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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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auf den Plan des Magiers eingegangen. Finnegan war es, der ihre Hilfe brauchte; ihn galt es in Sicherheit zu bringen; ebenso wie Barrasch. Mit dem alternden Hauptmann verband sie eine Freundschaft, die im Laufe der Jahre gewachsen war, dennoch war das Band zu dem jungen Soldaten stärker. Und Mogda? Er hatte ihr Leben geprägt, und sie würde es ihm jeder Zeit anvertrauen. Seine Größe und Stärke gaben ihr Kraft. Aber Mogda brauchte ihre Hilfe sicher am wenigsten. Im Allgemeinen kam er gut alleine zurecht.
    Ganz im Gegensatz zu Cindiel schien Lord Sigurt von keinerlei Zweifeln geplagt zu sein. Raschen Schrittes ging er voraus.
    Nur spärlich erhellte das Tageslicht ihren Weg. Je weiter sie in den Tunnel vordrangen, desto dunkler wurde es, bis sie schließlich nur noch von Schwärze umgeben waren.
    »Halt!«, flüsterte Sigurt, keine fünf Schritte von Cindiel entfernt. »Wir sind da.«
    Cindiel war immer noch unklar, wonach der Lord suchte, außer vielleicht einem schnellen Tod durch die Hand Mogdas, der ihm mit Sicherheit bevorstand, sollte er auf den Oger treffen. Es hatte keinen Sinn mehr, ihre Maskerade aufrechtzuerhalten. Sigurt schien ohnehin zu wissen, mit wem er es zu tun hatte. Er würde es nur niemandem mehr erzählen können. Die junge Hexe sprach einen Lichtzauber und erhellte das Tunnelgewölbe, in dem sie standen. Als die flammenlose Lichtkugel nur wenige Fuß vor ihr schwebte, stockte Cindiel der Atem. Um sie herum lag ein halbes Dutzend toter Gladiatoren. Die langen tiefen Wunden ließen keinen Zweifel daran, wer sie getötet hatte. Cindiel hatte schon oft gesehen, was ein Oger mit einem Schlag anrichten konnte, doch dieses Gemetzel versetzte sie in Erstaunen. Mogdas Gegner waren keine einfachen Kämpfer gewesen, keine Hilfstruppen; es waren Gladiatoren. Schwer gerüstet und bewaffnet waren sie einem Oger fast ebenbürtig. Der Kampf in der Arena gegen zwei von ihnen war nur so verlaufen, weil sie Mogda unterschätzt hatten. Sie hatten darauf vertraut, die stumpfe Waffe und die Zeit im Kerker hätten aus dem Oger eine leichte Beute gemacht. Mogda hatte sie zwar eines Besseren belehrt, doch diese sechs hier hätten sich eigentlich nicht überraschen lassen dürfen.
    »Seht sie Euch an, Lord Sigurt«, schrie Cindiel. »Das hier sind die ersten Opfer Eurer Herrschaft. Ihr gebietet über ein Land, das Euch nicht will. Nelbor liegt im Krieg, und Ihr wagt es, den Zorn der Oger heraufzubeschwören. Seht Euch die Toten gut an. Ihr werdet sie über das ganze Land verstreut finden. Das hier hat ein Oger getan. Könnt Ihr Euch vorstellen, was passiert, wenn deren tausend anrücken? Ihr seid so sehr davon besessen, König zu werden, dass ihr nicht über den Rand Eurer Krone hinausblicken könnt. Wenn Mogda Euch findet, wird er Euch richten.«
    Ein Tonkrug ging zu Bruch, und jemand trat auf die Scherben, die knirschend zermalmt wurden. Cindiel fuhr erschrocken herum. Aus dem Dunkel eines Gangs lösten sich die massigen Gestalten von mehreren Ogern, angeführt von Haran.
    »Richten klingt gut«, brummte Mogda, der sich an Haran vorbeidrängte, »doch beschreibt es nicht annähernd die Schmerzen, die du dabei erleiden wirst.«
    Neben einigen anderen Ogern sah Cindiel auch Rator, der im Hintergrund stand. Obwohl sie ihn seit Jahren nicht gesehen hatte, erkannte sie den Kriegsoger an seinen großflächigen Tätowierungen. Bevor Cindiel überhaupt verstand, was hier vor sich ging, war Mogda schon heran und drückte Lord Sigurt die stumpfe Klinge an den Hals. Der junge Adlige stand wie erstarrt.
    »Eure Lordschaft war der Meinung, Oger sollten nicht sprechen?«, fragte Mogda und presste die Klinge stärker gegen Sigurts Kinn.
    »Er kann dich nicht hören«, nuschelte Sigurt mit zusammengebissenen Zähnen.
    Mogda ließ angewidert von dem Adligen ab und wandte sich Cindiel zu.
    »Geht es dir gut, Prinzessin?«
    Cindiel wich ängstlich zurück.
    »Was ist hier los?«, schrie sie.
    »Frag ihn!« Mogda zeigte auf Lord Sigurt.
    Der Adlige hatte sich wieder gefangen und wischte sich brüskiert die Hände an der Weste ab.
    »Ich hatte gehofft, Ihr würdet von selbst darauf kommen«, begann er. »Ich war immer der Meinung, dass sich Hexen mit jeder Art von Ränkespiel auskennen. Doch ich will Euch Eure unzulängliche Ausbildung nachsehen, da Ihr es wart, die unseren Plan in die Tat umgesetzt hat.«
    »Wovon sprecht Ihr?«, fragte Cindiel verwirrt.
    »Die kleine Phiole. In ihr war kein Gift. Um es genau zu sagen: Sie war leer.

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