Der Rote Sarg
größten Patronen heraus, die Pekkala jemals gesehen hatte, »wird das den Panzer stoppen.« Er zögerte. »Oder sollte es zumindest. Die Waffe ist noch nicht fertig. Es können noch Jahre bis zum Endprodukt vergehen. Und bis dahin ist das Ganze streng geheim!«
»Jetzt nicht mehr«, sagte Pekkala.
Vom Telefon in Hauptmann Samarins Büro aus rief Pekkala in Stalins Büro im Kreml an.
Poskrjobyschew meldete sich. Wer sonst? Er ging immer ran, auch nachts.
Als Pekkala dessen Stimme hörte, fragte er sich, ob Poskrjobyschew jemals das Gebäude verließ.
»Stellen Sie mich zum Genossen Stalin durch«, sagte Pekkala dem Sekretär.
»Es ist spät«, antwortete Poskrjobyschew.
»Nein«, sagte Pekkala. »Es ist früh.«
Poskrjobyschew verstummte, dann war ein Klicken zu hören.
Kurz darauf meldete sich eine mürrische Stimme. »Was gibt es, Pekkala?«
Pekkala erklärte, was vorgefallen war.
»Konstantin Nagorski hat den Mord an seinem Vater gestanden?«, fragte Stalin, als könnte er nicht begreifen, was er soeben gehört hatte.
»Richtig«, sagte Pekkala. »Er wird noch heute Morgen in die Lubjanka überstellt.«
»Wurde dieses Geständnis mit den gleichen Mitteln erwirkt wie das andere?«
»Nein«, sagte Pekkala. »Es war keine Gewaltanwendung nötig.« Er sah auf die Papiere, die auf Samarins Schreibtisch verstreut lagen. Seit seinem Tod schien sich hier niemand zu schaffen gemacht haben. In einer Ecke stand ein kleines, gerahmtes Bild von Samarin mit einer Frau, wohl seiner Ehefrau.
»Glauben Sie«, fragte Stalin, »dass dieser Uschinskij den T-34 wirklich den Deutschen aushändigen wollte?«
»Nein, Genosse Stalin. Das glaube ich nicht.«
»Und trotzdem sagen Sie mir, dass einer der Panzer verschwunden ist?«
»Das ist richtig, aber Uschinskij hat damit nichts zu tun.« Pekkala hörte das Ratschen eines Streichholzes, als sich Stalin eine Zigarette anzündete.
»Das ist das zweite Mal«, grummelte Stalin, »dass mir Major Lysenkowa falsche Informationen hat zukommen lassen.«
»Genosse Stalin, ich glaube, ich habe den verschwundenen T-34 ausfindig gemacht. Die Suche lässt sich auf ein dicht bewaldetes Gebiet entlang der polnischen Grenze beschränken, auf den Wald von Rusalka.«
»Der Panzer ist aufmunitioniert?«
»Voll aufmunitioniert, Genosse Stalin.«
»Aber es ist nur ein Mann im Fahrzeug! Das haben Sie doch gesagt? Kann er den Panzer allein bedienen?«
»Fahren, Laden, Zielen, Feuern, all das kann eine Person allein. Der gesamte Vorgang dauert dann natürlich länger, aber …«
»Der Panzer ist in der Hand von einer Person genauso gefährlich wie mit der vollen Besatzung … Wie viele sind es wieder?«
»Vier, Genosse Stalin. Die Antwort lautet: Ja. Eine Person, die weiß, was sie tut, kann aus einem T-34 eine extrem gefährliche Maschine machen.«
Schweigen. Und dann ging Stalin hoch. »Ich werde eine ganze Infanteriedivision ins Gebiet schicken! Die Fünfte Infanteriedivision, dazu die Dritte Panzerdivision. Sie haben keine T-34, aber sie können sich ihm in den Weg stellen, bis ihm die Munition ausgeht. Es interessiert mich nicht, wie viele Männer sterben müssen, um ihn aufzuhalten. Es interessiert mich nicht, wie viele Fahrzeuge zerstört werden. Wenn es sein muss, hetze ich ihm die ganze Sowjetarmee auf den Hals!«
»Damit liefern Sie den Deutschen genau den Vorwand, den sie suchen.«
Pause.
»Da haben Sie vielleicht recht«, räumte Stalin ein. »Aber ich werde nicht zulassen, dass dieser Verräter entkommt … koste es, was es wolle.«
Pekkala hörte Stalin heftig ausatmen und sah die graue Rauchwolke um seinen Kopf regelrecht vor sich.
»Es gibt eine Einheit, die auf Sondereinsätze spezialisiert ist. Sie steht unter dem Befehl von Major Derewenko. Eine kleine Abteilung nur. Wir könnten sie hinschicken.«
»Es freut mich, das zu hören, Genosse Stalin.«
Es klapperte in der Leitung – Stalin hatte den Hörer zur Seite gelegt und zu einem zweiten Apparat gegriffen. »Verbinden Sie mich mit Major Derewenko von der Abteilung für Sondereinsätze in Kiew«, befahl er. »Warum nicht? Wann war das? Sicher? Ich?« Stalin knallte den Hörer auf. Kurz darauf war er wieder in der Leitung. »Derewenko ist liquidiert worden. Die Abteilung ist aufgelöst. Ich kann die Armee nicht hinschicken.«
»Nein, Genosse Stalin.«
»Dann schlagen Sie also vor, dass ich ihn ziehen lasse?«
»Ich schlage Ihnen vor, dass Sie mich hinfahren lassen, damit ich ihn aufhalte.«
»Sie,
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