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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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damit ich dich wiedersehe und deine Familie kennenlerne.«
    »Ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich noch nicht gegangen bin.« Georg blickte sich ein wenig ratlos um. Sein Zelt war nur mit dem Nötigsten ausgestattet, vor allem stapelten sich hier Kisten mit Forschungsmaterial. »Kann ich dir etwas anbieten? Ein wenig Kaffee oder Wasser?«
    Der Heiler schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Allerdings würde ich mich freuen, wenn ich hin und wieder zu dir kommen dürfte. Ich möchte gern sehen, wie dein Sternenhaus wächst.«
    »Du sollst mir jederzeit willkommen sein«, entgegnete Georg, der sich dennoch ein wenig beklommen fühlte, weil er fürchtete, nicht genug Gastfreundschaft zu zeigen. »Und was ist mit dir? Hast du eine Frau und Kinder?«
    »Ich habe zwei Töchter. Meine Frau wurde bei der Geburt der letzten zu den Göttern gerufen. Meine älteste Tochter arbeitet im Haushalt eines pakeha in Christchurch. Die Jüngere hat einen Krieger geheiratet und ihm zwei Töchter geschenkt. Beide werden eines Tages sicher gute tohunga werden, eine von ihnen unterrichte ich bereits.«
    »Du hättest sie mir vorstellen sollen«, sagte Georg, worauf der Heiler lächelte.
    »Sie sind ein bisschen schüchtern, und wir hatten kaum Zeit zum Reden. Mir schien, als wärst du nicht sicher, ob ich es auch wirklich bin, habe ich recht?«
    »In der Tat, ich wusste es nicht und habe auch nicht zu hoffen gewagt, dass du noch lebst. Aber die Götter sind uns beiden gewogen.«
    »Das sind sie tatsächlich, wenigstens in dieser Hinsicht. Und wenn du das nächste Mal zu mir kommst, lernst du meine Enkelinnen kennen. Bis dahin wirst du aber sicher hier genug zu tun haben.«
    »Das wird mich nicht davon abhalten, zu dir zu kommen. Vielleicht bringe ich Lillian mit, damit sie deine Enkelinnen kennenlernen kann.«
    »Zuvor solltest du ihr aber sagen, was du vor Jahren versprochen hast. Es wird die Dinge leichter machen.«
    Auf einmal wurde die Zeltplane zurückgeschoben.
    »Entschuldigen Sie, Sir …« Henare erstarrte, als er den Heiler in der Ecke sitzen sah. »Oh, verzeihen Sie, ich wusste nicht, dass Sie Besuch haben.«
    »Vielleicht sollte ich wieder gehen«, schlug der Heiler vor, doch Georg schüttelte den Kopf. »Nein, bleib ruhig.« Dann wandte er sich an seinen Assistenten. »Was gibt es denn, Mr Arana?«
    Noch immer wirkte Henare vollkommen erschüttert. Sein Blick wanderte immer wieder zu dem Heiler, als befürchte er ein Unheil von ihm. Georg runzelte die Stirn. Warum regte sich der junge Mann so auf?
    »Es ist … eigentlich kann es noch warten, bis Ihr Besuch wieder fort ist.«
    »Wenn das so ist, dann tun Sie mir doch bitte den Gefallen und sagen Sie den Arbeitern Bescheid, dass Sie den tohunga fortan zu jeder Stunde auf das Gelände lassen sollen. Er und ich werden uns viel zu erzählen haben.«
    Henare wirkte über diese Anweisung verwundert, doch er schien froh zu sein, das Zelt verlassen zu dürfen. »In Ordnung, Sir, ich gebe gleich Bescheid.«
    Kurz blickte er zu dem Alten in der Ecke, dann verschwand er aus dem Zelt.
    »Er scheint ein tüchtiger Bursche zu sein«, bemerkte der Heiler, als sich Henare vom Zelt entfernt hatte.
    »Das ist er wirklich. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun sollte.«
    »Ich wünschte, er würde auch seinen Vater so tatkräftig unterstützen.«
    Georg runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?« Ein Verdacht keimte in ihm auf, den der Heiler allerdings gleich wieder zerstreute.
    »Er ist der Sohn unseres ariki . Hat er dir das nicht erzählt?
    »Nein, das hat er nicht«, entgegnete Georg. »Warum nicht, frage ich mich. Er ist bei unserem Besuch doch seinem Vater gegenübergetreten. Ich habe nicht gemerkt, dass zwischen ihnen verwandtschaftliche Bande bestehen.«
    »Diese Bande sind, wenn überhaupt noch vorhanden, sehr dünn. Henare hat schon vor vielen Jahren beschlossen, ein pakeha zu werden. Manchmal passiert das, und besonders in letzter Zeit entscheiden sich viele unserer jungen Männer, in euren Städten zu leben. Doch Henare ist der Sohn eines ariki , der gehofft hat, sein Sohn würde eines Tages seinen Platz einnehmen. Auch die Tage des ariki sind gezählt, er ist sehr krank.«
    »Wirklich? So erschien er mir gar nicht.«
    »Weil ich noch immer weiß, welche Kräuter man wo finden kann.« Ein schmerzliches Lächeln huschte über das Gesicht des Heilers. »Doch wenn die Götter ihm gewogen sind, wird er bestenfalls noch ein halbes Jahr auf dieser Erde wandeln. Dann werden papa und

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