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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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urtümlichen Gier angetrieben, die augenscheinlich seinen Verstand ausschaltete, ließ Wizzel sein Messer fallen, um das dreimal schwerere Gemüse zu fangen. Das Gewicht des Kürbisses ließ seinen Körper zusammenklappen wie eine Blume, auf die man tritt, und begrub ihn unter sich. Nur seine Beine schauten unter der Frucht hervor, die außerdem bei ihrem Aufprall noch zwei Dielenbretter zerschmetterte. Mogda nahm sein Schwert auf, trat zwei Schritte an Wizzel heran und trieb die Klinge durch den Kürbis, durch Wizzel und durch die Bretter. Dann ließ er das Runenschwert stecken, um sich um Usil zu kümmern. Der Hustenanfall des Alten vermischte sich mit einem zaghaften Lachen.
    »Ich hätte ihn schon vorher umgebracht, doch ich wusste nicht, ob es dir Recht wäre. Ihr habt so vertraut gewirkt«, flachste Mogda.
    Schnell hatte er die Fesseln zerrissen und setzte Usil im Bett auf. Er war zu schwach, um zu sprechen, doch Mogda konnte in seinen Augen mehr erkennen, als der Alte hätte sagen können.
    Mogda hielt ihm eine Schöpfkelle mit Wasser hin, von der Usil vorsichtig trank. Danach tupfte er behutsam die Wunden ab und legte den Alten wieder hin.
    »Ruh dich erst einmal aus, morgen ist noch genug Zeit für eine Unterhaltung.«
    Schnell war Usil eingeschlafen, und auch Mogda nutzte die Zeit, um sich hinzulegen.

6
Fremder ohne Schuhe
    Es war finsterste Nacht, und sogar die Sterne hatten sich dazu entschlossen, hinter den Wolken zu verbleiben. Der Himmel bot kein Zeichen, um einem einzelnen Wanderer die Orientierung zu erleichtern. Die Dunkelheit schien nicht nur alle Farben zu schlucken, sondern auch jedes Geräusch zu dämpfen. Alles, was blieb, war der knirschende Sand aus zerstoßenen Muschelschalen, vermischt mit dem roten Quarzsediment, der bei jedem Schritt des jungen Mannes in die Nacht hinein flüsterte. Normalerweise wäre es unmöglich gewesen, ohne Wegpunkte die Wüste zu durchqueren. Ohne zu wissen, wohin man lief, war ein solches Unterfangen reiner Selbstmord. Doch dieser Wanderer war anders, er folgte nicht einem Pfad, er folgte dem Ziel, dass ihn anzog wie ein Sog im Meer einen Schwimmer.
    Seine Schritte folgten unbeirrbar aufeinander, keine Unsicherheit tat sich auf, kein Stocken, kein Zögern, nichts was darauf schließen ließ, dass etwas Unvorhergesehenes passieren konnte.
    Doch dann endeten die Schritte abrupt.
    Eine halbe Meile voraus wurde plötzlich eine kleine Gruppe von Felsen erhellt. Ihre rot geränderten Umrisse waren nur für einen Augenblick zu erkennen, dann verschwanden sie wieder in der Dunkelheit. Kurz danach tanzten kleine glühende Funken in der Luft, die immer höher stiegen, bis auch sie von der Nacht aufgesogen wurden.
    Eilig setzte der junge Mann seinen Weg fort, diesmal hielt er genau auf das nächtliche Lager zu. Hundert Schritt davor hielt er abermals.
    »Wer ist da?«, hörte er eine kräftige Männerstimme rufen.
    Einen Augenblick herrschte angespannte Stille, dann antwortete der junge Mann.
    »Keine Angst, ich bin nur ein einsamer Wanderer auf der Suche nach einem nächtlichen Lager.«
    »Dann zeigt Euch, wenn Ihr nichts zu verbergen habt«, antwortete die Stimme im Dunkeln, jetzt etwas selbstsicherer. Kurz darauf wurde die kleine Gruppe Felsen wieder in Licht getaucht und warf ihre langen Schatten weit in die Rote Wüste hinein, wo sie sich in den Mustern der rissigen Erde verloren. Ein Zwerg erklomm die Gesteinsgruppe, eine Axt in der linken und einen Schild in der rechten Hand.
    »Ich bin hier, Herr Zwerg«, antwortete der junge Mann. Der Zwerg wirbelte herum und verlor beinahe das Gleichgewicht. Der junge Mann näherte sich dem Feuer aus genau der entgegengesetzten Richtung, in der der Zwerg seinen nächtlichen Gast vermutete.
    »Mein Name ist Glimdibur, nicht Herr Zwerg «, sagte der Zwerg, um über seine Unzulänglichkeit hinwegzutäuschen. Der fremde Besucher trat in den Schein des abgedeckten Lagerfeuers. Die jugendliche Stimme und die Art, wie er sich bewegte, waren die eines jungen Mannes, aber sein Gesicht und die Haut auf seinen Händen waren die eines Greises. Seine langen Haare hingen in schmutzigen Strähnen auf seinen Schultern. Er war nur in einen einfachen Wollmantel gehüllt und trug keine Schuhe.
    »Es tut mir leid, Euch erschreckt zu haben, Herr Glimdibur.«
    »Erschreckt, wieso denn? Ich wollte nur sichergehen, dass Ihr allein seid.«
    Der Mann hockte sich zwei Schritt entfernt vor das Feuer und wartete darauf, dass sich Glimdibur zu ihm

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