, hatte Lillian bei ihrem Abschied gesagt. Dabei wusste sie sehr wohl, dass sie kaum irgendwo weiter von ihrer Freundin entfernt sein konnte als ausgerechnet in Neuseeland. Und ihr war auch klar, dass sie Adele mindestens ebenso stark vermissen würde, wie es umgekehrt der Fall war. »Ich werde dir schreiben, immer dann, wenn etwas Besonderes auf dem Schiff

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