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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Ausguss und ging ins Badezimmer, wo sie brühend heiß
    duschte und sich anschließend hastig abtrocknete. Sie zog erst die Skiunterhose und dann die lange Thermounterhose und das Thermounterhemd an, gefolgt von zwei Paar Wollstrümpfen, einer dicken Jeans und einem Fleecepullover.
    Anschließend suchte sie die Kellerschlüssel heraus, ging hinunter und öffnete das Schloss zu ihrem Kellerverschlag. Die Bandyschuhe standen in einer Plastiktüte neben Thomas' alten Schulbüchern. Ihre Polarjacke war verstaubt und schmutzig. Seit Svens Tod hatte sie unbenutzt im Keller gehangen, da sie nicht mehr gebraucht wurde. Die endlosen Abende am Spielfeldrand des eiskalten Bandyplatzes gehörten für immer der Vergangenheit an.
    Nun holte sie Schuhe und Jacke hervor, entstaubte sie und trug sie in die Wohnung hinauf. Sie hängte die Jacke auf und musterte sie kritisch.
    Das Kleidungsstück war abgrundtief hässlich, aber im nordschwedischen Pitea war es mit Sicherheit noch kälter als in Stockholm.
    »Wann kommst du nach Hause?«
    Sie drehte sich um und sah Thomas, der in der Tür zum Schlafzimmer stand und sich eine Unterhose anzog.
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte sie. »Wolltest du das Essen fertig haben oder was?«
    Er wandte sich ab und verschwand in der Küche.
    Plötzlich konnte sie keine Sekunde mehr bleiben. Sie warf sich in die Polarjacke, schnürte die Bandystiefel zu und überprüfte, dass Schlüssel und Geldbörse, Skihandschuhe und Mütze in der Tasche lagen. Dann schloss sie geräuschlos die Wohnungstür und eilte die Treppen hinunter, fort von den Kindern. Annika ließ
    sie in der Wärme zurück und vermisste sie schon. Meine geliebten Kleinen, ich bin immer bei euch, nichts Böses darf euch geschehen.
    Sie ging auf verschlafenen Straßen zum Flughafenzubringer und nahm einen voll besetzten Zug zum Flughafen hinaus. Bis zum Abflug waren es immer noch zwei Stunden. Sie versuchte, einen Kaffee zu trinken und die Abendzeitungen zu lesen, war jedoch einfach zu rastlos. Also gab sie auf, sah beim Enteisen der Tragflächen zu und vermied es tunlichst, daran zu denken, wie sich die Abteilungsleiter des Landtagsverbands vor Arbeitsbeginn versammelten und darauf vorbereiteten, die plötzlich aufgetretene Vertrauenskrise, die eine ihrer Angestellten betraf, zu bewältigen.
    Als die brüllenden Motoren des Flugzeugs dafür sorgten, dass die Räder vom Erdboden abhoben, fiel die Verwirrung von ihr ab. Das Flugzeug war nicht ganz voll, sodass der Platz neben ihr frei war, und sie nahm sich ein Exemplar der
Norrlands-Tidningen,
das jemand liegen gelassen hatte, der in der Gegenrichtung unterwegs gewesen war.
    Tief unter ihr und mit jeder Sekunde weiter entfernt sah sie die Erde tiefgefroren und steinhart funkeln.
    Sie wandte sich der Zeitung zu und zwang sich, möglichst langsam in ihr zu blättern.
    Die Einwohner des Dorfes Karlsvik forderten, dass in den Abendstunden mehr Busse fuhren.
    Ein verschwundener Dreijähriger war mit Hilfe eines mit Wärmebildkamera ausgerüsteten Hubschraubers im Wald bei Rosvik gefunden worden. Alle waren froh und dankbar, und die Polizei hatte wirklich gute Arbeit geleistet.
    Nach gescheiterten Tarifverhandlungen über Gehaltserhöhungen und die einzuhaltende Reihenfolge am Taxistand drohte auf dem Flughafen Kailax ein Streik der Taxifahrer.
    Das Eishockeyteam von Lulea hatte sein Heimspiel gegen die Mannschaft von Djurgärden aus Stockholm verloren, das geschah ihnen nur recht.
    Sie ließ die Zeitung sinken, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    Offenbar war sie eingenickt, denn im nächsten Moment setzten die Räder der Maschine bereits in unmittelbarer Nähe des Polarkreises auf Eis und Asphalt auf. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es fast elf war, und sie streckte sich und schaute aus dem Fenster. Draußen dämmerte es bleich über einer gefrorenen Heidelandschaft.
    Als sie in die Ankunftshalle gelangte, kam sie ihr leer und nackt vor, und es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, was fehlte: die übliche Horde uniformierter Taxifahrer am Eingang.
    Sie holte die Schlüssel ihres Mietwagens ab.
    »Motor- und Standheizung sind eingeschaltet«, sagte der junge Mann und lächelte charmant. »Nehmen Sie das Kabel mit. Sie werden es brauchen.«
    Sie sah zu Boden und bedankte sich murmelnd.
    Die Kälte war knochentrocken und lähmend und traf sie wie ein Faustschlag.
    Vorsichtig holte sie Luft und wehrte sich gegen die Messer, die sie ihren Hals hinabsog. Leuchtziffern über dem

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