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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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kleinen Affenart. Er benutzte es, um uns die Anatomie zu erklären. Auf einem anderen Regal bewahrte er seine geologischen Funde auf, einschließlich des großen Exemplars eines spiralförmigen Seelebewesens, das so alt war, dass es sich in Stein verwandelt hatte. Er selbst hatte es irgendwo ausgegraben und vergnügte sich gerne mit Spekulationen über seine Herkunft. Dieses Ding hatte mich schon immer fasziniert und so manche Gespräche oder freundliche Dispute eingeleitet.
    Elizabeth zog ihre Jacke aus, nahm ihren Hut ab und hängte beides an die Haken neben der Tür. Dies war für uns ein zweites Zuhause und Rapelji unser exzentrischer Onkel; doch wir waren schon seit einiger Zeit nicht mehr gemeinsam hier gewesen, ein Punkt, auf den er hinwies.
    »Die Lage zu Hause ist etwas hektisch«, sagte Elizabeth. »Zwei von Mutters Freunden sind hergekommen, um eine Weile bei uns zu bleiben.«
    »Ah, das ist gut. Gesellschaft hilft die Zeit zu vertreiben.« Rapelji mochte es, Leute um sich zu haben, wie sein enormer Haushalt verdeutlichte.
    »Haben Sie Mutter je getroffen?«, fragte ich ihn. Er hatte sie nie zuvor erwähnt, und ich war neugierig, seinen Teil der Geschichte zu erfahren.
    Er kräuselte seine fleischigen Lippen, um nachzudenken. »O ja, aber das ist schon Jahre her, und nur das eine Mal, als ich mich auf ihre Anzeige für einen Hauslehrer meldete. Sie führte ein Gespräch mit mir und schickte mich hierher. Es scheint, dass ich der Einzige war, der willens war, die Reise auf sich zu nehmen. Ihr guter Vater erledigte den Rest der Arrangements, und das war's. Da sie hier ist, sollte ich vielleicht vorbeischauen und meine Aufwartung machen.«
    »Nein!«, sagten wir unisono.
    »Nein?«, fragte er nach, sein Interesse geweckt durch unser Widerstreben. Dann fiel ihm zum ersten Mal Elizabeths Gesicht auf. Bis jetzt hatte sie sich im Hintergrund gehalten. »Guter Gott, Kind, was ist mit Euch passiert?«
    Obwohl sein Schock im Einklang mit Elizabeths Hoffnungen und Plänen stand, war es dennoch schwierig für sie. Sie biss sich auf die Lippe und senkte den Blick.
    »Wir hatten zu Hause einige Probleme«, murmelte sie.
    »Tatsächlich?« Rapelji war klar, dass es da noch mehr zu erfahren gab.
    »Nun, kommen Sie her, und ruhen Sie sich aus.« Er stellte ihr besorgt einen Stuhl hin. Jetzt sah er mich durchdringend an und bemerkte die geschwollene Haut, die ich zuvor in meinem Rasierspiegel gesehen hatte. Ich fühlte, wie ich rot wurde, und wusste nicht, warum. Wie bei Elizabeth gab es bei mir nichts, wofür ich mich schämen müsste.
    Eins der Mädchen kam herein, um den Tisch zu decken – ich glaube, es war Kachel – und ihre scharfen Augen hafteten auf unseren Gesichtern, nach der Art alter Frauen.
    »Großer Gott, Kinder, hattet ihr Streit?«, fragte sie.
    Elizabeth hob die Hand an die Wange. Ich behielt meine Hände unten, aber nickte der besorgten Frau zu. »Ja, Ma'am, aber nicht miteinander.«
    »Ich mache euch einen schönen Breiumschlag aus Zucker und Schmierseife«, versprach uns Kachel.
    Sarah erschien neben uns, beäugte uns argwöhnisch und schüttelte den Kopf.
    »Nein, Liebes, das ist gut gegen Geschwüre. Was du meinst, ist in Melasse getauchte Baumwolle.«
    »Das ist gegen Ohrenschmerzen«, meinte Kachel.
    »Wirklich? Ich hätte schwören können ...«
    »Bitte, meine Damen«, unterbrach Elizabeth sie. »Sie müssen sich darüber keine Gedanken machen. Ich habe keine Schmerzen. Wir müssen mit unseren Studien weitermachen.«
    Da sie offensichtlich nicht zufrieden waren und bleiben wollten, kam Rapelji zu ihrer Unterstützung, und die beiden Damen verschwanden schließlich mitsamt ihren guten Absichten. Er wartete, bis die Küchentür geschlossen war, und bat dann sanft um eine Erklärung.
    »Mutter ... hatte das Bedürfnis, uns zu bestrafen, Sir«, antwortete ich steif.
    »Und Ihr Vater war damit einverstanden?«, fragte er überrascht. »Damit?«
    »Nein, Sir. Er überzeugte sie, damit aufzuhören.«
    Elizabeth stieß einen ungeduldigen Seufzer aus, sagte zu mir, ich solle nicht so ein Diplomat sein, und erzählte Rapelji mutig die Wahrheit. Jedoch erwähnte sie nicht Mutters obszöne Anschuldigung, nur dass sie einen Anfall gehabt hatte, bei dem der Verstand ausgeschaltet war. Sie fuhr fort mit dem Hinweis, dass Vater die Angelegenheit noch rechtzeitig beendet hatte, und erwähnte, dass Beldons Dienste als Arzt in Anspruch genommen worden waren. Ich hörte mit überraschtem Interesse zu. Es schien,

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