Der rote Tod
in London. Dieser Ort ist ein langweiliger und windiger Sumpf, aber wenn du dort bist ...« Ihr Mund schloss sich über meinem, warm und weich und mit dem Geschmack nach Salz.
Nicht Salz. Der Geschmack nach Blut. Meinem eigenen Blut.
Aber das machte mir nichts mehr aus. Sie konnte tun, was sie wollte, solange ich einen Platz in ihrem Herzen hatte. Sie erfüllte meins völlig.
Wir redeten und planten für einige Zeit, aber ich war erschöpft und schlief bald in ihren Armen ein.
Ich erwachte langsam und faul, meine Augenlider weigerten sich, sich zu heben und den Tag zu beginnen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war. Das einzige Fenster des Raumes war trotz seiner enormen Größe komplett verhängt. Ich lag allein im Bett. Nora musste früher aufgestanden und zum Frühstücken nach unten gegangen sein.
Als ich mich auf die Seite rollte, entdeckte ich ein gefaltetes Blatt Papier auf dem Tisch neben dem Bett. Auf ihm war eine einfache Nachricht zu lesen: »Klingle, wenn du wach bist.« Neben dem Blatt stand eine silberne Glocke. Ich tat wie angeordnet, und sofort erschien ein großer und erschreckend würdevoller Butler und fragte, wie er mir zu Diensten sein könne.
»Wo ist Miss Jones?«
»Sie ist den Tag über nicht da, aber sie hat eine Nachricht für Sie hinterlassen.«
Ich setzte mich interessiert auf. »Ja?«
»Sie versucht sich heute Nacht wieder mit Ihnen zu treffen, aber wenn sie dazu nicht in der Lage sein sollte, werden Sie ganz sicher spätestens in einer Woche in Cambridge mit ihr zusammentreffen.«
Meine Enttäuschung fiel auf mich wie ein großer Stein. Ich hatte auf mehr gehofft als auf bloße verbale Kommunikation. Ein ausführlicher Liebesbrief wäre schön gewesen. Eine Woche? Das war eine Ewigkeit. »Wohin ist sie gegangen?«
»Diese Information hat sie mir nicht anvertraut, Sir.«
»Was ist mit Mrs. Poole? Weiß sie es vielleicht?«
»Mrs. Poole hat das Haus früh verlassen, um Besuche zu machen, Sir. Ich glaube auch nicht, dass sie in der Lage ist, Ihnen weiterzuhelfen.«
»Verdammnis.«
»Würden Sie gerne ein Bad nehmen und sich rasieren, Sir?«
»Wirklich?« Wenn ich all die Mühen bedachte, die die Bediensteten Warburtons gestern auf sich genommen hatten, war dies ein unerwarteter Segen. Ich nahm den angebotenen Luxus an, und während alles in einem anderen Raum für mich vorbereitet wurde, setzte ich mich an den Tisch und komponierte einen Gesang an Nora.
Wie meine ersten Küsse war er im Wesentlichen eher enthusiastisch als ausgefeilt, aber durch ehrliche Gefühle geprägt. Einige Teile davon waren zweifellos übertrieben, aber Liebe kann alles verzeihen, einschließlich schlechter Dichtkunst. Als ich an einer Stelle anlangte, an der ich entweder noch seitenlang weitermachen oder das Gedicht beenden konnte, entschied ich mich dafür, Schluss zu machen. Mir wurde plötzlich klar, dass das ganze Ding höchst indiskret war, und Nora hatte definitiv um meine Diskretion gebeten. Ich schrieb es um, aber änderte die Anrede von ›Meine liebste Nora ‹ in ›Mein liebster Liebling‹. Ich unterschrieb mit einem einfachen ›J‹ und warf den ersten Entwurf ins Feuer. Das war so diskret, wie ich im Moment sein wollte.
Ihre Diener kümmerten sich darum, dass ich jede mögliche Annehmlichkeit bekam, also dass ich gepflegt wurde, man mir Essen servierte und dass ich angekleidet wurde, mit Kleidungsstücken, die wie durch ein Wunder gelüftet und ausgebürstet worden waren, sodass sie wie neu schienen. Ich fühlte mich – wie Nora es vorhergesagt hatte – ein wenig wackelig auf den Beinen, aber das war unbedeutend im Vergleich zu der Steifheit der Muskeln und Gelenke, die gewisse Aktivitäten in der Horizontale nicht gewöhnt waren. Auch erschien es mir notwendig, vorsichtig zu gehen, um mich vor einer unerwarteten Unannehmlichkeit zu bewahren, denn es gab eine eindeutige Empfindlichkeit zwischen meinen Beinen, die von den vielen Anstrengungen der vergangenen Nacht herrührte. Vielleicht wären ein paar Tage Erholung doch nicht so schlecht.
Eine Kutsche stand bereit, die mich zum Haus der Warburtons bringen sollte.
Mittlerweile war es früher Nachmittag, aber ich machte mir keine Gedanken über meine verzögerte Rückkehr – nicht, bis die Kutsche vor der Vordertreppe anhielt und Oliver aus der Tür stürmte.
»Mein Gott! Wo um alles auf der Welt hast du gesteckt?«
»Ich habe Warburton gesagt...«
»Ja, ja, und dann warst du die ganze Nacht verschwunden. O Himmel, Mann, du
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