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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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was sollte ich tun? Nach all meinen Strapazen waren meine Kleider, wie Mrs. Nooth sagen würd e, »in einem Zustand«. Mit meiner Familie zusammenzutreffen, wenn ich so ungepflegt aussah, war nicht im Geringsten wünschenswert, aber das spielte eine geringere Rolle, als mich aus Gründen meines eigenen Komforts umzuziehen. Wenn ich die Kleider endlich ausgezogen und mich von den begleitenden Erinnerungen an das Grab befreit hätte, würde ich mich besser fühlen und eher in der Lage sein, nachzudenken.
    Ich drückte leicht gegen die Tür, und dann stand ich in der vertrauten Sicherheit meines eigenen Zimmers. Mein erster Eindruck war, dass Jericho den Raum besser als üblich sauber gemacht hatte. Der Tisch, den ich für meine Studien benutzte, war nicht länger mit Papierstapeln und offenen Büchern bedeckt. Die Ersteren waren verschwunden, und die Letzteren waren alle geschlossen und nebeneinander ins Regal gestellt worden. Das ärgerte mich. Ich war damit noch nicht fertig gewesen, und er wusste es ...
    Aber er wusste ebenfalls, dass ich niemals zu ihnen zurückkommen würde. Ich war gestorben. Oh, mein armer Freund.
    Andere Einzelheiten prägten sich mir ein. Auf einem Tisch neben dem Bett hatte jemand eine brennende Kerze in einem kleinen Kerzenhalter in eine große Schüssel mit Wasser gestellt So etwas hatte ich nicht mehr gesehen, seit Elizabeth und ich sehr kleine Kinder gewesen waren und ein Licht gewollt hatten das die Schrecken der Nacht vertrieb.
    Das Bett selber war aufgedeckt, als warte es auf meine Rückkehr. An seinem Fußende war der kunstvoll gearbeitete Morgenrock ausgebreitet, den Elizabeth mir gemacht hatte. Auf dem Fußboden standen meine Pantoffeln.
    Ich schreckte zurück vor diesem eigentlich harmlosen Anblick. Er war vollkommen unschuldig, bis auf die Tatsache, dass der fehlende Besitzer tot und vermutlich für immer verschwunden war. Hatten sie mein Zimmer in eine Art furchtbaren Schrein meiner Erinnerung verwandelt? Es war abstoßend. Andererseits hätte ich mich vielleicht auch nicht anders gefühlt, wäre ich hereingekommen und hätte den Raum von meinen Habseligkeiten befreit und ohne Hinweis auf meine Existenz vorgefunden.
    Das würde sich ändern. Bevor die Nacht vorbei war, würde alles in seinen vorherigen Zustand zurückverwandelt werden. Vielleicht wäre es dann nicht genauso wie vorher, aber besser als diese gespenstische, kummervolle Gegenwart.
    Aber eins nach dem anderen. Ich musste diese Kleider loswerden.
    Hastig befreite ich mich von meiner Jacke, riss mir Hemd und Hose vom Leib und zog mir Stümpfe und Unterwäsche aus. Die Luft, die durch das Fenster hereindrang, war süß auf meiner nackten Haut. Ich streckte mich, damit sie jede Stelle meines Körpers berühren konnte, und strich mein verfilztes Haar mit meinen Fingern zurück. Staunend sah ich, dass die Narbe auf meiner Brust, die anzeigte, wo die Kugel aus der Muskete ein getreten war, wesentlich blasser und kleiner war als zuvor.
    Ich ließ meine Sonntagskleider in einem Knäuel auf dem Boden liegen, aber ich nahm die silbernen Spangen von den Schuhen ab, um sie an ihren üblichen Platz im Kleiderschrank zu legen.
    Der Kleiderschrank war leider, unerwartet, traurigerweise und unververnünftigerweise sehr, sehr leer.
    Ich starrte ihn eine lächerlich lange Zeit an wie ein hirnloser Hanswurst, mit herabhängendem Kiefer und weit aufgerissenen Augen, bis mich glühende Wut überflutete. Hätten sie nicht wenigstens eine kleine Weile warten können, bevor sie meine Sachen untereinander und unter den Dienern aufteilten? Ich gönnte das Grundbedürfnis verstehen, mich am selben Tag, an dein ich gestorben war, unter die Erde zu bringen, da das Wetter zu heiß war, um Verzögerungen zuzulassen, aber es hätte doch nicht geschadet, eine anständige Frist verstreichen zu lassen, bevor sie dieses andere Ritual des Todes vollzogen hätten.
    Ich schlug ohne Rücksicht auf den Lärm gegen die Tür, griff nach meinem Morgenrock und zog ihn an. Ich versuchte es mit der obersten Schublade der Truhe am Fuße des Bettes. Leer. Nicht einmal ein paar Fusseln in den Ecken. Angeekelt knallte ich sie ebenfalls zu. Ich hatte keine andere Bekleidung als meinen Morgenrock oder meine Grabkleidung, und ich wollte verdammt sein, bevor ich diese wieder anzog. Wutschnaubend kehrte ich zum Kleiderschrank zurück und durchsuchte seine Schubladen. Ich dachte eigentlich nicht wirklich, dass ich etwas finden würde, aber andererseits dachte ich zu dieser

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